Als die PC-Expo im Jacob C. Javits Convention Center in New York am 26. Juli ihre Tore schloss, hatten rund 100’000 Besucher die Messe besucht. Führende IT-Unternehmen hatten neue Produkte und Business-Lösungen gezeigt. Der Schwerpunkt lag jedoch eindeutig bei den neuen, immer kleiner werdenden und in erster Linie für den Gebrauch mit dem Internet bestimmten Geräten.
In seiner Eröffnungsrede hatte der Netscape-Gründer und heutige Cheftechniker von America-Online, Marc Andreesen, in seiner unnachahmlichen Schnellsprechmanier verkündet, das Internet sei heute an einem Punkt, wo es neben Fernsehen und Radio ein drittes Massenmedium darstelle: «Das Fernsehen wird mit dem Internet um jede Minute kämpfen müssen, die der Verbraucher mit dem jeweiligen Medium verbringt.» Nach einer Untersuchung von AOL blieben Online-Kunden heute durchschnittlich knapp eine Stunde pro Tag im Netz. Vor drei Jahren seien es noch 14 Minuten gewesen. Im Trend lägen daher speziell auf das Internet ausgelegte Kleingeräte.
Microsofts COO Bob Herbold schlug in die gleiche Kerbe: Die nächste Generation von PCs werde dem Rechnung tragen und sich aufteilen in Allzweckmaschinen und für spezielle Anwendung konzipierte Geräte. Wie Andreesen forderte er, die Geräte müssten einfacher zu benutzen sein, schliesslich seien die Anwender keine Systemintegratoren. Und er vergass natürlich nicht, beizufügen:«Für die kommende Fülle der verschiedenen Spezialanwendungen haben wir Windows CE entwickelt.»
Dünne Clients
Microsoft machte aber auch die «Thin Clients» wieder zum Thema. Nach dem nicht gerade überwältigenden Erfolg des Net-PC setzt die Firma nun auf den «Windows Terminal Server» (WTS), einen Zusatz zu Windows NT 4.0. Damit können auf schlanken Terminals und auf PCs, die von ihrer Leistung her eigentlich längst ausgedient hätten, Windowsprogramme benutzt werden. Die Programme arbeiten dabei auf dem zentralen Rechner, WTS liefert lediglich den Bildinhalt an die Clients. WTS basiert auf einem Microsoft-eigenen Protokoll und erlaubt nur Windows-Clients, auf den Server zuzugreifen.
Citrix Systems Inc., die an der Entwicklung von WTS mitbeteiligt war, bietet mit MetaFrame eine eigene, ähnlich konzipierte Lösung, deren Protokoll jedoch auch DOS-, Macintosh-, Unix und Java-Maschinen den Zugang erlaubt und erst noch mehr Servicefunktionen liefert.
Ob diese Anstrengungen dem Wintel-Thin-Client-Konzept zum Durchbruch verhelfen, bleibe dahingestellt. Die Antwort der Java-Anhänger liess jedenfalls nicht auf sich warten:
Novell stellte die für Intelprozessoren optimierte Virtual Machine «Netfire» für Netware 5.0 vor und
Corel präsentierte «J-Bridge», mit dessen Hilfe eine Java Virtual Machine auf NT-Server und entsprechende Anwendungen zugreifen kann.
Gestylte PCs
Der zweite grosse Trend an der PC-Expo ging in Richtung Design. Der iMac-Boom scheint Früchte zu tragen. «Waren die Leute früher stolz auf die Leistung ihrer Computer, sind sie es heute auf das Design ihrer Rechner», sagte Ken Omae von
Sony. Am klarsten zeigte sich der Apple-Einfluss bei Future Power. Die koreanische Firma zeigte einen Rechner, dessen Optik mehr als nur von ferne an das Original aus Cupertino erinnert, obwohl es sich beim «E-Power» um eine ausgewachsene Wintel-Maschine handelt.
Eigenständiger präsentierte sich der Newlook bei Gateway und
NEC. Hier werden für die Alles-in-Einem-Maschinen Notebook-Technologien und LCD-Displays eingesetzt. Leistungsmässig gehören diese Rechner zur Oberklasse.
Anders der «iToaster» von Microworkz. Der kostet unter 200 Dollar und ist laut Hersteller nicht schwieriger zu bedienen als ein Haushaltgerät. Das Betriebssystem basiert auf BeOS und Java. Der «iToaster» kann direkt an ein TV-Gerät angeschlossen werden. Für Web-Surfen, E-Mail und Schreibarbeiten soll die Leistung allemal ausreichen.
Ein Flachbildschirm fand sich praktisch bei jedem PC auf der Expo. Zusammen mit kleineren CPUs und Komponenten bestimmen die dünnen Displays weitgehend das Design der neuen Rechnergeneration. Dem will sich selbst Dell nicht verschliessen und kündigte für Ende nächsten Jahres einen eigenen, gestylten PC an. «Die Kunden wünschen heute neben einem schnellen Internetanschluss vor allem ein attraktives, platzsparendes Design – siehe iMac», meinte Carl Everett, Senior Vice President bei
Dell. Nur hat ironischerweise gerade der iMac keinen LCD-Bildschirm. (fis)