Also lässt grosse Paneuropäer hinter sich


Artikel erschienen in IT Reseller 1999/05

   

Nichts als strahlende Gesichter an der Bilanz-Pressekonferenz des grössten Schweizer Disti Also. Kein Wunder bei diesen Zahlen: Der Umsatz stieg im 98 um fast 50%, der Reingewinn hat sich glatt verdoppelt. Seit der Übernahme der Aktienmehrheit durch Schindler vor zehn Jahren ist der Also-Umsatz von 75 Mio. auf 1,3 Mrd. Franken gestiegen. 1,007 Mrd. davon entfielen 1998 auf das Disti-Geschäft der Also ABC Trading, das damit um 46% zulegte. In der Schweiz allein liegt der Zuwachs in der Distribution bei 35%. Weissmann: «Damit sind wir trotz des Markteintritts weiterer Wettbewerber jetzt mehr als doppelt so gross wie die nächsten Konkurrenten.»

Zentrale Bedeutung hat die Rendite, wie der Also-Chef immer wieder unterstreicht. Und hier glänzt die Also-Distribution mit einer Betriebsmarge (Betriebsgewinn/Nettoerlös) von 2,0%, das zweite Standbein Comsyt mit 3,8%. Das ehrgeizige Ziel für die Zukunft: Jährlicher Gewinnzuwachs von 20-25%, bei einer Eigenkapitalrendite in gleicher Höhe. Das ist laut den Also-Managern «ambitiös, aber realistisch».

Das Rezept für schmucke Margen: Selbstbeschränkung und Fokussierung

Erste Voraussetzung für solche Zahlen ist strikte Kostenkontrolle. Weissmann: «Das fängt im kleinen an. Ich brauche z.B. doch keinen reservierten Parkplatz, wenn ich meistens unterwegs bin. Distribution ist ein Rappenspalterbusiness». Vor allem aber ist die Also meisterhaft in der Fokussierung: Im Gegensatz zu CHS Electronics, Computer 2000/Techdata und Ingram Macrotron vertritt der Schweizer Disti nur rund 20 gewichtige Hersteller, mit Compaq, HP, IBM, Microsoft, Siemens und Sun als strategischen Marken (dazu kamen 1998 neu Philips und Toshiba). Weissmann: «Das erst erlaubt uns die Optimierung der Abläufe zu tiefen Kosten und den Aufbau von neuen Logistik-Services.»
Zudem wird auch kundenseitig fokussiert, nämlich auf Retailer, «die sehr grosse Anforderungen an die Logistik stellen», und auf «Corporate Reseller». Bei beiden ist die Also laut Weissmann in der Schweiz die «klare Nummer 1». Von Komponenten hingegen will er auch in Zukunft die Finger lassen, und Assemblierer finden sich praktisch keine unter den Also-Kunden.
Die gleichen Rezepte gelten für die Also Deutschland in Straubing. Sie steigerte 1998 den Umsatz um 78% auf über 350 Millionen Mark und lieferte im dritten vollen Geschäftsjahr bereits «einen erfreulichen Beitrag zum Konzernergebnis». Weissmann: «In Deutschland liegen wir schon auf Rang 2 bei IBM und auf Rang 3 bei Compaq.»

Über den Hag grasen...

Der klaren Positionierung als Logistik-Dienstleister ist es dem Also-Chef zufolge zu verdanken, dass 1998 verschiedene Projekte im Bereich «Retail Fullfillment» gewonnen wurden. Dabei geht es um die effiziente Feinverteilung grosser Produktmengen in Filialnetze. Ein weiterer Beleg für die IT-Stärke der Krienser ist das «VIS» (Verkaufs-Informations-System), mit dem Also-Kunden nicht nur Bestellungen per Internet aufgeben können, sondern auch Lieferstatus und spezifische Preise abfragen können. Diese Stärken will Also vermehrt auch ausserhalb der angestammten Branche verkaufen. Ein Beispiel ist die Belieferung der Diax-Verkaufspunkte mit Motorola-Mobiltelefonen. Weissmann: «Entscheidend ist hier die Fähigkeit, flexibel auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen.» In der Schweiz werde man mit solchen Deals sicher noch mehr «über den Hag grasen» als bisher.

Wachstumspläne

Punkto Zukunft gibt sich Thomas Weissmann selbstbewusst: «Im Distributionsgeschäft Schweiz werden sich die erhöhte Investitionstätigkeit wie auch das wachsende Interesse an Logistik-Outsourcing positiv auswirken, und in Deutschland erwarten wir aufgrund der hohen Akzeptanz weitere Marktanteilgewinne.»
Eine Übernahme durch einen grossen globalen Disti ist denn auch gar kein Thema in Kriens, vielmehr will die Also «in nächster Zeit auch in anderen Ländern im Distributionsgeschäft aktiv werden», so Weissmann. Details werden nicht genannt, aber der Also-Chef lässt durchblicken, dass dafür nur grössere Märkte in Frage kommen.
Das Schweizer Geschäft dürfte allerdings auch in Zukunft eine Sonderrolle spielen, nicht nur wegen der vom hiesigen Markt «geduldeten» Doppelrolle als Disti und Endverkäufer: Zum einen schützt der europäische Sonderstatus der Schweiz – etwa im Verkehrsbereich – die Schindler-Tochter zu einem gewissen Grad vor der Macht der globalen Distis. Zum anderen nutzen hierzulande manche Hersteller wie z.B. Hewlett-Packard die Distributoren stärker als in anderen Ländern.
Und auch die Analysten sehen weiterhin gute Chancen für kleinere nationale Distis, den drei Globalen zu widerstehen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie sich entweder von den Produkten oder den Dienstleistungen her spezialisieren und so der Margenfalle entgehen. Die Also ist allem Anschein nach einer der wenigen, die das wirklich geschafft haben. (hc/mvb)

Also: «1999 wird ein gutes Jahr»

Während andere Beobachter der IT-Branche mittlerweile ein schwieriges 1999 vorhersagen, blickt Also-Chef Thomas Weissmann ausgesprochen optimistisch in die Zukunft. Die meisten Unternehmen hätten IT-Projekte aufgrund der Y2K Probleme zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Zudem sei der PC-Markt noch lange nicht gesättigt: In der Schweiz gebe es heute zwar 0,4 PC pro Kopf wie in den USA, aber das Verhältnis werde bald in den Bereich der Fernsehgeräte rücken (USA: 1 TV pro Kopf). Und nicht einmal dann sei Schluss, denn immer mehr User werden verschiedene Geräte – Büro/Home-Desktops, Laptop, Palm-PC – für verschiedene Zwecke brauchen. Weissmann: «Ich bin auch kein Techno-Fan, dennoch arbeite ich heute auf 3 Desktops, einem Laptop und einem Organizer.»

Thomas Weissmann zu

E-Reseller: «Ein interessanter neuer Vertriebskanal, aber eigentlich nichts anderes als Kataloggeschäft. Das Verkaufselement wird zum Teil zum E-Reseller übergehen, aber auch der braucht Logistik.»
Paneuropäische Distis: «Entscheidend ist der richtige Fokus und das Verständnis für den Kundennutzen. Dadurch erzielen wir bessere Margen.»
Channel-Assembly: «Echtes Outsourcing wird weiterhin wachsen, dazu gehört auch das Assemblieren. Beim Channel-Assembly sind wir allerdings weiterhin sehr zurückhaltend.»


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