BPO à la Sun Microsystems

Seit sich Sun den Integrationsexperten Seebeyond einverleibte, will das Unternehmen beim Business Process Outsourcing (BPO) ein Wort mitreden. Im Gespräch mit IT Reseller verrät Softwarearchitekt Peter Affolter, wie.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/13

     

Als der Storagehersteller Sun Microsystems im letzten Jahr das Software-Unternehmen Seebeyond übernahm, geschah dies in der erklärten Absicht, im Bereich der serviceorientierten Architekturen (SOA) verstärkt mit IBM und anderen Top-Anbietern zu konkurrieren. Das Ziel war es, eine umfassende Plattform für die Anwendungsentwicklung auf den Markt zu bringen. Mittlerweile sind die früheren Seebeyond ICAN Suite und die Integrations- und Kommunikationslösungen von Sun in die Java Composite Application Plattform (CAPS) integriert.

Composite Applications

Bei komplexen Prozessen wie der Kreditvergabe, Produktefreigaben oder Beschaffungen sind meist verschiedene Anwendungen oder Teile davon involviert. Composite Applications stellen dazu die in einer SOA definierten Business Services ohne Programmierung zu neuen Applikationen zusammen. IT-Lösungen lassen sich so deutlich schneller auf ein wechselndes geschäftliches Umfeld einstellen, als es die Neuentwicklung klassischer Applikationen oder die Anpassung von Standardlösungen erlauben würde. Die Analysten der Gartner Group sagen, dass in den nächsten zwei Jahren rund 80 Prozent aller Applikationsentwicklungen auf SOA basieren werden.

Flexible Prozesse gestalten

Serviceorientierte Architekturen bieten die Möglichkeit, vorhandene Techniken und Produkte zu nutzen, und Fehlendes hinzuzukaufen, um daraus flexible Prozesse zu gestalten. Die Stärke der Java CAPS liegt dabei in der gemeinsamen Umgebung für Entwicklung, Deployment, Management und Monitoring. Ross Altman, Suns CTO Business Integration Plattforms, bemerkt nicht ohne Süffisanz: «So muss man wenigstens nicht erst die Integrations-Tools integrieren.» Die einheitliche Plattform verspricht neben Flexibilität auch Kostenvorteile. Eine Studie der Butler Group spricht gar von TCO-Einsparungen in der Grössenordnung von 58 Prozent gegenüber traditioneller Anwendungsentwicklung und Integration.

Nicht nur eine Sache der Technik

Peter Affolter, Softwarearchitekt bei Sun Microsystems Schweiz, betont im Gespräch mit IT Reseller, dass Composite Applications auf SOA-­Basis prozessorientierte Lösungen seien: «Die Prozesse werden vom ­System getrennt und die wiederverwendbaren Services nicht von der Technik, sondern vom Business her definiert.»
Die Ableitung aus der Geschäftslogik ist allerdings oft leichter gesagt, als getan. Wenn IT und Business zusammen kommen, ruft dies nach Definition und Durchsetzung von Regeln bei Entwicklung, Nutzung und Pflege der SOA. Nicht zuletzt, weil eine SOA längerfristig angelegt ist und Dienste ermöglichen sollte, die zurzeit noch nicht unbedingt benötigt werden. Gartner vermutet daher wohl nicht zu Unrecht, dass es in den nächsten Jahren meist an der fehlenden Governance liegen dürfte, wenn SOA-Projekte mit mehr als 50 Services in der Nach-Pilot-Phase scheitern.
Dennoch denkt man in den Unternehmen oft erst über Regeln nach, wenn alles aus dem Ruder zu laufen droht. Affolter ist daher überzeugt: «Government ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern in erster Linie des Managements. Die Mitarbeiter sollten möglichst früh mit einbezogen werden.»

BPO-Voraussetzungen

An sich ist das Konzept einer SOA nicht neu. Bereits Cobra und Microsoft Com stellten – wenn auch proprietäre – Service-Funktionalitäten zur Verfügung. Cobra-, Com-, Web-Services- oder .Net-basierte Dienste und ein Enterprise Service Bus reichen jedoch für eine erfolgreiche SOA nicht aus. Ebenso wichtig ist, wie Affolter sagt, eine sauber definierte Layer-Struktur mit Integrations-, Business-Process-Management- und Präsentations-Layer. Mit Standards wie J2EE, Web Services, BPEL und JSP stehen heute für alle Komponenten offene Protokolle und Schnittstellen zur Verfügung. Erst diese machen den Weg frei, um Business-Prozesse nicht nur im eigenen Unternehmen zu definieren, sondern auch auslagern zu können.

Schweizer Unternehmen sind zurückhaltend

Seit längerem gilt, dass ein Unternehmen in der Zeit weltweiter Vernetzung und unternehmensübergreifender Wertschöpfung prüfen muss, welche Prozesse es selber beherrschen will und welche ausgelagert werden können. Meist geht es dabei um Kostenkontrolle, Sicherheit und Effizienz. «Ist der Service einmal definiert», so Affolter, «muss sich das Unternehmen nicht mehr um Code-Änderungen kümmern. Die Transaktionen lassen sich automatisch protokollieren und die Einhaltung der Service Level Agreements genau kontrollieren.»

Auslagerungstrend Subprozesse

Dennoch entspricht das Geschäftsvolumen noch nicht ganz der Aufmerksamkeit, welche SOA und BPO in den Medien finden. «SOA ist zwar auch hierzulande bei den Unternehmen ein Thema», meint Affolter, «aber führend ist die Schweiz nicht. Und ausgelagert werden derzeit vor allem Subprozesse wie Kreditabfragen oder die Abwicklung von Börsenaufträgen, die eine Bank für andere Finanzinstitute übernimmt.» Der Grund der Zurückhaltung ist klar: Unternehmensprozesse enthalten oft firmeninterne Innovationen, die man nicht unbedingt öffentlich machen will. Auch nicht in einer Service-Struktur. (fis)


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