Jannis Widmer - der Ergonomische

Jannis Widmer ist gerade mal 30 Jahre alt und schon feiert seine Firma das 10-Jahr-Jubiläum. Das Unternehmen Dreamcom entwickelt Notebooks und verkauft sie im deutschsprachigen Raum. Wie Apple im Consumer-Markt, will Dreamcom im Business-Umfeld mit intelligentem Design überzeugen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/08

     

Die Preise für PCs fallen ins Bodenlose und in jedem Jahr haben insbesondere Assemblierer und kleinere Hersteller mit sinkenden Stückzahlen zu kämpfen. Angesichts dieser Tatsache muss jemand schon ein wenig verrückt sein, mit seiner kleinen Firma eigene Notebooks zu entwickeln und herzustellen. Jannis Widmer macht es trotzdem. Die Firma Dreamcom mit Sitz in Chur stellt ergonomische Notebooks her und vertreibt sie erfolgreich in Deutschland und der Schweiz. Sein erstes Unternehmen gründete er im Alter von gerade mal 17 Jahren, «weil ich mich während meiner Lehre gelangweilt habe», so Widmer. Zu Beginn betätigte er sich lediglich als Händler, kaufte Computer und Peripheriegeräte bei der Distribution ein und verkaufte sie weiter. Als er die Einzelfirma gründete, musste seine Mutter ihn auf das Handelsregisteramt begleiten, um ihm die Erlaubnis zu erteilen.
Gleich nach seiner Ausbildung zum Kaufmann, die er in einer Papierfabrik in Landquart absolvierte, hegte Widmer Expansionspläne: Er wollte sich vom Händler zum Distributoren wandeln und gründete darum im Dezember des Jahres 1999 Dreamcom als Aktiengesellschaft, wobei er das Geld, das er selber nicht aufbringen konnte, von seiner Familie und Freunden erhielt. Sein Plan bestand darin, die Distribution für PCs und Server für den Hersteller NEC in der Schweiz zu übernehmen. «Die waren hier damals noch nicht vertreten», erinnert sich Widmer. Allerdings brauchte es einiges an Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft um das zuständige NEC-Management in Paris für die Idee zu gewinnen. «Dabei hatte NEC überhaupt kein Risiko zu tragen», sagt Widmer.

Via Assemblierer zum Entwickler

Schliesslich fand er Gehör, und seine Firma fungierte während vier Jahren als Importeur für den japanischen Hersteller. Dreamcom nahm seine Geschäftstätigkeit erfolgreich auf. Im ersten Jahr beschäftigte das Unternehmen einen Angestellten, und schnell wuchs deren Zahl auf fünf an. Doch so richtig glücklich war Widmer damit nicht. «Die Schweiz war für NEC einfach zu unwichtig», erinnert er sich. Die Verantwortlichen verstanden die speziellen Bedürfnisse des kleinen und obendrein dreisprachigen Marktes kaum. Oft kam es zu Lieferproblemen und Geld für Marketingaktivitäten gab es nicht. 2004 eröffnete sich Widmer eine Chance, auf die er gewartet hatte: Über Kontakte bei Packard Bell wurde der Auftrag eines deutschen Retailers an Widmer herangetragen, 4000 Notebooks zu assemblieren. Widmer nahm den Auftrag an, stellte die Tätigkeit für NEC ein und baute unter dem Label Dreamcom die gewünschten Notebooks. Während zwei Jahren assemblierte Widmers Firma nun Notebooks und hatte damit Erfolg. Nur: Zufrieden war der Jungunternehmer noch immer nicht. «Das Assemblieren machte uns keinen Spass. Man kann sich damit einfach nicht von der Konkurrenz abheben», sagt Widmer. Genau das störte ihn: «Diese Branche ist überhaupt nicht innovativ. Alle stellen dieselben Produkte her.»


Darum entschied sich Widmer Ende 2006 mit der Entwicklung eigener Notebooks zu beginnen. Ideen gab es viele. Schliesslich entschied man sich für ergonomische Rechner, bei denen das Display höhenverstellbar ist, damit, wie bei einem Desktop-Computer, aufrecht sitzend gearbeitet werden kann. «Heute achten viele Firmen auf die Gesundheit ihrer Angestellten und langes Arbeiten an herkömmlichen Notebooks schadet nachweislich dem Rücken und ist obendrein laut der Arbeitsplatzverordnung der EU verboten», erklärt Widmer. An der Entwicklung der ersten Serie «Dreamcom 10» waren die amerikanische Firma Frog Design und der OEM-Hersteller Wistron beteiligt. Rund 50 Ingenieure arbeiteten während 18 Monaten am Prototypen, dessen mechanische Komponenten sich Dreamcom patentieren liess.

Mit Innovation trumpfen

Zunächst liess Dreamcom eine kleine Zahl Geräte herstellen, mit denen der deutsche Business-Markt beackert wurde. Schnell gewann Widmer Firmen wie Bechtle, Techdata oder Computacenter als Partner. Die Kundensuche sei nicht schwergefallen, sagt Widmer. Die Innovation schnell erkannt und dank dem Preiszerfall bei den Komponenten kann Dreamcom preislich mit den grossen Herstellern beinahe mithalten. Diese würden mit ihren hohen Fixkosten viel stärker leiden, als ein kleiner Anbieter wie Dreamcom. «Sie verkaufen nur über den Preis und machen sich so gegenseitig fertig», ist Widmer überzeugt. «Wir heben uns durch innovative Produkte vom Gesamtmarkt ab.»
Wer sich so vom Grau der Masse unterscheiden will, muss stets am Ball bleiben. Noch sieht Widmer viel Verbesserungspotential. Die Mechanik, mit der sich der Bildschirm verstellen lässt, muss noch geschmeidiger werden, das Gerät flacher und leichter und die Laufzeit der Akkus länger. Auch neue Ideen habe man auf Lager. «Natürlich kann ich noch nicht darüber sprechen», so Widmer.


Lieber spricht er über seine Expansionspläne. In diesem Jahr soll der Aufbau des deutschen Marktes vorangetrieben und der Vertrieb in der Schweiz forciert werden, wozu Widmer noch Händler und Distributoren sucht. «Danach wollen wir Frankreich, Italien und Grossbritannien erreichen.» Um die Qualität des Services zu gewährleisten, eröffnet Dreamcom in allen Ländern eine eigene Service-Organisation und verfügt zudem über eine Tochterfirma in Taiwan um den Kontakt zu den Lieferanten aufrechtzuerhalten. Längerfristig will Widmer gar eine eigene Entwicklungsabteilung in Europa aufbauen, ganz nach dem Vorbild von Apple. «Dreamcom hat sich einen hervorragenden Ruf erarbeitet in Europa.» Um diesen zu fes­tigen möchte er alle wichtigen Arbeiten unter dem eigenen Dach vereinen.

Jannis Widmer

Jannis Widmer ist gerade mal 30 Jahre alt und doch schon seit 11 Jahren selbständig, seit 10 Jahren mit der ­Firma Dreamcom, die eigene Notebooks entwirft und herstellen lässt. Dem stetigen Aufbau des Unternehmens ist es geschuldet, dass der ­Bünder fast keine Freizeit hat. «Arbeit und Freizeit fliessen ineinander», sagt er. Auf seinen vielen Reisen in Europa, Taiwan und China, findet er immer mal wieder etwas Zeit, um Land und Leute kennenzulernen. Seiner Leidenschaft, dem Segeln, kann er derzeit allerdings nicht nachkommen. Er hatte den Sport während seiner Schulzeit im Internat kennengelernt. Widmer lebt in Graubünden, wie auch seine Eltern. Sein Vater arbeitet als Arzt. (Markus Gross)


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