Kampf der Giganten

IBM hat den nach eigenen Angaben weltweit leistungsfähigsten Unix-Rechner vorgestellt und macht damit vor allem dem «Sun Fire 15000» Konkurrenz.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/18

     

Der Kampf um den Servermarkt ist härter geworden. IBM führt im Gesamtmarkt zwar vor Sun, doch im Unix-Segment nimmt Sun seit langem die Spitze ein. Bis anhin gab es bei den grossen Unix-Servern auch nicht allzuviel Konkurrenz.
Doch jetzt ist ein eigentlicher Kampf der Giganten entbrannt, denn das Geschäft war – nachdem Unternehmen und Dot-Coms jahrelang aufgerüstetet hatten – fast zum Erliegen gekommen. John Shoemaker, Vizepräsident bei Sun, will jedoch festgestellt haben, dass die Unternehmen jetzt bereit seien, grössere Rechner zu kaufen, um die schwieriger zu wartenden, kleineren Systeme zu ersetzen.

Sonne und Sterne

Als erster Player betrat Sun mit dem neuen Sunfire 15000 die Arena. Der Rechner soll nach Angaben des Herstellers fünf mal schneller als der noch von Supercomputer-Experten Cray entwickelte Vorgänger E10000 Starfire sein und über «mehr als 300 Prozent mehr Kapazität als alle anderen heute und bis in zwölf Monaten erhältlichen Systeme» verfügen.
Die Sunfire-Architektur schlägt mit mindestens 1,4 Millionen Dollar zu Buche, der Kunde kann aber auch locker über vier Millionen ausgeben.
Der Sunfire 15000 ist im Minimum mit 106 der schon seit längerem angekündigten Ultrasparc III-CPUs mit 900 MHz und 576 GByte RAM bestückt. Sun will neben der 900 MHz-Version in Kupfertechnologie auch eine Aluminium-Variante anbieten. Ursprünglich wurden die Prozessoren von Texas Instruments gefertigt, doch künftig soll auch die taiwanesische United Microelectronics Ultrasparcs produzieren.
Wesentlicher Bestandteil des Sunfire 15000 ist der von Cray entwickelte, dreifache Fireplane-Crossbar-Bus, der bis zu 172 Gbyte Daten pro Sekunde durch das System schaufelt. Dazu kommen die Fünft-Generation-DSDs (Dynamic System Domains), wie Sun die Partitionen nennt. Für Sun ist dies eines der Hauptverkaufsargumente, da auf diese Weise ein ganzer Haufen kleinerer Server ersetzt werden könne.
Die neuen Sun Fire-Server nutzen Eigenschaften von Solaris 8 wie die automatische, dynamische Rekonfiguration und das Hot Patching. Hot Patching erlaubt Modifikationen des Betriebssystems-Kernels, während das System läuft. Eine Sun Fire Cluster-Plattform soll auf diese Weise eine «bisher unerreichte System-Verfügbarkeit von 99,999 Prozent» aufweisen.

Mit vollen Segeln

Demgegenüber schickt IBM den neuen p690 eServer, genannt Regatta, ins Rennen. Die ersten dieser Maschinen werden in diesen Tagen ausgeliefert. Ab Dezember sollen die Rechner allgemein verfügbar sein. Während der Sun-Server mit 106 und mehr einzelnen Prozessoren arbeitet, setzt IBM auf vier Power4-Chips. Der Power4-Mikroprozessor ist bereits in sich selbst als Multiprozessor-System ausgelegt: Jeder Chip ist mit zwei Prozessoren, einem System-Switch und einem grossen Cache-Speicher ausgestattet. In der ersten Generation werden die Power4-Chips mit Taktraten von 1,1 und 1,3 Gigahertz angeboten.
Jeweils vier dieser Power4-Chips befinden sich auf einem Multi-Chip-Modul. Dieses verbindet die einzelnen Chips untereinander, so dass auf einer Fläche von etwa 85 mal 85 Millimetern eine 8-Wege Power4-SMP-Einheit mit sechs Megabyte Level2- und 128 Megabyte Level3-Cache untergebracht werden kann. Dank dieser Architektur soll der Strombedarf des Chips bei gleicher Taktfrequenz nur ein Viertel dessen betragen, was vergleichbare Systeme benötigen.
Der 32-Wege eServer p690 mit Power4-Prozessoren ist so laut IBM leistungsfähiger als andere Server mit mehr als der doppelten Anzahl Prozessoren – «und das zur Hälfte des Preises», wie IBM betont. Denn auch Big Blue argumentiert mit dem Preis: Rod Adkins, General Manager für die pSeries, meinte, der kleinste p690 koste 450’000 Dollar. Eine mit dem Sunfire 15000 vergleichbare Maschine komme auf 760’000 Dollar zu stehen, also gerade auf gut die Hälfte dessen, was das Konkurrenz-Produkt kostet.
Auch der Regatta kennt logische Partitionen und kann sowohl als ein einzelner wie auch in Form mehrerer kleinerer, virtueller Server betrieben werden. Mit der IBM-Partitionierung können AIX 5L und Linux neben einander eingesetzt werden.
Besonders stolz ist man bei IBM auf die eLiza- Technologie, die verschiedenste Möglichkeiten der Selbstdiagnose, Selbstkonfiguration und Selbstheilung ermöglicht. Die beiden neuen Gross-Server zielen auf die gleiche Kundschaft. Wer schliesslich das Rennen machen wird, der traditionelle Marktführer oder IBM mit seiner ausgeklügelten Verkaufs- und Serviceorganisation, bleibt abzuwarten. (fis)


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