Der VoIP-Markt wird explodieren

Voice over IP wird zunehmend in Schweizer Unternehmen, aber auch mmer mehr in Privathaushalten eingesetzt. Neben dem technologischen Potential interessiert die VoIP-Umteiger vor allem der ökonomische Nutzen. Sowohl IDC als auch die Marktforscher von MSM Research und GFK prognostizieren der VoIP-Technologie für die kommenden fünf Jahre einen regelrechten Boom.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/11

     

Das Telefonieren über Internet - Voice over IP (VoIP) - erfreut sich in Unternehmen immer grösserer Beliebtheit. So sind bestehende Telefonanlagen entweder abgeschrieben, d. h. es gibt finanzielle Mittel für eine Neuinves­tition, oder müssen sowieso ersetzt werden, oder das Netzwerk ist nun VoIP-tauglich. VoIP setzt sich aber nicht nur in Unternehmen durch, auch in immer mehr privaten Haushalten und sogar in Schweizer Amtsstuben wagt man sich mittlerweile an die Internet-Telefonie heran.

Explosionsartiges Wachstum

IDC schätzt, dass der westeuropäische IP-PBX-Markt derzeit bei 2,11 Milliarden Dollar liegt und in den kommenden fünf Jahren auf 3,67 Milliarden Dollar anwachsen wird. Laut IDC war der Markt für VoIP-Software-Anwendungen in Westeuropa 2006 rund 194,8 Millionen Dollar wert und soll bis 2011 auf rund 2,25 Milliarden Dollar wachsen. Der Marktforscher definiert in seiner Erhebung eine VoIP-Anwendung als eine Anwendung, die entweder auf ­einer IP-PBX, einem IP-Telefonklienten oder einer Anwendung oder Verbindung läuft, die mit dieser Art Ausrüstung oder einer Kombination von beiden zusammenarbeitet. Der Markt für VoIP-Anwendungen in der Schweiz lag laut IDC Ende 2006 bei 6,2 Millionen Dollar. 2007 soll er bereits auf 11,1 ansteigen und bis 2011 bei satten 61,5 Millionen Dollar liegen, was einer geschätzten jährlichen Wachstumsrate von 58,2 Prozent entspricht.
Ähnlich gute Prognosen geben auch die Analysten von MSM Research ab. «Die Gesamtausgaben für Voice over IP im Schweizer Business-to-Business-Markt werden laut ersten Schätzungen für 2007 ein Volumen von 104 Millionen Franken erreichen», sagt Geschäftsführer Philipp A. Ziegler ­gegenüber IT Reseller. Darin enthalten sind sowohl Telefone wie auch Call-Manager, IP PBXs etc. Gerade im KMU-Bereich sei VoIP im laufenden Jahr zum Thema geworden, so der Analyst. «Immerhin haben 19,4 Prozent der KMU VoIP auf ihre Agenda gesetzt, das heisst, eine Investition wird diskutiert oder konkret geplant», so Ziegler. Für 2008 prognostiziert MSM Research aus heutiger Sicht ein Wachstum von 22,1 Prozent für den gesamten B2B-Markt in der Schweiz.

Vorreiter IT- und Telcofirmen

VoIP ist bereits in diversen Branchen in der Schweiz im Einsatz. Einer Studie von Dr. Pascal Sieber & Partners vom letzten Sommer zufolge setzt knapp die Hälfte der befragten Unternehmen VoIP bereits ein, und 28 Prozent planten Mitte 2006, dies in Zukunft (innerhalb der nächsten zwei Jahre) zu tun.
An der Onlinebefragung, die der Studie zugrunde liegt, haben 339 Unternehmen aus siebzehn Schweizer Branchen teilgenommen. Es muss aber dazu gesagt werden, dass die Anwender noch häufig aus der Informatik- und Telekommunikationsbranche (siehe Grafik) kommen. Zum einen haben sie weniger Berührungsängste mit neuen Technologien, sind über Voice over IP gut informiert und möchten eigene Erfahrungen sammeln, um selbst auch Beratung auf diesem Gebiet anbieten zu können. Pascal Sieber & Partner bezeichnet ­diese Anwender als Innovatoren. Fast die Hälfte der VoIP-Anwender (23 Prozent der Studienteilnehmer) werden zudem als die frühen Übernehmer ­bezeichnet. Diese Unternehmen stammen nicht aus der ICT-Branche und sind mehr auf die ökonomischen Vorteile von VoIP fokussiert. Laut Studie befindet sich die Verbreitung von VoIP in der Schweiz also derzeit in Phase zwei, in der nach den Innovatoren auch frühe Übernehmer die Technologie einsetzen.

Selektive Nutzung

Ein weiterer Indikator für die Verbreitung von VoIP ist laut der Sieber & Partners-Studie die Nutzungsintensität. Zum Zeitpunkt der Befragung setzte die Hälfte der Anwender Voice over IP erst selektiv an einzelnen Standorten, in einzelnen Abteilungen oder durch einzelne Personen ein. Auch hier sind die Unternehmen der ICT-Branche wieder Vorreiter: Sie haben häufiger als andere Branchen bereits das gesamte Unternehmen mit VoIP ausgerüstet. 66 Prozent von ihnen telefonieren bereits im gesamten Unternehmen via VoIP. Sie haben auch häufiger als Teilnehmer anderer Branchen vollständig auf VoIP umgestellt. Die Mehrheit der Befragten setzt derzeit noch eine Kombination von VoIP und herkömmlicher Telefonleitung ein. 70 Prozent der Studienteilnehmer aus anderen Branchen setzen die Internettelefonie auch noch selektiv ein. Letztlich plant aber die Mehrheit der Anwender (84 Prozent) VoIP künftig auf die gesamte Firma auszudehnen und vollständig auf VoIP sowohl für interne wie auch externe Telefonate umzustellen.

Erwartungen an VoIP

Die Unternehmen, die VoIP in naher Zukunft einsetzen wollen, erwarten auf der technischen und auch der ­Kostenseite erhebliche Verbesserungen. Drei Viertel erwarten keine Beeinträchtigung der Datenkommunikation und eine sichere Verfügbarkeit der Telefonie. Bei der Sicherheit und der Sprachqualität hingegen sind sie skeptischer, so die Sieber-Studie. Die Hälfte der Planer geht zudem davon aus, mit VoIP die Kosten im Betrieb reduzieren zu können. Bei der Höhe der Gesamtinvestitionen sind sie allerdings weniger zuversichtlich (siehe Grafik zwei auf dieser Seite).
Bei den Umfrageteilnehmern, die bereits VoIP einsetzen, hatten 81 Prozent bisher keine technischen Schwierigkeiten. Über die Hälfte der Anwender konnten Kosteneinsparungen realisieren. Bei denjenigen, die alle Telefonate über VoIP führen, konnten sogar 65 Prozent ihre Kosten reduzieren und hatten satte 92 Prozent keinerlei technische Schwierigkeiten zu verzeichnen. Die Anwender machen also positivere Erfahrungen hinsichtlich Sicherheit, Sprachqualität und Kosten, als die Planer oder VoIP-Verwerter erwarten. Die Einschätzungen der Unternehmen, die VoIP noch nicht einsetzen oder keine Umstellung auf diese Technologie planen, sind laut Pascal Sieber & Partners demnach (zu) vorsichtig.

Betriebsmodelle gehen in Richtung Managed und Hosted Services

Bei der Wahl des Betriebsmodells ­dominierte bei 70 Prozent der ICT-­Firmen und 42 Prozent der Unternehmen anderer Branchen das Modell «alles unternehmensintern» zu erledigen. Das Unternehmen ist also Eigentümer der Infrastruktur, die Wartung wird vollständig betriebsintern abgewickelt. An zweiter Stelle steht «Support Service» - die Infrastruktur gehört dem Unternehmen, ein externer Dienstleister übernimmt den Support. 42 Prozent der Unternehmen anderer Branchen und 16 Prozent der IT-Firmen haben dieses Modell gewählt. Für «Managed Services» - die Infrastruktur ist beim Leistungsbezieher, gehört aber dem wartenden Dienstleister – haben sich nur sechs bzw. fünf Prozent entschieden. «Hosted Services» (viermietete VoIP-Infrastrukur) nehmen acht Prozent der IT-Firmen und neun Prozent der Unternehmen anderer Branchen in Anspruch. ICT-Unternehmen planen auch in Zukunft alles unternehmensintern zu managen, die Unternehmen aus anderen Branchen wollen künftig weniger auf Support Services und unternehmensinterne Wartung setzen, dafür verstärkt auf Managed und Hosted Services. Die Zukunft der Betriebsmodelle sind also Services.

Wichtigste Funktionalitäten

In der Pascal-Sieber & Partners-Studie haben die Befragten auch die Attraktivität neuer Funktionalitäten bei VoIP bewertet. An oberster Stelle stehen mit 70 Prozent eine individuelle Weiterleitung der Telefonate, intelligentes Call-Routing (68%) sowie einfaches Einrichten von Funktionen (66%). Es folgen Fixed Mobile Convergence, Unified Messaging, Presence-Lösungen und Integreation in CRM. E-Collaboration-Funktionen bewerteten die Anwender und Planer als am wenigsten wichtig, wobei Instant Messaging (38%), Integration in Screensharing (28%) und Web-Conferencing-Video (27%) eher als technische Spielereien abgetan wurden.

2007 Stagnation bei Privatkunden

Die Marktforscher der IHK-GFK haben vornehmlich den Verkauf an VoIP-­Telefonen im Privatmarkt untersucht: Ihrer Schätzung zufolge gingen in der Schweiz im Jahr 2005 rund 12’000 VoIP-Telefone und 2006 rund 25’000 Stück über den Ladentisch, was einer Verdoppelung innerhalb eines Jahres entspricht. «Für 2007 gehen wir ebenfalls von circa 25’000 Stück aus», sagt Esther Sägesser, Product Manager IHK-GFK, gegenüber IT Reseller. «Der Markt für VoIP-Telefone in ­Privathaushalten wird in diesem Jahr ­also eher stagnieren», so die Analystin. (sk)


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