CRM ist eine Haltung, kein Produkt

Beim CRM-Forum zeigte sich, dass der Trend im CRM weggeht von reinen IT-Lösungen hin zur Erkenntnis, dass Projekte nur durch Einbezug der Mitarbeiter und grundsätzliche Veränderungen in der ganzen Firmenphilosophie Erfolg haben.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/10

     

Vergangene Woche fand in Zürich zum dritten Mal das CRM-Forum statt. Was grosse CRM-Messen nicht schaffen, funktioniert hier offenbar: CRM auch in der Praxis, sprich Networking unter den ca. 200 Teilnehmern.
Die eher kleine B2B-Veranstaltung lebt von inhaltsreichen Vorträgen und intensiver Kontaktpflege unter den Teilnehmern während der Pausen. Produktstände sucht man vergebens, stattdessen stehen die Partner der Veranstaltung von Peoplesoft bis Critical Path während der Pausen an offenen Stehtischen zum informellen Gespräch bereit. Bei Häppchen und Kaffee werden Probleme besprochen und Kontakte geknüpft.
IT Reseller hat sich unters Volk gemischt und ein wenig umgehört, wohin die Entwicklung beim CRM verläuft. Unternehmensberater Peter Peterlechner hat bereits die vorhergehenden CRM-Foren besucht und beobachtet, wie sich die Bedürfnisse der CRM-Kunden im Laufe der vergangenen Jahre verschoben haben: «Vor zwei Jahren kamen hauptsächlich Leute, die explizit Produkte suchten und Know-how abholen wollten.
Sie wollten Projekte initialisieren oder ihre Strategien überprüfen.» Heute seien bereits 80% Lösungsanbieter. «Es setzt sich immer mehr der Gedanke durch, dass CRM nur funktioniert, wenn die Mitarbeiter einbezogen werden. Manchmal fehlt dem Management diese Einsicht aber noch immer.» Peterlechner weiter: «Heute hat jedes grössere Unternehmen ein CRM implementiert oder ist dabei weit fortgeschritten. Der Knackpunkt liegt jetzt im Einbezug der Mitarbeiter.»

Scheibchenweise Umsetzung statt Grossprojekt

Auch Jürg Kuster und Duri Campell von der Consulting-Gruppe Zürich (CGZ) sehen den Trend klar: «Es geht immer weiter weg von Insellösungen mit Techno-Fokus. Der Mitarbeiter wird das wahre Interface zum Kunden. Das ist natürlich schwierig, wenn ihm die Kompetenzen fehlen.» Dazu komme, dass für den Kunden alle Unternehmensteile gleich präsent seien. Der habe kein Verständnis dafür, dass man sein Problem nicht lösen könne, weil etwa ein Teil des Unternehmens in Irland sitze.
Die beiden Berater erleben bei ihren Kunden immer mehr Ernüchterung: «Die Leute fragen sich, warum so viele CRM-Projekte scheitern.» Campell sieht besondere Bedeutung in der Lernkurve: «Zuerst hat man ohnehin nur eine grobe Sicht der Dinge. Darum ist es sinnvoll, Step by Step erfolgreiche Einzelprojekte umzusetzen. Es macht keinen Sinn, stur auf der ursprünglichen Strategie zu beharren.»
Jürg Bühler, Schweizer Country Manager von Teradata, einer Division von NCR, sieht ebenfalls eine klare Tendenz zum scheibchenweisen Umsetzen grosser Projekte. Das macht auch Sinn: «Auf die Art haben Sie ständig Erfolge vorzuweisen. Ausserdem kann man heute kein Projekt mehr strikt ein Jahr im Voraus planen und dann stur durchziehen. Die Welt ist bis dahin eine ganz andere.»
Man könne lediglich sinnvolle Teilprojekte über drei oder maximal vier Monate auf einmal machen: «Alles, was länger dauert, wird schnell ein Misserfolg.» Ausserdem würden heute nur noch Projekte durchgeführt, die einen klaren Nutzen vorweisen, die anderen fallen den Budgetkürzungen zum Opfer. Die Hauptziele fasst er kurz: «Kosten runter, Nutzen rauf. Daneben gibt es natürlich auch noch kleine Optimierungsgeschichten.»

Nur was sich rechnet, setzt sich durch

Auch Dirk Olufs sieht die Entwicklung eher trocken: «Allgemein kann festgestellt werden, dass IT-Budgets gesenkt werden. Reine Buzz-Word-Projekte, die nicht gründlich überlegt waren, haben jetzt ein Problem.» Luftblasen-Projekte würden überprüft. Es könne sich nur durchsetzen, was sich klar rechne.
Er glaubt, dass künftig viele Produkte vom Markt verschwinden: «Viele Firmen haben kein finanzielles Polster im Rücken. Wenn dann mal ein halbes Jahr kein Auftrag kommt, überstehen sie das nicht.» Aus IT-Sicht seien CRM-Projekte aber noch immer geldsparend.
Matthias Wind, Key Account Manager bei Avaya, sieht vor allem bei Grossunternehmen im Telco- und Pharmabereich noch Marktpotential, vor allem für Call Center. Speziell für die Schweiz sieht er als Trend, dass das E-Mail-Management immer zentraler werde. Prinzipiell aber sei der Markt in einer klaren Konsolidierungsphase: «Der Hype ist vorbei.» Bei den Produkten gebe es nichts Neues, die Kunden seien jetzt damit beschäftigt, bestehende Umgebungen zu optimieren. «Es gibt die Tendenz, mehr aus einer Hand zu kaufen als früher.» (ava)


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