Brandrisiko durch Lithiumbatterien
Quelle: zVg

Brandrisiko durch Lithiumbatterien

In den letzten Jahren ist die Sensibilisierung gegenüber dem Thema Brandrisiken im Umgang mit Lithiumbatterien bei allen Betroffenen gestiegen. Flora Conte und Rolf Widmer, Mitglieder der Technischen Kommissionen bei Sens respektive Swico, beantworten Fragen, die auch für Reseller relevant sind

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/06

     

Im Fachbericht, den Swico, SLRS und Sens jedes Jahr herausgeben, werden diverse Themen rund ums Recycling thematisiert. Rolf Widmer und Flora Conte, beide Mitglieder der Technischen Kommissionen bei Swico beziehungsweise Sens, beantworten darin die wichtigsten Fragen zum Umgang mit Lithiumbatterien. Wir haben für Reseller die wichtigsten Informationen gesammelt.


Gibt es verschiedene Lithiumbatterien?
Technisch werden Lithium-Ionen-Batterien (LiB) von Lithium-Metall-Batterien unterschieden. LiB sind ausschliesslich wieder aufladbar, zum Beispiel in Smartphones, Mährobotern oder E-Bikes, Lithium-Metall-Batterien hingegen sind ausschliesslich Einweg-Batterien, zum Beispiel als Knopfzellen.

Wieso besteht im Umgang mit Alt-LiB eine erhöhte Brandgefahr?
Sie enthalten einerseits oft eine beträchtliche Restladung (also Zündenergie), und andererseits einen leicht entzündlichen, flüssigen Elektrolyten oder brennbares metallisches Li. Diese Kombination kann bei unsachgemässer Behandlung zu einer Selbstentzündung führen, aber auch schon die unter Umständen austretenden Flüssigkeiten sind nicht ungefährlich. Das in Li-Metall-Batterien enthaltene Lithium ist hochreaktiv. Dessen Kontakt mit Wasser führt unter anderem zur Bildung von Wasserstoff (H2) und kann so Knallgasexplosionen auslösen.

Welche Hauptrisikofaktoren müssen beim Umgang mit Alt-LiB beachtet werden?
• Eigenschaften der LiB: Das Brandrisiko hängt bei LiB vom Zustand (intakt oder defekt), vom Schutz (lose oder eingebaut), von der Kapazität (in Watt- oder Amperestunden) und vom Li-Metall-Gehalt (in Gramm) ab. Je besser geschützt (eingebaut), unversehrter und kleiner die LiB, desto kleiner ist das Brandrisiko.
• Mechanische Einwirkung: LiB sind druck­empfindlich und sollten deshalb nie, auch nicht in einem Elektroaltgerät (EAG) eingebaut, als Schüttgut gelagert und transportiert werden. Geeigneter sind die von Sens und Swico empfohlenen Kleingebinde beziehungsweise für lose LiB die Inobat-Fässer.
• Witterung: Hitze, zum Beispiel durch Sonnen­einstrahlung kann bei LiB zum Austreten brennbarer Gase, Zellenbrand bis zu einem «thermischen Durchgehen» führen. Li-Metall-Batterien reagieren zudem beim Kontakt mit Wasser. Aus diesen Gründen ist der Witterungsschutz von LiB sehr wichtig.
• Kurzschlüsse:
Bei einer Lagerung in Stahlfässern vermeiden die Plastik-Inliner Kurzschlüsse mit dem Fass. Kurzschlüsse müssen auch zwischen den LiB vermieden werden.


Wie erkennt man brandverdächtige LiB?
An der Verformung des Gehäuses («aufgeblähte» LiB), am Austritt von Flüssigkeit (Lösungsmittelgeruch) und an Temperaturerhöhung.
Was tun, wenn verdächtige Alt-LiB vorkommen?
Verdächtige LIB müssen in geschlossenen Gebinden isoliert und witterungsgeschützt gelagert ­werden, möglichst entfernt von brennbaren Stoffen und Notausgängen. Im Idealfall sollten verdächtige LiB vor Ort vollständig entladen werden. Inobat bietet bei verdächtigen defekten LiB eine Notfallnummer an und holt bei Bedarf ­gefährliche LiB ab.

Wie kann man sich gesamthaft vor LiB-Bränden schützen?
Betrieben, die mit potenziell defekten LiB oder LiB-haltigen-EAG häufig in Kontakt sind, wird empfohlen, mit Experten und Expertinnen ein ­Lager-, Sicherheits- und Notfallkonzept zu entwickeln und umzusetzen. Zudem helfen Technologien wie Brandmelder oder Wärmebildkameras.


Falls es brennt: Worauf achten, bis die Feuerwehr da ist?
Im Brandfall ist die korrekte Umsetzung des ­Notfallkonzepts relevant. Falls darin so vorgesehen, sollten brennende LiB oder LiB-haltige EAG freigestellt und isoliert werden. Zu beachten ist, dass LiB mit beträchtlicher Zeitverzögerung und Pausen brennen können. Nebst dem Rauch im Brandfall ist auch der verdunstende oder verdampfende Elektrolyt (weisser Dampf) aus überhitzten, nicht brennenden LiB gefährlich. Es ist grosse Vorsicht geboten, da dieser Stoffe enthält, die für Mensch und Umwelt giftig sind, unter anderem kann sich Flusssäure bilden.

Worin lagert man lose LiB?
Es wird empfohlen, Inobat-Stahlfässer mit mit­gelieferten Plastik-Inliner und Vermiculit zu ­verwenden. Das Vermiculit ermöglicht Brandschutz, Wärmedämmung, Abstand zwischen den LiB, vermeidet so Kurzschlüsse und sorgt für mehr Stabilität beim Transport. Wenn möglich: Vor der Lagerung ungeschützte Pole der LiB ­isolieren, also zum Beispiel abkleben. Der ­Deckel des Fasses sollte immer mit dem Spannring geschlossen sein und Fässer dürfen nicht ­gestapelt werden.

Der Artikel ist ein Auszug aus dem Fachbericht 2021, herausgegeben von Swico/Sens/SLRS. Er ersetzt die Beratung durch Sicherheitsexperten nicht.
Über Swico
Swico ist der Wirtschaftsverband der ICT- und Online-Branche. Er vertritt die Interessen von etablierten Unternehmen und Start-ups in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Seine über 650 Mitglieder mit ca. 56’000 Mitarbeitenden erwirtschaften jährlich einen Umsatz von 40 Milliarden Franken, ­insbesondere im Bereich Hardware, Software, Hosting, IT-Services, Consulting, Digital­marketing und
-kommunikation. Weitere Infos: www.swico.ch


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