Die CHS-Oberen, Claudio Osorio und der Finanzchef Craig Toll sind in den USA unter Druck geraten. Nicht weiter erstaunlich angesichts der Tatsache, dass CHS die Gewinne 1998 nachträglich nach unten korrigieren musste, weil in der europäischen Zentrale Händler-Boni an Endkunden nicht richtig abgerechnet wurden. Die Aktienkurse der CHS-Gruppe befinden sich seit der Mitteilung des Distributionskonglomerates, in dem das Debakel offen gelegt wurde, im freien Fall. War eine CHS-Aktie am 8.3. noch fast 10 Dollar wert, so bewegte sie sich gegen Ende Monat zwischen 3 und 4 Dollar. In der Branche jagen sich seitdem die Gerüchte. So wird von Analysten spekuliert, CHS könnte nächstens aufgrund des tiefen Aktienkurses und der hohen Verschuldung übernommen werden. Als mögliche Käufer werden weniger Konkurrenten wie
Tech Data oder
Ingram Micro genannt, sondern eher branchennahe Konzerne wie Arrow und
Avnet (grosse Komponenten- und Industriedistis) oder gar Logistiker wie DHL oder TNT.
CHS hat reagiert. Einerseits kam es im Top-Management von CHS Europa zu einigen Umbesetzungen und andererseits versprach Osario ein rabiates Kostensenkungsprogramm. Operative Kosten sollen konzernweit um 50 Millionen Dollar gesenkt und der Cash Flow um 50 Millionen Dollar erhöht werden. 25 bis 30 lokale Lager sollen geschlossen werden, die Belegschaft wird um 10% reduziert, sämtliche unrentablen Filialen will man innerhalb von sechs Monaten schliessen oder verkaufen und ein allgemeines Kostensenkungsprogramm soll die Rentabilität der Gruppe erhöhen.
Für CHS Schweiz sollen sich die Folgen der Probleme in Grenzen halten. Ja, der CHS-Geschäftsleiter Max Tschabuschnig kann dem Schlamassel sogar noch positive Seiten abgewinnen. Tschabuschnig: «Die Entwicklung hat auch etwas positives, denn es tut der CHS generell gut, wenn wieder auf den Rappen geschaut wird.» Negative Wirkungen auf die Schweiz schliesst er «zur Zeit» aus: «Wir hatten mit 1996 und 1997 zwei harte erste Jahre hinter uns und waren 1998 erstmals profitabel.» Personalabbau sei in der Schweiz nicht angesagt, «gerade diese Woche habe ich zwei neue Leute eingestellt.»
Auch findet er, eine Reduktion in der Schweiz auf einen einzigen Standort würde keinen Sinn machen, denn CHS habe in der Welschschweiz eine sehr starke Position und habe dort einen Marktanteil von 45%. Tschabuschnig: «Die anderen Distis haben in der Romandie nur Verkaufsbüros, wir haben sämtliche kundenorientierten Abteilungen doppelt. Unsere Strategie ist es, in der Deutschschweiz zu wachsen und den Marktanteil in der Romandie zu behalten. Unter meiner Führung wird es bei der CHS sicher keine Zentralisation an einem Ort geben!» Auch von einer Konzentration der Lager an einem zentralen Standpunkt in Europa hält der CHS-Schweiz Boss nicht viel, solange die Schweiz nicht in der EU sei und darum der Kundendienst darunter leiden würde.
Auch wichtige Lieferanten von CHS lassen sich (noch) nicht ins Bockshorn jagen. Thomas Sieber von
Hewlett-Packard zum Beispiel findet, HP sei in engen Kontakt zur Schweizer CHS-Leitung und die gemeinsamen Geschäfte würden sich momentan bestens entwickeln. Jürg Pletscher, GM Informationstechnologie von
Sony Schweiz ist hingegen «beunruhigt». Sony Schweiz werde die Distributionskanäle sowieso «überprüfen». Das weitere Schicksal von CHS Schweiz bleibt offen, denn die Erfahrung zeigt, dass amerikanische Grosskonzerne bei radikalen Kostensenkungsprogrammen nicht immer auf die lokalen Gegebenheiten Rücksicht nehmen. (hc)