Lastwagen statt Spekulanten

Nach dem Stop von «New Economy»-Projekten wandte sich die Zürcher Ergon der «Real Economy» zu: den Spediteuren.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/21

     

Die Zürcher Ergon Informatik gehört zu jenen Firmen, die vom «New Economy»-Boom stark profitierten. Unter dem Schlagwort «M-Commerce» wurde in den goldenen Jahren der Internet-Euphorie geglaubt, dass Handy- und PDA-User bald allerlei Waren und Dienstleistungen über ihre tragbaren Gerätlein bestellen würden.
So wurden (Java-) Interfaces für Aktienhandel bis zur Reservierung von Kinotickets gebraucht. Doch WAP war ein Flop und die Banken haben sich reihum aus ihren teuren Projekten für E- und M-Brokering zurückgezogen.
Die Java-Spezialisten von Ergon bekamen dies mit dem plötzlichen Auslaufen von Projekten zu spüren. Nun versuchen die Zürcher Ihr Know-how im Bau von Java-Clients für allerlei mobile Geräte für die Märkte der «echten» Wirtschaft zu nutzen. Während im Consumer-Segment kein Markt für mobile Dienstleistungen absehbar ist, sieht es bei Anwendungen für die Geschäftswelt ganz anders aus.
Die Leute von Ergon haben sich – in Kontakt mit dem Dübendorfer Spezialisten für mobile Clients Rodata – den Markt der «Lastwägeler» ausgeguckt und eine vielversprechende Lösung für das Tracking von Waren und Fahrern/Lastwagen gebaut.

Tracking-Software in fünf Wochen gebaut

Die meisten Speditionsfirmen besitzen bereits eine Dispositions-Software, die es ihnen erlaubt, Warentransport und -lagerung, die Transportmittel und die Fahrer zu disponieren und zu verrechnen. Schwieriger wird es, so Ergon-Software-Ingenieur Joachim Buechse, wenn es darum geht, die Waren zu verfolgen, die Standorte der Lastwagen festzustellen und im Bedarfsfall neu zu disponieren. Solche Systeme, die oft auch mit GPS (Global Positioning System) arbeiten, leisten sich meist nur grosse Spediteure, weiss Buechse.
Also baute Ergon eine raffiniert-einfache Lösung für das Verfolgen von Lastwagen und Warenladungen. Die noch namenlose Tracking-Software arbeitet mit dem «normalen» GSM-Netz, denn die Telefonie-Carrier «wissen», wo sich ein Handy oder eben ein mobiles Gerät mit GSM- oder GPRS-Modul befindet.
Buechse ist nicht wenig stolz darauf, dass seine Firma die Lösung in nur fünf Wochen aufgrund des bestehenden Know-hows mit mobilen Java-Clients erarbeiten konnte. Doch er weiss auch, dass «die Herausforderung die Schnittstelle zu den bestehenden Dispositionslösungen» ist.

Lastwagenfahrer brauchen einfaches Interface

Die Software wird lokal oder auch zentral als «ASP»-Dienst (Application Service Providing) betrieben. Da Transportunternehmen oft mehrere Standorte haben, ist das Interface im normalen Internet-Browser ein Vorteil, sagt Buechse. Der Lastwagenfahrer selbst hat ein Mobilteil (zurzeit PalmOS oder Windows Pocket PC) mit Scanner und ev. Barcode-Drucker.
Der Disponent kann bei Anfragen («Wo ist die Ware?») oder neuen Transportaufträgen den Standort der einzelnen Fahrzeuge abfragen und einem bestimmten Fahrer neue Transportaufträge erteilen. Dieser kann den Auftrag annehmen (und «losfräsen») oder ablehnen (siehe Abb.). Ausserdem ist das Mobilteil zur Erfassung von Warenein- und -abgängen mit einem Barcode-Scanner ausgerüstet.

Ergon plant nicht, das Software-Paket selbst zu vertreiben. Vielmehr sucht man spezialisierte Software-Hersteller oder auch Telefonie-Dienstleister, die die Software als Service anbieten sollen. (hc)


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