Medienberichten zu Folge soll der britische Arm von Ernst & Young 20 Prozent seiner Berater entlassen. Dies unter anderem deshalb, weil
SAP immer mehr mit dem Lizenzgeschäft zu kämpfen hat und so verstärkt ins Service- und Supportgeschäft einsteigen wolle. Nun befürchten SAP-Partner, dass sich der Auftragsrückgang nach dem Jahrtausendwechsel weiter verstärken wird. «Team-SAP» beinhaltet die Verpflichtung, bei neuen Projekten Berater von SAP miteinzubeziehen. SAP fakturiert dafür direkt den Kunden und soll Insidern zufolge oft darauf drängen, hochdotierte Positionen, mit eigenen Leuten zu besetzen. In Deutschland und der Schweiz, dem ureigenen SAP-Markt, scheint man allerdings diesbezüglich noch keine Befürchtungen zu haben. Da Branchenkennern zufolge zwei Drittel der SAP-Leute keine drei Jahre bei SAP bleiben und die Consulting-Partner mittlerweile mehr Erfahrung mit SAP-Integrationen haben, bekommen die SAP-Partner beim jährlichen Customer Survey schon die besseren Noten als SAP selbst. Wie eine Umfrage des IT Reseller bei Schweizer SAP-Logopartnern ergab, ist hierzulande der Markt noch kräftig am Wachsen und es werden keineswegs Berater entlassen, sondern gesucht. R/3-Systemhäuser, die den Mittelstand und nicht die Multis bedienen, dürften es allerdings schwerer haben.
Mehr Verantwortung und Unterstützung
Mathias Stocker von
EDS Information Business steht dem Team-SAP-Gedanken positiv gegenüber, aber: «Die Umsetzung des Team-Approaches muss in jedem Projekt sauber definiert sein.» Laut Stocker verliert man bei EDS auch kein Geld dadurch, dass SAP-Leute in Projekten eingesetzt werden müssen. EDS ist seit sieben Jahren SAP-Partner und setzt SAP-Leute in der Qualitätssicherung ein, beziehungsweise dort, wo spezielles IS-Wissen zugekauft werden muss. Zum Anteil von SAP-Dienstleistungen am Gesamtvolumen will Stocker jedoch keine Aussage machen.
CSC Ploenzke ist seit fünf Jahren weltweiter Logopartner von
SAP. Urs Bähler stört der Team-SAP-Gedanke denn auch nicht: «Wir machen 40 bis 50 Prozent von unserem Umsatz mit SAP-Projekten und haben schon immer SAP-Leute gehabt, üblicherweise im Lenkungsausschuss und in der Qualitätssicherung. SAP soll auch Projektverantwortung mittragen. Wir bilden mit SAP dort Teams, wo für den Kunden Zusatznutzen entsteht.»
KPMG ist seit 1993 SAP-Partner und generiert laut Aussage von Kurt Sutter zwei bis drei Prozent vom Gesamt-, respektive 10-15 Prozent vom Consulting-Umsatz mit SAP-Geschäften. Sutter: «Im Sinne der Kundenzufriedenheit ist der Team-SAP-Vertrag sinnvoll.» KPMG setzt die SAP-Leute in Qualitätssicherung, bei Resourcen-Engpässen und bei ganzen Teilgebieten in SAP-Projekten ein.
Ronald Hafner, SAP-Verantwortlicher bei Pricewaterhouse Coopers, ist überzeugt, dass SAP-Leute – falls richtig eingesetzt – sogar dem Wachstum helfen können. In der Schweiz macht Pricewaterhouse Coopers circa 35 Prozent des Beratungsumsatzes mit SAP-Dienstleistungen. Hafner setzt SAP-Leute vor allem im Team ein, die Projektleitung wird in der Regel mit eigenen Leuten besetzt. Hafner: «Wir verlieren dadurch gar nichts. Wir finden den Gedanken gut und sehen vor allem bei den neuen, komplexen Produkten grosse Vorteile für alle Beteiligten, insbesondere aber auch für die Kunden. SAP wird in die Verantwortung eingebunden und wir haben viel besseren Zugang zur Entwicklung in Waldorf.»
SAP muss Schnelligkeit beweisen
Uwe Wehrle, Leiter von SAP-Services bei Atag Debis Informatik (via Debis weltweiter SAP-Logopartner) versucht, sich relativ unabhängig von
SAP zu bewegen. Wehrle hat SAP immer als konsequent erlebt und findet die Diskussion etwas müssig: «SAP-Leute werden primär für Consulting von neuen Produkten gebraucht, die gepusht werden müssen, nicht unbedingt für bestehende Projekte. Da Atag Debis sich nicht auf Branchen, sondern auf Lösungen spezialisiert hat, werden wir von SAP oft nicht als erste vorgeschlagen.» Wehrle pragmatisch: «Wir warten oft ab, bis etablierte Partner aus dem Rennen fliegen, um dann einzusteigen. Da SAP Lizenzen generieren muss, versucht man natürlich, Projekte vor allem bei der Einführung mitzubetreuen, da man beweisen will, dass SAP-Projekte schnell eingeführt werden können. Der Kunde unterscheidet nämlich nicht zwischen SAP und deren Consultingpartnern.»
Deloitte Consulting verliere, so Chris Wellinger, kein Geld infolge Team-SAP. «Im Gegenteil. Ich finde es gut, wenn SAP eine aktive mitgestaltende Rolle spielen kann. Wer weiss, vielleicht fragt ein künftiger Kunde bei SAP ja mal nach Referenzinstallationen. Doch viel wichtiger: Die Dienstwege über den SAP-Partner sind sehr viel direkter. Es gibt auch bei SAP den einen oder anderen guten und erfahrenen Berater, von dem man was lernen kann.» Wellinger denkt auch nicht an Entlassungen: «Im Gegenteil, wir sind immer noch stark im Wachstum.»
R/3-Systemhäuser aber müssen darben
Schon vor Jahren, als
SAP ins Beratungsgeschäft einstieg, hiess es, SAP nehme den Partnern die Aufträge weg. Trotzdem haben alle Beteiligten immer gutes Geld verdient. Jetzt ist die Situation etwas anders, da viele Kunden bereits Leute mit Projekterfahrung haben und dadurch die Berater-Preise sinken. Ausserdem fällt der Team-SAP-Gedanke, immer einen SAP-Mann bei jedem Projekt dabeizuhaben, bei kleinen und mittelständischen Untenehmen viel mehr ins Gewicht als bei Logopartnern, die vor allem Named Accounts betreuen.
Man rechne: Ein Berater, der bei einem Projekt von SAP als Projektleiter oder für die Qualitätssicherung vorgeschrieben wird, arbeitet für circa 10 Tage zu 2.700 bis 3000 Franken. Nehmen wir ein mittleres Auftragsvolumen eines R/3-Systemhauses von 300’000 Franken an, so fällt die Team-SAP-Verpflichtung mit circa 10 Prozent ins Gewicht. Nicht umsonst hört man von Systemhäusern, dass mit SAP kaum mehr Geld zu verdienen sei.
SAP steigert Umsatz um 17%
SAP konnte im ersten Halbjahr 1999 den Umsatz gegenüber der Vergleichsperiode 1998 um 17% auf 2,34 Mia. Euro steigern. Am stärksten wuchs
SAP in Europa, nämlich um 25% auf 1,15 Mia. Euro. Mit 57% Wachstum erzielte SAP im Beratungsbereich das stärkste Wachstum. (mh)