United Linux

Bis Ende des Jahres wollen die vier Linux-Anbieter Suse, Caldera, TurboLinux und Connectiva ein «United Linux» auf den Markt bringen. Bereits wird Kritik laut.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/12

     

Jede der vier Distributionen soll ab Ende Jahr eine gemeinsame CD mit demselben Kernel, identischen Libraries und einer gemeinsamen Installationsroutine enthalten. Als Code-Basis für das Projekt dient der Suse-Linux-Enterprise-Server. Unterstützt werden IA32- und
IA64-Systeme mit CPUs von Intel oder AMD.
Das Basissystem bildet den Grundstock für die jeweiligen Business-Suites der beteiligten Distributoren, welche die Systemdisk mit eigenen Zutaten ergänzen und das Ganze unter dem eigenen Namen als «Powered-by-United-Linux»-Distribution unter die Leute bringen wollen.
Vorerst wird es eine Servervariante samt Applikationen wie Apache/Tomcat, Squid, PHP, Samba und Open LDAP geben.
Anders als bisher will man etwa alle zwölf Monate einen Major Release veröffentlichen, und damit die Release-Folgen den Erfordernissen der Business-Kunden anpassen. Bereits geplant sind United Linux 1.0 für das vierte Quartal 2002 und Version 2.0 ein Jahr später. Zwischen den Hauptversionen sollen schnell implementierbare Update-Pakete die Systeme aktuell halten.

Lob und Tadel

Das Konsortium argumentiert, das neue System beuge einer Fragmentierung von Linux vor und schaffe damit Investitionssicherheit. Allerdings bleiben auch mit United Linux verschiedene Distributionsvarianten erhalten. Und neben dem Community-Mainstream entsteht eine nebenläufige Business-Variante von Linux. Zudem vermarkten die beteiligten Hersteller neben dem United-Linux-basierten Server auch ihr jeweils eigenes Desktop-Linux.
Hier setzt die Kritik der Community ein. Statt der angestrebten Vereinheitlichung fürchten manche eine Spaltung des Opensource-Linux. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tatsache, dass mit dem Installationswerkzeug von Suse eine nicht unter die Gnu-Bestimmungen fallende Software verwendet werde.
Aus der Industrie bekamen die Allianzmitglieder dagegen vorwiegend Applaus. Hewlett-Packard etwa erkläre United Linux zum wichtigen Meilenstein. NEC, Fujitsu-Siemens, AMD, Intel, Borland und SAP liessen ähnliche Töne hören. Zu den Befürwortern gehört zudem IBM, obwohl Big Blue auch Red Hat weiterhin unterstützen will.

Red Hat wehrt sich

Ob Red Hat in der Allianz – die als offen für alle erklärt wurde – mitmachen wird, ist höchst zweifelhaft. Bereits hat der weltweit grösse Distributor zusammen mit Oracle und Dell gemeinsame Linux-Lösungen für Unternehmen angekündigt. In dieser Zusammenarbeit will jeder der drei seine spezifischen Produkte und Fähigkeiten für Unternehmenslösungen einbringen, die auf standardisierten Hardware-Infrastrukturen und offenen Betriebssystemen basieren.
Oracle kündigte darüberhinaus eine bessere Unterstützung durch Partner für die Oracle9i-Datenbank auf Linux an und eine Erweiterung des Linux-Supports für die Oracle9i-Produktlinie.
Damit erwischt Oracle eine Schwachstelle von United Linux. Die vier Distributoren, die zusammen die USA, EMEA und den asiatischen Raum abdecken, hätten durchaus die Potenz, die schon lange geforderte Business-Linux-Variante voranzutreiben. Doch Unternehmen, die sich auf ein Linux-System einlassen, benötigen geschultes Personal.
Die bisher vorgelegten United-Linux-Papiere führen Training und Zertifikation in der Rubrik «Competition» auf, überlassen die Schulung also offensichtlich jedem Beteiligten. Eine gemeinsame Zertifizierung für UL-Fachleute könnte die Akzeptanz von United Linux vermutlich deutlich erhöhen. (fis)


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