«Swiss IT Reseller»: Sie verantworten seit ziemlich genau einem Jahr den Schweizer Channel von Fujitsu. Worauf haben Sie Ihren Fokus in dieser Zeit gelegt?Tim Deutschmann: Den Fokus habe ich in den ersten Monaten darauf gelegt, das Unternehmen kennenzulernen und zu verstehen, wie es tickt. Ich wollte lernen, was wir gut machen und was vielleicht weniger gut, um so herauszufinden, wo wir ansetzen können. Aus diesem Grund habe ich nach drei Monaten auch erste Partner-Summits in allen drei Sprachregionen angesetzt, um direktes Feedback aus dem Channel zu sammeln. Ich wollte verstehen, wie unsere Partner uns empfinden, wo sie die Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit uns sehen und wo ein gemeinsames Fundament liegt, auf dessen Basis man sich gemeinsam weiterentwickeln kann.
Und welches Feedback haben Sie erhalten?Das Feedback deckte sich mehrheitlich mit meiner eigenen Wahrnehmung der ersten Monate bei Fujitsu: Fujitsu ist da, wir sind solide und haben eine Relevanz im Markt. Doch viele wissen nicht genau, wie heute unser Profil ist, wo unsere besonderen Stärken liegen und auf welche Bereiche wir fokussieren. Ich habe also in den ersten sechs Monaten herausgearbeitet, wo wir stehen, was wir haben und wo wir hinwollen. Diese Bestandsaufnahme war Basis einerseits für Massnahmen, die wir zeitnah umsetzen konnten – eine neue Regionalaufteilung und kleinere Anpassungen in der Teamstruktur. Andererseits aber auch für die Themen, die wir nachhaltig auf die Strasse bringen werden. Das ist auch meine Botschaft an die Partner nach meinem ersten Jahr bei Fujitsu: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und fokussieren nun auf Themen für die Zukunft. Dazu gehört vor allem, wie wir gemeinsam mit Partnern weiter wachsen können.
Und wie empfinden Sie die Partnerlandschaft von Fujitsu? Vielleicht etwas eingeschlafen?Wir haben langjährige und treue Partner, die ihre Geschäfte sehr gut im Griff haben. Nötig ist, dass wir uns gemeinschaftlich entwickeln und Themen wie die digitale Transformation, Digitalisierung und New Work adressieren, die unsere Endkunden beschäftigen. Damit das gelingt, braucht es nebst einer gemeinschaftlichen Adressierung dieser Themen auch einen Know-how-Transfer. Wir müssen herausfinden, welche Partner welche Themen positionieren und wie wir sie dabei unterstützen können. Dazu müssen wir den Partnern noch stärker vermitteln, wie unsere Ökosystemplattform funktioniert, wen wir alles an Bord haben und was wir alles können. Oft wird Fujitsu im gleichen Atemzug genannt wie die grossen Client-Hersteller Lenovo, HP oder Dell. Doch Fujitsu kann viel, viel mehr. Was das alles ist, müssen wir in Zukunft besser vermitteln. Das ist etwas verloren gegangen, da waren wir in den letzten Jahren etwas zu zurückhaltend.
Was kann Fujitsu denn nebst Hardware seinen Partnern und Endkunden alles bieten?Fujitsu ist stark auf der Beratungsseite und nicht umsonst aufgeteilt in das Plattform-Business auf der einen und das Service-Business auf der anderen Seite. Wir beschäftigen komplette Service-Abteilungen, die eng vernetzt sind mit der Produktseite und die bei der Implementation unterstützen und Consulting in sämtlichen relevanten Themen leisten können: angefangen bei der Ablösung von Legacy-Systemen über Everything as a Service bis hin zu Nachhaltigkeitsthemen. Das müssen wir unseren Partnern gegenüber intensiver kommunizieren und sie auch dadurch an Bord holen.
Über Services, Consulting und zukunftsgerichtete Themen zu sprechen ist das eine. Letztlich macht der Channel die Umsätze doch aber vor allem mit klassischer Fujitsu-Hardware – mit Storage- und Server-Produkten und mit Clients. Oder sehe ich das falsch?Nein, das ist richtig. Über 80 Prozent unseres produktbezogenen Geschäfts machen wir über den Channel. Mir ist aber wichtig, dass unsere Partner erkennen, welchen Mehrwert und welches Know-how wir bieten, das Channel-Partner in ihrem Sinne für ihre Kunden nutzen können. Fakt ist: Es herrscht auf Kundenseite eine enorme Unsicherheit. Studien haben gezeigt, dass die Hälfte der Endkunden entweder keinen Zugang zum Thema digitale Transformation – und den Auswirkungen davon – hat oder sie nicht wissen, was die Digitalisierung für sie bedeutet und wie sie das Thema angehen sollen. Da müssen wir zusammen mit unseren Partnern ansetzen und es schaffen, unsere Endkunden abzuholen, ihre Herausforderungen zu verstehen und die Themen gemeinsam zu entwickeln. Denn die reine Hardware verliert an Bedeutung, sie ist austauschbar. Viel wichtiger ist, wie Produkte in ein Ökosystem eingebettet sind, das von Kunden als Lösungsansatz wahrgenommen wird.
Sind denn die Partner überhaupt bereit für diese neuen Themen, oder zumindest bereit, sich darauf einzulassen?Nicht alle. Aus diesem Grund fordern wir unsere Partner auch auf, sich zu überlegen, wie ihr Business Case nicht heute, sondern in drei oder fünf Jahren ausschauen kann. Die Partner müssen bereit sein, sich für die Zukunft fit zu machen. Und wir werden sie dabei beraten und unterstützen.
Das setzt aber die Bereitschaft der Partner voraus, die Reise überhaupt antreten zu wollen. Ob diese Bereitschaft überall vorhanden ist, daran wage ich zu zweifeln. Diese Bereitschaft ist noch nicht überall vorhanden, das stimmt. Es gibt nach wie vor Partner, die ein sehr traditionelles Geschäftsmodell fahren. Oft sind diese Partner regional auch sehr gut eingebettet. Sie betreuen lokale Kunden, die IT benötigen, die funktioniert. Und das ist auch okay so. Wenn das für diese Partner stimmt, stimmt das auch für uns. Wir bestehen nicht darauf, dass Partner ihr Geschäftsmodell überdenken. Wichtig ist mir, die Partner herauszufiltern, die sich verändern und mit der Zeit gehen wollen. Insbesondere mit diesen möchten wir einen intensiven Dialog führen.
Und wo bekunden die veränderungswilligen Partner die grössten Schwierigkeiten?In der Transition, in der Loslösung von alten Geschäftsmodellen, um sich Neuem zu widmen. Ich verstehe das, denn mit Veränderung ist immer auch ein Risiko verbunden. Wenn wir uns die letzten Jahre anschauen, konnten wir eine ziemlich dramatische Konsolidierungswelle in der Schweizer Partnerlandschaft beobachten. Nimmt man dann noch ein Unternehmen wie Digitec dazu, das einen hervorragenden Job macht und das als B2B-Lieferant – im rein transaktionellen Geschäft – förmlich explodiert ist, dann zeigt das, dass es für das Gros der Partner ohne Veränderung zunehmend schwieriger wird. Solche Entwicklungen müssten die Partner zumindest dazu bringen, über ihre Zukunft nachzudenken. Denn Fakt ist: Mit dem rein transaktionellen Hardware-Geschäft bestehen zu wollen, wird in Zukunft enorm schwierig sein. Viel spannender ist es doch, wenn ich mich als IT-Dienstleister mit meinem Kunden vernetzen und ihn in seinen Digitalisierungsbemühungen unterstützen kann – nachhaltig und langfristig.