Mobile auf der Cebit

IT Reseller wirft einen konzentrierten Blick auf neue Wireless- und Mobile-Lösungen und Trends an der Cebit.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/05

     

«Der Hype ist vorbei», meint Thomas Jensen, Sprecher von Microsoft Deutschland, im Hinblick auf die Cebit stellvertretend für viele Anbieter. Von der Euphorie der vergangenen Jahre werde angesichts der Probleme der IT-Branche auf der diesjährigen Cebit nicht mehr viel übrig bleiben. Sie werde wohl vor allem die Konsolidierung der Branche widerspiegeln.
In der Tat wird mit rund 8000 Ausstellern noch knapp das Niveau des Vorjahres erreicht. Die Zahl der Besucher könnte gar zurückgehen. Andererseits wird ein grösserer Ansturm von Stellensuchenden erwartet - auch das ist ein Zeichen für die Stimmung in der Branche. Der «Cebit Job Market» in Halle 10 zeichnet auch dieses Jahr die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt nach.


Telekommunikation als Schrittmacher
Zu reden gab unter den Ausstellern die neue Geländeaufteilung. Die Cebit wird, wie die Messeleitung sagt, thematisch neu ausgerichtet: Der Norden ist der Informationstechnik vorbehalten, der Osten den Software-Anbietern und der Südwesten dem Telekommunikationsmarkt. Das passt manchen traditionellen Anbietern überhaupt nicht, zeigt aber den Stand der Dinge. In Westeuropa wuchs der Telekommunikationsmarkt laut der neuesten EITO -Studie mit 6,6 Prozent wesentlich schneller als der IT-Markt, der nur gerade 3,9 Prozent zulegen konnte.
Doch auch hier haperts. Neue Funk-Infrastrukturen wie GPRS (General Packet Radio Service) und UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) sollen den Nutzern zwar künftig höhere Bandbreiten bescheren, und die Anbieter versprechen
schon seit einiger Zeit wahre Wunderdinge. Doch manche Marktforscher sprechen davon, dass die ersten GPRS-Geräte während des Weihnachtsgeschäfts «wie Blei in den Regalen» lagen. Die von GPRS erhoffte Erholung des Marktes blieb bisher aus.

UMTS im Kommen

Trost spricht den Herstellern und Anbietern einzig eine Umfrage des Online-Marktforschungsinstituts Dialego zu, das kürzlich Internet-Nutzer befragte. Die Nachfrage nach Handys der dritten Generation sei gross, will Dialego dabei festgestellt haben, ebenso das Interesse an mobilen Diensten. 61 Prozent der befragten Personen würden sich der Studie zufolge ein UMTS-fähiges Mobilfunktelefon kaufen und mehr als drei Viertel die lokalen Dienste über UMTS nutzen wollen.
So sie denn auch angeboten würden. Immerhin werden die Besucher an der diesjährigen Cebit etwas mehr über die dritte Mobilfunkgeneration erfahren als im letzten Jahr. Vor dem Hintergrund, dass heute bereits 40 Prozent der berufstätigen Bevölkerung in Europa unterwegs mit Laptops und Handys auf elektronische Informationssysteme zurückgreifen, wird die Frage nach breitbandigen Verbindungen immer drängender.
Für die Messe wurden Prototypen von UMTS-Endgeräten und die Präsentation erster Dienste angekündigt. Am Siemens-Stand wird gar ein komplettes UMTS-Netz «live in action» gezeigt. Dabei können die Messebesucher typische UMTS-Anwendungen ausprobieren. Augenfällig soll die Leistungsfähigkeit der kommenden Mobilfunkgeneration etwa mit einer mobilen Videoübertragung von unterschiedlichen Schauplätzen auf der Cebit gemacht werden.
Weil UMTS die Übertragung von Videoaufnahmen in Echtzeit gestattet, setzt Siemens einen «i-Wagen» ein, ein mit UMTS-Technik ausgestattetes, fahrbares TV-Studio. Dank UMTS kann sogar während der Fahrt gesendet werden. Am Siemens-Stand können die Messebesucher die Live-Übertragungen mitverfolgen.
Doch ausserhalb der Messehallen geht der Aufbau der UMTS-Netze eher zögerlich voran. Wenn es einmal so weit sein wird, wird die grösste Herausforderung vor allem darin bestehen, insbesondere für den Business-Bereich nahtlose Prozesse zu organisieren, die den Informationszugang zu jeder Zeit und von jedem Ort aus ermöglichen.

Ab ins WLAN!

Wenn auf der letztjährigen Cebit von Mobile Business die Rede war, ging es meist um Endkunden-orientierte Angebote auf WAP-Basis. Per Handy ins Internet, lautete das Motto. Zur Basistechnologie des M-Business wurde wegen der Bandbreiten-Probleme im GSM-Netz UMTS hochstilisiert. Als dann klar wurde, dass der Aufbau einer UMTS-Infrastruktur länger dauern würde als gedacht, wurde es stiller um das M-Business.
Auf der diesjährigen Cebit stehen mit W(ireless)LAN und Bluetooth andere Mobile-Technologien im Rampenlicht. Insbesondere WLAN erfreut sich wachsender Beliebtheit, wie die auf Netzthemen spezialisierten Marktforscher von Dell’Oro belegen. Sie ermittelten für das vierte Quartal 2001 weltweit eine Umsatzsteigerung von 21 Prozent auf mehr als 363 Millionen Dollar.
Für kabellose Verbindungen zu Druckern, Tastaturen und Mäusen kommt vorwiegend Bluetooth zum Einsatz. Mit einem Adapter oder einem integriertem Chip werden Endgeräte wie Handys, Freisprecheinrichtungen, Notebooks oder Digitalkameras ohne Kabel miteinander verbunden und können Daten ohne Sichtkontakt austauschen. Auch die Funkverbindung nach dem Wi-Fi-Standard (Wireless Fidelity - IEEE 820.11b) wird von immer mehr Herstellern für die drahtlose Vernetzung von Geräten eingesetzt.
Während Bluetooth Kommunikation in einem Umkreis von bis zu zehn Metern ermöglicht, überbrücken Wi-Fi-LANS innerhalb eines Gebäudes Distanzen bis zu 50 Meter. Im Freien oder in grossen Hallen sind Reichweiten bis zu 300 Meter realisierbar.

Grösster Feldtest

An der Cebit wollen Mobilcom Systems und Cisco den nach eigenen Angaben bisher grössten Feldtest für ein WLAN durchführen: Rund 200 Access Points sollen die Messe mit einem drahtlosen Internetzugang ausstatten. Die Funkversorgung des Messegeländes ist allerdings nicht ganz vollständig: Die mehrstöckigen Hallen 10, 18 und 26 sind ausgenommen, und das Freigelände wird nur über Nebenabstrahlung der in den Gebäuden installierten Access Points bedient.
Um drahtlos ins Internet zu gehen, können Messebesucher mit Notebook oder iPaq im Internetcafé oder beim Media-Service eine für einen Tag gültige Username/Passwort-Kombination abholen. Wer keinen WLAN-Zugang besitzt, bekommt beim Media-Service für 197 Euro eine AIR PCM-352-Karte von Cisco. Treiber dafür gibt es für alle neueren Windows-Systeme, MacOS 9 und X sowie für Linux.
Der eintägige Zugang ist im Rahmen dieses Feldtests kostenlos. Eine im Browser eingegebene URL führt dann zunächst auf die Startseite von Mobilcom, wo man sich mit Name und Passwort anmeldet. Anschliessend ist der Weg ins Internet über den Backbone des Providers frei. Mobilsurfer können auch E-Mail oder News abfragen oder firmeneigene VPNs nutzen. Eine Verschlüsselung des Datenverkehrs ist allerdings nicht vorgesehen. Sicherheitsbewusste Anwender sollten daher entweder keine sensiblen Daten übertragen oder ein VPN nutzen. (fis)

Siemens zeigt Anrufer

Siemens zeigt in Hannover ein neues GPRS-Handy, das Java unterstützt. Zu den weiteren Features gehören EMS (Enhanced Messaging Service) und eine neue Funktion namens «Calling Images». Dabei wird im Display des Geräts ein Foto des Anrufers angezeigt (dieses muss natürlich zuvor abgespeichert werden). Für die Vorder- und Rückseite gibt es die mittlerweile branchenüblichen austauschbaren Schalen für ein individuelles Design.

Triband-Modem

Sony Ericsson präsentiert das laut Hersteller weltweit erste lieferbare Triband-GSM-Datenmodem. Dabei handelt es sich um eine Typ II PC-Karte, die je nach Telefonnetz Übertragungsraten von bis zu 57,6 kb/s erlaubt. Ist die Internetverbindung einmal hergestellt, wird sie per GPRS aufrechterhalten. Als Triband-Produkt für GSM-Netze (900/1800/1900) kann das Funk-Modem auf allen Kontinenten verwendet werden.

Rail&Mail

Die Deutsche Bahn und Microsoft rüsten unter dem Namen «Rail&Mail» drei Erstklass-Waggons eines Cebit-Sonderzugs auf der Strecke Nürnberg-Hannover mit Wireless LAN aus. Compaq steuert iPaq-3850-Handhelds bei, mit denen die Fahrgäste Verbindung zu im Zug mitgeführten Servern aufnehmen können. Angeboten werden Fahrpläne, aktuelle Nachrichten und Wetterinformationen, Infos rund um die Cebit sowie Spiele, Hörbücher und Filmbeiträge.

Sony Ericsson für junge Leute

Die neuen Handy-Modelle von Sony Ericsson sind vom typischen Sony-Design geprägt. Sie sollen – entgegen der bisherigen Ericsson-Modellpolitik – vor allem junge Käuferschichten ansprechen. Die Weiterentwicklung des Ericsson-Handys, das T68i, unterstützt den Multimedia-SMS-Standard MMS. Zudem verfügt sie über eine anschliessbare Kamera und einen Speicherchip für 200 Bilder. Das Multimedia-Smartphone P800 hat einen farbigen Touch-Screen und eine eingebaute Kamera.
Das GPRS-Handy ist auf der Symbian-Plattform aufgesetzt und verfügt über alle gängigen Organizer-Funktionen sowie eine Bluetooth-Schnittstelle. Auf dem Farbdisplay erscheint wie bei Siemens ein Farbfoto des Anrufers. Sony Ericsson zeigt zudem das Handy Z700, das mit Spielen wie «Men in Black» und «Charlies´s Angels» angereichert ist. Auch dieses Java-fähige Gerät verfügt über ein Farbdisplay und einen Bluetooth-Anschluss.

GPRS-Notebook

Der österreichische Hersteller Gericom wird sein «1st Supersonic GPRS»- Notebook zeigen, das erste mit einem integrierten MC35 GPRS-Modul von Siemens. Es soll eine maximale Übertragungsleistung von 171,2 kb/s haben. Allerdings sind die Kapazitäten der Mobilfunkanbieter zurzeit noch auf 54 kb/s begrenzt. Das GPRS-Modul kann im GSM-Netz telefonieren und gleichzeitig eine GPRS Datenverbindung aufbauen.
Auf diese Weise ist es möglich, ohne Kabel überall ständigen Zugang zu Internet und E-Mail zu haben. Als das GPRS-Notebook anfangs Jahr angekündigt wurde, war Media Markt gleich mit einer 5000 Stück-Bestellung aufgesprungen. Verschiedene andere Hersteller haben GPRS-taugliche PC-Cards angekündigt. Lieferbar sind sie aber noch nicht.

Die Österreicher kommen

Die österreichische Firma Tel.Me zeigt auf der Cebit ihr erstes GPRS-Multimedia-Handy. Es bietet GPRS Class 10 und damit eine theoretische Datenübertragung von bis zu 85,6 kb/sec. Nachrichten oder Musikdateien können über den eingebauten Multi Media Card-Einschub auf einer 128 MB Speicherkarte abgelegt werden. Die multimedialen Unterhaltungsmerkmale sind neben einer digitalen Kamera mit dem Farbdisplay als Sucher, ein Fotoalbum, ein MP3-Player, Handschrifterkennung am gesamten Display und EMS-Messaging.

Handy-Fotoalbum

Der Online Fotoservice Pixum zeigt einen brandneuen Funk-Dienst: Mit einem geeigneten Mobiltelefon können Pixum-User online und in Farbe in ihrem Fotoalbum blättern. Die Bilder werden zuvor unter www.pixum.de hochgeladen und in das Fotoalbum abgelegt. Über eine GPRS-Verbindung oder notfalls auch einen GSM-WAP-Zugang können die im Durchschnitt drei Kilobyte grossen Farbbilder betrachtet werden.
Pixum will damit seine Kompetenz in der Bearbeitung und Skalierung von Bildern demonstrieren: In der Welt der Mobiltelefone hat praktisch jedes Endgerät eine eigene Auflösung und Farbtiefe. Die entsprechende Konvertierung erledigt die Pixum OPS-Software automatisch, sobald das Gerät identifiziert wurde.

Mobile Business

Knowledge Intelligence zeigt eine ganze Serie neuer Entwicklungspakete für Mobile Business. Im Mittelpunkt der «KI mobile» genannten Entwicklungsfamilie steht die Anbindung von PDAs an IT-Systeme für Business-to-Business-Anwendungen. Die Software ist primär für die Erstellung von Anwendungen zur strukturierten Datenerfassung mit PDAs und die anschliessende Weiterverarbeitung in Serversystemen konzipiert.
Alle gängigen Übertragungswege wie Infrarot, Funk-LAN, GSM/HSCSD oder GPRS können zum Einsatz kommen. Mit Zusatzmodulen sind weitere Funktionen möglich. So kann der GPS-Empfänger etwa automatisch geografische Daten hinzufügen oder eine GPS-Routenplanung unterstützen.

Mobile-Technologie von Intel

Chip-Hersteller Intel baut auf drei Kerntechnologien: Die «XScale Mikroarchitektur» für die Verarbeitung von Anwendungen, die «H-Micro Signal Architektur» für die Signalverarbeitung sowie «Wireless Flash Memory» für die Speicherung von Daten.
Alle drei Technologien – Verarbeitung, Speicherung und Kommunikation – sollen auf einem einzigen Chip vereint werden. «Wireless Internet on a Chip» wird die Grundlage für künftige GSM/GPRS- und UMTS-Produkte von Intel bilden. Zurzeit wird ein Prozessor für 3G-Geräte im Labor getestet. Eine Version für 2,5G (GPRS) will der Chipgigant noch im Laufe dieses Jahres vorstellen.


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER