Fast 1 Milliarde Dollar (992 Mio.) hat IBMs PC Group 1998 verloren, der PC-Umsatz fiel um 11 Prozent auf 12, 8 Mrd. Auch wenn das Gesamtergebnis mit 81 Mrd. Dollar Umsatz und 6 Mrd. Gewinn stolz ausfällt, ist dies «ein grosses Loch», so die Meinung der Wall-Street-Beobachter. Die Analysten sind sich denn auch einig: IBM könnte – und sollte – langsam aus dem Geschäft mit fertigen PCs aussteigen und sich auf ihre Stärken als Services und Komponenten-Anbieter konzentrieren.
IBM selbst scheint auch in diese Richtung zu denken, denn CEO Lou Gerstner schreibt in seinem Aktionärsbrief: «Die PC-Ära ist vorbei». Laut dem Jahresbericht werden PCs in Zukunft von einer Vielzahl von «Information Appliances» ergänzt und schliesslich überflügelt. IBM werde manche dieser Geräte selbst bauen, vor allem aber «unter der Haube» präsent sein, sprich in den Chips und Disks. Konkret zeigt sich diese neue Ausrichtung etwa in den jüngsten milliardenschweren Komponenten- und Software-Deals mit
Dell und dem Speichersystem-Hersteller
EMC.
IBM-Sprecher beteuerten zwar, dass IBM im PC-Geschäft bleiben werde, auch wenn manche Geräte auswärts gefertigt würden (wie heute schon ein Grossteil der Aptivas durch Acer). Die Marktforscher von Dataquest glauben dennoch, dass IBM ihre PC-Strategie angesichts der Preiskämpfe und verstopften Channels markant ändern wird: IBM werde Produkte mit starken Marken wie etwa die Thinkpads zwar nicht verschwinden lassen, aber dieses oder nächstes Jahr an andere Hersteller lizenzieren.
Gerstners offene Statements deuten klar in diese Richtung: IBM will sich vom PC abwenden, die Zukunft liege im «Network Computing», sprich in den neuen digitalen Helferlein mit Web-Anschluss und im «E-Business». Gleichzeitig würde die exponentiell wachsende Anzahl an Transaktionen im Internet zur Wiederauferstehung der unternehmensweiten Rechner führen, was wiederum gut für IBM sei.
Andere Analysten allerdings sehen auch ein verlustreiches PC-Geschäft nicht als Nachteil für
IBM, sondern als wichtigen «Türöffner», den sich Big Blue auch bei grossen Verlusten locker leisten könne: Der PC sei für IBM ein Produkt, das neue Kunden bringe, die dann zusätzliche Produkte und Services von der Firma kaufen.
Zudem gilt der PC immer noch als die wichtigste Plattform für die Softwareentwicklung. Und für viele sind die IBM-Sorgen kein Anzeichen für das Ende des PCs, sondern nur für die Probleme, die die Firma beim Wechsel auf das erfolgreichere Modell von Dell hat – und die vielleicht auch Compaq bald ereilen. (mvb)