Dilemma zwischen Masse und Klasse

Mit Connectivity lässt sich kaum Geld verdienen. Deshalb sind die Internet Service Provider seit langem auf der Suche nach neuen Pfründen. Mit den Outsourcing-Dienstleistungen bieten sich ihnen Chancen ­– aber auch Risiken.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/13

     

Die Schweizer Internet Service Provider sind wahrlich nicht zu beneiden: Sie prügeln sich um Kunden, hauchdünne Margen und müssen jederzeit damit rechnen, von der Konsolidierungswelle erfasst und weggespült zu werden. Ihr angestammtes Geschäftsfeld, die Connectivity, ist ein klassisches Volumengeschäft. Sie versuchen ihre Kosten auf möglichst viele Kunden zu verteilen, diesen standardisierte Dienstleistungen anzubieten, um so auch bei kleinsten Margen im einstelligen Prozentbereich noch gut über die Runden zu kommen.
Der Markt ist zudem begrenzt, das Wachstum hat sich verlangsamt, und deshalb findet bereits seit Jahren ein knallharter Verdrängungskampf statt. «Für ISPs ist es essentiell, ihre meist dünnmargigen und hart­umkämpften Connectivity-Dienstleistungen anzureichern», analysiert Michael Siber, ­Managing Director VTX Network ­Solutions. Und Guido Honegger, Geschäftsführer von Green.ch, sagt: «Für die ISPs wird es immer härter, sich dagegen zu wehren, zwischen den Grossen zerrieben zu werden.»
Mit unterschiedlichen Rezepten versuchen die ISPs diesen Herausforderungen zu trotzen. Die einen spezialisieren sich und vertiefen ihr Know-how in einem Bereich. Die anderen versuchen, mit einem breiteren Angebot ihre Ausgangslage zu verbessern. Auch Outsourcing ist ein Thema.

Dem Kunden angepasst

Die Firma MIT Provider versucht, sich auf die Kundenbedürfnisse einzustellen. «Wir verstehen uns als IT-Generalunternehmen. Es gibt viele KMU-Kunden, die alles aus einer Hand beziehen wollen», erklärt Peter Meyer, Gründer und Geschäftsführer von MIT Provider , einem Unternehmen der MIT-Group. Das Unternehmen macht rund 60 Prozent seines Umsatzes mit Outsourcing, den Rest mit Connectivity. Der Umsatz mit Outsourcing ist über die letzten zwei Jahre zweistellig gewachsen.
Ein anderes Beispiel ist der Innerschweizer Internet Service Provider TIC, dessen Umsatz sich zu je einem Drittel aus Connectivity, Systemintegration und Services zusammensetzt. CEO Franz Grüter erfreut sich zunehmender Nachfrage: «Die Bandbreite ist so günstig geworden, dass es sich für die Kunden lohnt, ihre IT zu konsolidieren. Deshalb werden Outsourcing-Dienstleistungen in Rechenzentren zur Zeit stark nachgefragt.»
Ähnlich tönt es bei Cybernet: «Aufgrund der hohen und günstigen Bandbreiten ist es für die Kunden sehr interessant geworden, Dienstleistungen über das Netz zur Verfügung zu stellen», sagt Geschäftsführer René Waser. Bei der Nachfrage nach Datacenter-Dienstleistungen habe man im ersten Halbjahr in etwa eine Zunahme um ein Drittel feststellen können, so Waser weiter.

Weniger Managed Security Services

In der Vergangenheit galten die sogenannten Managed Security Services für die ISPs als Hoffnungsträger. Um bei den Kunden Angebote wie Managed Firewalls oder Antivirenschutz plazieren zu können, schlugen sie sich beinahe die Köpfe ein. Jetzt scheint aber der Markt sich hier allmählich zu sättigen, von Wachstumsphantasien ist im Gespräch mit den ISPs nichts mehr zu spüren.
Der Trend geht nun in Richtung Application Management – der Kunde lagert seine Anwendungen mit oder ohne eigene Hardware an den ISP aus, und dieser überwacht den Betrieb der Anwendungen. Wie stark applikationsbezogen die Überwachung erfolgt, unterscheidet sich. Bei ISPs beschränkt sich das Monitoring oft auf Hardwarefunktionen. Die Überwachung einzelner Applikationsprozesse ist nicht die Domäne der ISPs, sondern der Outsourcer wie Swisscom IT Services oder T-Systems.
Angeboten werden von den ISPs, die über ein eigenes Rechenzentrum verfügen, gestaffelte Dienstleistungen. Sie reichen vom Hosting, bei dem man sich Speicherplatz auf einem Server mietet, über die Miete eines gesamten Servers, bis hin zur Miete von Stellfläche oder eines Racks im Rechenzentrum (Housing, Collocation). René Waser von Cybernet stellt zudem einen Trend zu regionalen Rechenzentren fest. Der Kunde will auslagern, legt aber Wert darauf, dass das RZ in der Nähe seines Firmensitzes liegt.

Hoffnungsträger Hosted Exchange

Vielversprechend ist für die ISPs Hosted Exchange. Solche Angebote schiessen denn auch wie Pilze aus dem Boden. Die E-Mail-Infrastruktur für KMU zu betreiben, ist den ISPs geradezu auf den Leib geschnitten: die Prozesse lassen sich standardisieren, das Ganze ist skalierbar, und gerade KMU sind mit der Technik und dem Lizenzmanagement schnell überfordert.
Trotzdem ist die Nachfrage noch bescheiden. Im Gespräch mit den ISPs stellt sich heraus, dass es zwar eine kontinuierliche Nachfrage gibt. Ein eigentlicher Schub, der hilft, die erklecklichen Investitionen zu refinanzieren, wird aber erst im nächsten Jahr erwartet.
Hosted Exchange wird nur der Anfang sein. «Der Trend geht klar in Richtung Individualisierung und Erfüllen von sehr kundenspezifischen Wünschen», sagt Guido Honegger von Green.ch. Zudem optimieren die Softwarehersteller mehr und mehr Applikationen für den Outsourcing-Betrieb. Peter Meyer von MIT Provider macht mit vertikalen Fachapplikationen bei der Hotellerie, Forstwirtschaft und auch im Human-Resources-Bereich noch weiteres Potential für Outsourcing aus. Auslagerung der Telefonie an einen Outsourcer ist ebenfalls im Aufwind.
Diese Entwicklungen im Markt haben letztlich auch Konsequenzen für die Reseller der Internet Service Provider: Die Partner der ISPs müssen ihre Kompetenzen bei den Dienstleistungen, Schulung, Unterstützung bei der Einführung neuer Software und Support aufbauen.


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