Kleine Geschäfte mit kleinen Banken

Schweizer Kleinbanken sind kleine Fische für IT-Händler und Dienstleister. Hardware wird bei einem lokalen Händler beschafft, der zugleich Bankkunde ist, und die Wartung von PC und Druckern besorgt man meistens selber.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/19

     

Im Schweizer Bankwesen gibt es nicht nur Giganten wie UBS und Credit Suisse: Mehrere hundert, weit weniger bekannte Bankinstitute – von der kleinen Kantonalbank über die Sparkasse bis zur verschwiegenen Privatbank – geschäften in unserem Land. Sie alle sind Nachfrager von Produkten und Dienstleistungen der IT-Branche.
IT Reseller wollte es genauer wissen: Wie beschaffen die Schweizer Kleinbanken ihre Hardware? Wer liefert, installiert und wartet Arbeitsplatzrechner, Server und Drucker? Welche Schweizer IT-Dienstleister machen mit den kleinen Banken den grossen Reibach?

Fragmentierter Markt

«In der Hardware-Beschaffung bei Schweizer Kleinbanken gibt es keine erkennbare Struktur mehr», sagt etwa Rolf Weber, Geschäftsführer von Darest&Sunset Informatik Schweiz. Ins selbe Horn stösst RedIT-Boss Andreas Kleeb: «Die Hardware-Beschaffung spielt bei den Kleinbanken keine grosse Rolle mehr. Hardware ist nicht mehr der strategische Teil, der in den Projekten die Komplexität ausmacht. Deshalb ist der Beschaffungs- und Services-Markt im Hardware-Bereich auch äusserst fragmentiert, wenn man die Schweizer Finanzbranche betrachtet», sagt Kleeb weiter.
Gestützt wird die Aussage der beiden Branchenprofis auch von der Antwort der Medienstelle der RBA-Holding in Bern auf die Anfrage von IT Reseller: «Zu dieser Gruppe von Kleinbanken gehören mehrere Dutzend verschiedene Banken, die sehr unterschiedlich gestaltet sind, was sich auch und gerade bei der Informatik widerspiegelt», teilt Sprecherin Barbara Odermatt mit. Mehr wollte die RBA-Holding zum Thema nicht sagen, was einigen Interpretationsspielraum offen lässt. Diese Aussage kann man auch so verstehen: Jede RBA-Bank wurstelt in Sachen Hardware ohne Koordination vor sich hin.

Kleine machen vieles selber

IT Reseller wollte es genauer wissen und hat die Obwaldner Kantonalbank angefragt – eine typische Schweizer Kleinbank, die derzeit noch zum Verbund der AGI-Banken gehört. «Die Beschaffung von Hardware erfolgt durch unsere Bank selber», sagt Béatrice Sidler, Leiterin Projektmanagement und Kommunikation. Früher habe man gemeinsam mit anderen Banken zentral bei Firmen eingekauft, die man nicht kannte: «Heute wollen wir nach Möglichkeit auch lokale Händler berücksichtigen. In Einzelfällen, etwa bei grösseren Bestellungen, kann es vorkommen, dass wir – wo möglich – direkt mit dem Hersteller verhandeln, aber danach durch einen lokalen Händler liefern und teilweise auch installieren lassen», so Sidler. In vereinzelten Fällen nutze man das Angebot von Swisscom IT Services, dem externen Dienstleister der AGI-Banken, im Bereich des Desktop-Managements: «Das Meiste wird jedoch durch unsere interne IT-Abteilung gemacht», sagt Sidler.

Was zählt, sind Kundenbeziehungen

Diese Aussagen kann Weber von Darest&Sunset nur bestätigen: «Es gibt in der Tat keinen Dienstleister mehr, der in diesem Bereich spezialisiert ist», sagt er zu IT Reseller, «wenn es um die Hardware geht, stellen die Kleinbanken vor allem auf ein Kriterium ab – den Preis.» Vielfach kommt dabei, wie auch Kleeb von RedIT bestätigt, ein kleiner Händler zum Zug: «Meistens geht es um Kundenbeziehungen. Darum bestellt eine Kleinbank oft und gern bei einem lokalen Händler, der natürlich auch Bankkunde ist.» Weber stellt aber gleichzeitig fest, dass die Hersteller- oder Händlertreue der Banken abgenommen hat: «Bei Banken, auch bei grossen, kann es vorkommen, dass sie innerhalb von vier Jahren vier Wechsel bei Händlern oder Herstellern gehabt haben. In diesem Markt ist einfach keine Stabilität und fast keine Fairness mehr drin.» Die einzige Ausnahme bildet nach den Worten von Weber das Geschäft mit Serversystemen: «Hier gibt es mehrheitlich noch eine Strategie hinter den Beschaffungen und man bleibt immerhin Herstellern eine Zeitlang treu.»

Raiffeisenbanken mit eigener IT-Tochter

Auf mehr Konstanz und auch strengere Beschaffungsrichtlinien setzen die Raiffeisenbanken. Der Grund dafür liegt darin, dass sie über eine IT-Tochter verfügen: «Die Raiffeisenbanken sind angehalten, ihre Hardware von der Raiffeisen Informatik zu beziehen», präzisiert Patrik Gisel (Bild), Mitglied der Geschäftsleitung der Raiffeisen-Gruppe in St. Gallen. Für die Abwicklung des Hardware-Geschäfts gebe es zudem festgelegte interne Abläufe. So würde ein zentrales Beschaffungsmanagement verfolgt, welches sicherstelle, dass eine Standardisierung der in den verschiedenen Banken eingesetzten IT-Mittel erfolgen könne. «Die Raiffeisen Informatik wickelt auch alle Incidents und Services wie Installationen selber ab. Als externe Dienstleister sind ausschliesslich die Firmen Premier Partner und MTF St. Gallen offizielle Partner der Raiffeisen Informatik», so Gisel weiter. Auch beim Unterhalt der Office-Infrastrukturen legt die IT-Tochter selber Hand an: «Das Desktop- und Printermanagement wird zentral durch die Raiffeisen Informatik durchgeführt, wobei Partner nur für die von ihnen vertriebenen Nischenprodukte zuständig sind oder den 3rd-Level-Support anbieten», so Gisel weiter.
So unterschiedlich die Beschaffungsprozesse auch sind und der Markt fragmentiert ist - das IT-Geschäft mit Kleinbanken hat Substanz. Denn auch diese Geldinstitute müssen technologisch im Schuss bleiben. (bor)


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