AOL: Bald alles Gratis?

Mit Gratis-PC zum Surf-Abo, Gratis Internet-Zugang und Flat-Rate-Angebot will man Kunden gewinnen.

Artikel erschienen in IT Reseller 1999/13

   

Wie der Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff letzte Woche dem Magazin «Der Spiegel» gegenüber bekanntgab, plant der AOL Online-Dienst «möglicherweise noch in diesem Jahr», PCs zusammen mit AOL-Abonnementen kostenlos abzugeben. Middelhoff vergleicht das Vorhaben mit der Aktion von Bertelsmann, als man vor Jahren Plattenspieler sehr billig abgab, damit die Leute sich Platten leisten konnten. Auch bei den Mobiltelefonanschlüssen ist es bereits vielerorts üblich, das Handy quasi gratis mitzuliefern. AOL will offenbar nun auf ähnliche Weise die Consumer ködern, die noch über keinen Internetanschluss verfügen. Immerhin hat man sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2002 zehn Millionen europäische Haushalte mit AOL zu versorgen.
Zu dieser Bekanntmachung passen ausgezeichnet die Gerüchte, wonach AOL in den USA mit Microworkz, einem Billig-PC-Anbieter Verhandlungen führe. Microworkz hatte auf der PC-Expo einen Internet-PC namens «iToaster» für 199 Dollar vorgestellt, der nur über die nötigsten Komponenten für den Online-Zugang verfügt.

«AOL everywhere»

Obwohl man laut AOL-Sprecher Frank Sarfeld will, dass «die Leute online gehen», werden noch keine Angaben zur Hardware der kostenlosen PCs und zum Zeitpunkt der Markteinführung gemacht. Für langfristige Online-Verträge mit gratis PCs müssen sich die Surfer in Europa also noch etwas gedulden. Aber eins ist klar: Das Konzept «AOL everywhere» wird gefördert, wo es nur geht: Schon bald soll eine AOL-Spezialversion für Kleinstcomputer verfügbar sein. Die Zusammenarbeit von AOL und 3Com für den Palm Pilot hat man bereits bekanntgegeben. Ausserdem möchte man auch den Zugang zum Netz über TVs fördern. Und AOL invesitierte 1.5 Milliarden Dollar in die Satellitenfirma Hughes Electronics, um bis 2003 die Entwicklung eines schnellen Satellitenzugangs zum Web zu realisieren. In Deutschland existiert ein Pilotprojekt der AOL-Mutter Bertelsmann mit dem Netzbetreiber Netcologne für interaktive Dienste via Kabelnetz. Und es wäre durchaus denkbar, dass sich die mächtige Bertelsmann-Holding hierzulande die zum Verkauf stehende Cablecom schnappt, um den Zugang zu den Schweizer Haushalten sicherzustellen.

Und auch noch eine Flate Rate

Middelhoff kündigte ausserdem eine Flat-Rate für die Internet-Nutzung an: «Wir wollen noch dieses Jahr den Minutenzähler abschalten.» Wie «Der Spiegel» berichtete, werde der Pauschaltarif sowohl für den Online-Dienst AOL als auch für Compuserve gelten und unter 20 Mark liegen. Des weiteren denkt man bei AOL auch darüber nach, ein Gratis-Abo einzuführen. Der Dienst, bei welchem die Kunden nur die Telefongebühren zu bezahlen haben, soll von der AOL-Tochter Netscape als ergänzende Marke betrieben werden. «AOL und Compuserve werden nicht kostenlos sein», so AOL-Sprecher Frank Sarfeld.
In der Schweiz sei die AOL-Tochter Compuserve mit dem hochgesteckten Ziel, den Marktanteil von 10 auf 25 Prozent zu steigern, «on track». Erst Anfang Mai lancierte Compuserve seine aufwendige Marketingoffensive und plant nun für den Herbst, mit neuen Preismodellen weitere Kunden zu gewinnen. Möglich, dass Compuserve also bald auch in der Schweiz mit einer Flat Rate seine Ziele verwirklichen will. (mh)


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