Die Zeit erspüren

Die Geschichte Daniel Aegerters gehört zu den raren Erfolgsstories im Schweizer E-Business. Aegerter plauderte an der SIMA-Tagung aus dem Nähkästchen eines erfolgreichen E-Business-Pioniers.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/19

     

Ein Startup sollte sich auf eine einzige Sache konzentrieren, um Erfolg zu haben. Entscheidend ist, früh ein gutes Verkaufsteam aufzubauen und zu spüren, wann die Zeit reif ist und die Leute bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen.
Dies sagte Daniel Aegerter, Gründer und Vorsitzender der in der Schweiz und den USA ansässigen Armada Venture Group, am letzten «Late Afternoon-Talk» der SIMA (Swiss Interactive Media Association). «Die Risiken von Startups liegen an vier Punkten», führte er aus, «erstens muss die Chemie im Team stimmen.
Zweitens muss die Technologie funktionieren. Da sie dies zu Beginn nie tut, ist es entscheidend, Kunden zu finden, die das akzeptieren und zur Verbesserungen beitragen können. Weiter braucht es natürlich Geld, um das Wachstum zu finanzieren. Der schwierigste Faktor jedoch, der sich kaum beeinflussen lässt, ist die Marktentwicklung. Hier ist oft mehr Geduld gefragt, als die meisten aufbringen.»
Und da das Geld heute nicht mehr einfach auf der Strasse liegt, plädiert Aegerter in dieser Phase für Bescheidenheit und das Bemühen, mit weniger Geld mehr zu erreichen. Möglichen Investoren rät er zu bedenken, dass Mainstream nicht anhält. Technologie, die vorbei ist, kommt nicht wieder: «Wenn alle sagen, jetzt ist eine Firma perfekt, ist es Zeit zu verkaufen.»

Disti wird Risiko-Kapitalist

Aegerter weiss wovon er spricht. Alte IT-Hasen erinnern sich an den heute 32-jährigen noch als blutjungen Gründer und Chef des Schweizer Distributors Dynabit. Anfang der Neunzigerjahre ging er in die USA, um sein Unternehmen dort besser zu verankern. Dabei erkannte er früh das Potential, das in B2B-Marktplätzen steckt. Er gründete die Firma Tradex und entwickelte die entsprechende Software. Im Frühjahr 2001 verkaufte er Tradex kurz vor dem beabsichtigten IPO in einem Rekord-Deal von 5,6 Mrd. Dollar an Ariba.
Heute, nach dem Ende des Booms, ist Aegerter, wie er lächelnd erklärt, nur noch Ex-Milliardär. Aber es reicht immer noch, um zusammen mit seinen Partnern bei Armada Ventures jungen Unternehmen Risiko-Kapital zur Verfügung zu stellen und seine Erfahrungen einzubringen.
Armada Ventures will sich in drei Punkten von andern Risikokapitalisten unterscheiden: «Wir konzentrieren uns auf Gebiete, wo wir selber Erfahrungen haben. Alle Armada Partner waren am Aufbau von IT-Unternehmen beteiligt. Und wir sind unabhängig, da wir eigenes Geld in unserem Unternehmen haben.»

Gewinnträchtig und aufregend

Die Förderung interessanter Startups ist auch nach dem Ende des Boom noch spannend und ein Geschäft. Davon ist Aegerter überzeugt. Mit dem, was gemeinhin New Economy genannt wird, hätten sich die Investitionszyklen verändert. Nach einer Anfangsphase und dem Ausbau der Firma folgt eine eigentliche «Tornadophase», in der noch jeder aufspringen will, bevor der Übergang in den Mainstream erfolgt.
Früher folgte die Börse, abgesehen von den normalen Überreaktionen nach oben und unten, mehr oder weniger konstant der Entwicklung eines Unternehmens. Während der grossen Zeit der Dotcoms war das anders. Die Hoffnung, die mit neuen Technologien verbunden war, führte zu überhöhten Erwartungen während der Entwicklungsphase und einem Rückgang der Bewertung an der Börse, während der innere Wert des Unternehmens immer noch wuchs. In der Folge kam es dann oft nochmals zu einer Erholung, obwohl der Höhepunkt bereits überschritten war.
Dass die Dotcom-Blase schliesslich platzte, meint Aegerter, dürfte der Gier aller Beteiligten zuzuschreiben sein: Die Unternehmen bekamen zu früh zu viel Geld in die Hand, die Berater drängten zu einem zu raschen IPO, die Presse jubelte zu viel und die Investoren erwarteten einen zu schnellen Gewinn, ohne die Unternehmen, auf die sie setzten, zu kennen.
In der Startphase eines Unternehmens geht es vor allem darum, Referenzkunden zu gewinnen. In der Folge müssen Marktanteile gewonnen werden, auch wenn es auf Kosten des Gewinns geht. Erst in der Zeit der Reife ist die Kundenzufriedenheit das wichtigste Erfolgskriterium. Aegerter weist dabei auf das Beispiel Microsoft hin. Entscheidend ist, meint er, dass man sich jederzeit klar ist, in welcher Entwicklungsphase man sich befindet. (fis)



Daniel Aegerters Erfahrungen:


Bleib am Boden!

«1996 standen wir mit Tradex vor der Wahl, einen Marktplatz zu betreiben, oder uns als Software-Entwickler zu etablieren. Wir entschieden uns für das letztere, weil das einfacher war. Da wir unserer Zeit voraus waren, konzentrierten wir uns vorerst auf Procurement-Software. Aber als die Marktplätze dann kamen, waren wir da und konnten den Verkauf an Ariba
realisieren.»

Nimm jede Möglichkeit wahr, Geld zu verdienen!

«Ein gutes Verkaufs- und Marketingteam ist entscheidend. Produkte, die man nicht kennt, bringen kein Geld. Wir selber konnten uns nie leisten, Millionen zu verlochen. Wir mussten von Anfang an Geld verdienen und jeden Dollar zweimal umdrehen. Dabei lernten wir,
mit wenig Geld mehr zu machen.»

Team- Team – Team!

«Ein gutes Team kann gar nicht überschätzt werden. Die Rollen mögen mit der Entwicklung der Firma wechseln, aber die Chemie muss stimmen. Gründer sind meist die gradlinigeren
und hartnäckigeren Unternehmer, als später dazustossende Eiertänzer.»

Konzentrier dich auf eine Sache!


«Verfolge deine Vision. Mehr kann niemand auf einmal machen.»


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