Infoniqa will sich breiter aufstellen
Quelle: zVg

Infoniqa will sich breiter aufstellen

Mit dem Kauf von Sage Schweiz und Run my Accounts will sich Infoniqa breiter aufstellen, sieht das ­Unternehmen doch etwa in den Bereichen ERP und Finance grosses Potenzial und will seine Lösungen um Service-Komponenten erweitern. Bei der Erreichung dieser Ziele spielen die Partner eine wichtige Rolle.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/03

     

Mit dem Kauf von Sage Schweiz im Frühjahr 2021 und der Übernahme von Run my Accounts gegen Ende des letzten Jahres hat Infoniqa einen weiteren Schritt in Richtung vollintegrierter Anbieter Cloud-basierter Business-Software und -Services getan. «Swiss IT Reseller» hat mit Infoniqa-CEO Léon Vergnes, Thomas Hersche, Geschäftsführer von Infoniqa Switzerland Software and Services, sowie Run-my-­Accounts-Geschäftsführer Thomas Brändle über die weitere Strategie sowie die Pläne in der Schweiz und die Wachstumsziele der Gruppe hierzulande gesprochen.


«Swiss IT Reseller»: Was macht den Schweizer Markt so interessant für Infoniqa, dass man hier so stark ­investiert?
Léon Vergnes:
Infoniqa ist auf den KMU-Markt fokussiert und einer der führenden Provider von Human-Capital-­Management (HCM)- und Business-Process-Lösungen. Unser Ziel ist es nun, uns breiter als Anbieter von HCM, Lohnabrechnung und Zeiterfassung aufzustellen. Denn gerade der HCM-Services-Markt in der DACH-Region und der Schweizer ERP-Markt zeigen ein gesundes Wachstum. Getrieben wird dieses Wachstum von der Professionalisierung in HCM und Finance sowie vom Technologiewechsel von On-Premises zu SaaS. Ausserdem herrscht ein Fachkräftemangel in DACH und für unsere Kunden ist es sehr schwierig, Experten für Lohnabrechnung oder Buchhaltung zu finden. Gleichzeitig werden Lohnabrechnung, Finance und Rechnungswesen immer stärker integriert. Software und Services wachsen zusammen zu Geschäftsprozessen, die man aus der Cloud bezieht. Deshalb sehen wir in diesem Markt viel Potenzial. Mit dem Kauf der ehemaligen Sage Schweiz haben wir die Möglichkeit erhalten, in diesen Finance- und ERP-Markt für KMU einzusteigen. Zudem erweitern wir damit auch den Markt, den wir mit unseren Lösungen adressieren können. Was wir mit diesem Deal aber noch nicht abdecken konnten, war die Tatsache, dass Software und Services immer mehr zusammenrücken. Und deshalb haben wir im Dezember 2021 Run my Accounts übernommen. Damit können wir unserer Software die Service-Komponenten hinzufügen, den Treuhand-Markt und den wachsenden Outsourcing-Markt bedienen.
Wie geht es jetzt weiter mit Infoniqa Switzerland? Wie sieht die weitere Wachstumsstrategie aus?
Léon Vergnes:
Was wir anstreben, ist eine modulare, komplett SaaS-basierte Software- und Service-Plattform für Buchhaltung, Personalabrechnung, ERP und HCM. Wir wollen in der DACH-Region der grösste integrierte Provider werden. Die Lösung soll für unsere KMU-Kunden und Treuhänder dank höchster Skalierung und Automatisierung sehr kosteneffizient sein, die Administrationskosten reduzieren und gleichzeitig sehr verlässlich sein, da sie auf bewährter Software basiert.
Thomas Hersche: Unsere Strategie beinhaltet drei Initiativen, die wir in Angriff nehmen. Das erste Thema, das wir im Fokus haben, ist die Kundenzufriedenheit. Denn der Kunde ist der wichtigste Partner, das wichtigste ­Asset. Viele unserer Kunden haben eine hohe Zufriedenheit. Man kann sich aber immer noch steigern. So investieren wir etwa in den Customer Support und sind daran, Prozesse zu vereinfachen und zu verschlanken, sodass unsere Kunden einfach und besser mit uns zusammenarbeiten können. Das zweite Fokusthema ist Innovation. Wir wollen Innovation in Richtung SaaS vorwärtstreiben, indem wir kleine Schritte machen. Wir haben 21’000 Kunden und wenn wir da einfach eine neue Lösung hinstellten, hätten wir sehr viele unzufriedene Kunden, weil sie alle von A nach B gehen müssten. Deshalb haben wir uns entschieden, den Wandel schrittweise anzugehen. Wir starten mit HCM für Sage 200 Extra, das wir von Infoniqa nehmen, das bereits Saas-fertig ist und das wir nun integrieren. Zudem nutzen wir Synergien mit Run my Accounts für den dritten Fokus und bauen für unsere Treuhänder ein KI-gestütztes Add-on zu Sage 50 Extra, mit dem sie die Buchhaltung ihrer Mandanten komplett automatisieren und sich wieder auf ihr Kernbusiness konzentrieren können. So realisieren wir ein schrittweises Verfügbarmachen der Cloud für die Kunden und sorgen nach und nach für eine Erweiterung hin zur Verschmelzung von Software und Services oder wie wir es nennen Business Process as a Service.
Thomas Brändle: Business Process as a Service ist das Thema von Run my Accounts. Ich habe diese Firma mit dem Gedanken gegründet, Unternehmer mit einem Service von der Buchhaltung zu entlasten und die Buchhaltung sowie die zugrunde liegenden Prozesse zu digitalisieren. Und als dann Infoniqa auf mich zugekommen ist, habe ich das als riesige Chance angesehen, weil Infoniqa in Deutschland und Österreich für den Personalprozess ein sehr ähnliches Geschäftsmodell betreibt wie wir es in der Schweiz für die Buchhaltung machen. Zudem reizte die Möglichkeit, durch die Sage-­Schweiz-Übernahme, unsere Dienste auf ein viel breiteres Publikum ausdehnen zu können. Die Idee ist jetzt, dass wir es schweizerischen KMU und insbesondere Treuhändern ermöglichen möchten, mit Hilfe unserer Dienste sehr viel effizienter und aktueller zu arbeiten und ihren Kunden eine digitale Schnittstelle anbieten zu können, um so von einem abgerundeten Software- und Services-Angebot zu profitieren. Wir bilden hier mit unserer Web-basierten Software eine Brücke zwischen Kunde und Treuhänder. Wir bauen aktuell über eine REST-API-Schnittstelle ein Add-on zu Sage 50 Extra. Treuhänder können Belege, die der Kunde hochlädt, KI-gestützt verarbeiten, sich mit dem Kunden austauschen, Abklärungen treffen und schliesslich direkt in der für ihn gewohnten Umgebung einbuchen. So sollen all diese repetitiven Arbeiten, die in der Buchhaltung anfallen, möglichst automatisiert werden. Der Treuhänder kann sich weiterhin in seiner gewohnten Umgebung von Sage 50 Extra bewegen und wir schaffen eine Brücke zu weiteren Dienstleistungen und Tools, mit denen sich der Treuhänder sehr viel einfacher in die digitale Welt transferieren kann.
Was bedeuten die Zukäufe für die bestehenden Infoniqa-Partner, aber auch für die bisherigen Partner von Sage Schweiz und Run my Accounts?
Thomas Hersche:
Wir waren uns von Anfang an einig, dass wir die Partner unbedingt brauchen. Partner sind ein strategischer Bestandteil und bleiben das auch. Ab April 2021 gab es immer wieder Meetings mit dem Partnerbeirat und mit den Partnern selber, wobei wir immer versucht haben, Leute von Infoniqa hinzuzuziehen. So wollten wir den Partnern vermitteln, dass sie auch für Infoniqa wichtig sind. Ich glaube, dass diese Message dazu geführt hat, dass wir keine Kündigungen hatten von Partnern und dass wir ein erhöhtes Interesse an Infoniqa im Partnerkanal spüren. Zudem gibt es für die Partner spannende Möglichkeiten, entstehen doch etwa neue Verkaufschancen, was natürlich auch finanziell interessant ist. Die Partner wollen mit dabei sein, das Thema HCM interessiert sie. Momentan klären wir das Wie, Wann und Wer bezüglich des Vertriebs von HCM, damit alles sauber funktioniert. Denn HCM ist ein relativ komplexes Gebiet. Da braucht es Partner, die damit zurechtkommen.


Wenn Sie sagen, HCM ist ein komplexes Thema: Gab oder gibt es auch Partner, die die Erweiterungen, diesen Ausbau des Angebots nicht wollen? Hat sich die Partnerbasis wirklich nicht verändert?
Thomas Hersche:
Die Partnerbasis hat sich nicht verändert, weil wir unser Angebot noch genau gleich verkaufen. Der Partner muss nicht, er darf. Unser bisheriges Angebot steht den Partnern weiterhin zur Verfügung, genauso wie die Kunden auch nicht einfach von heute auf morgen mit etwas beglückt werden, egal ob sie das wollen oder nicht. Das war noch nie unsere Philosophie. Wir haben das typische KMU als Kunde. KMU wissen sehr genau, was sie wollen und was nicht. Und darum sind wir da sehr klar: Wenn du das willst, kannst du es gerne haben. Wenn du es nicht willst, dann musst du es nicht nehmen. Aber natürlich versuchen wir, dem Markt und den Kunden die Vorteile, die wir nun bieten, klarzumachen. Denn wir sind davon überzeugt, dass sowohl Run my Accounts als auch das HCM-Thema für unsere Kunden interessant sind.
Thomas Brändle: Wir bei Run my Accounts haben kein so starkes Partnerökosystem wie es Infoniqa Switzerland hat. Unsere Partner, die bereits Schnittstellen zu uns gebaut haben, können sehr stark von dieser Zusammenarbeit profitieren, weil sich das Ökosystem in Richtung der Infoniqa-Produkte erweitert. Je grösser ein Ökosystem wird, umso interessanter wird es für die Partner, sich darin zu bewegen.

Der Produktname Sage wird per Ende April verschwinden, ein ­solcher Namenswechsel bei bekannten Produkten ist immer ein Risiko, gerade weil ja Sage als Brand hierzulande bekannter ist als Infoniqa. Was steckt hinter dem Rebranding von Sage Start, 50 Extra und 200 Extra?
Thomas Hersche:
Das Wichtigste vorweg: Wir werden in die Produkte investieren und sie weitertreiben. Die Produktebezeichnungen Start, 50 und 200 bleiben. Was wir verändern, ist die Firma, die davor steht. Wir ergänzen sie mit Infoniqa One. One steht für die Philosophie, dass man bei uns alles aus einer Hand beziehen kann. Deshalb werden die Produkte ab April Infoniqa One Start, Infoniqa One 50 und Infoniqa One 200 heissen.


Sage Schweiz wird komplett integriert und verschwindet. Was ist denn mit Run my Accounts geplant? Wird dieser Brand ebenfalls verschwinden?
Thomas Brändle:
Der Plan ist, dass Run my Accounts als eigenständiger Brand weiterhin auf dem Markt auftreten wird. Wir bleiben auch als Unternehmen bestehen. Ich bleibe Geschäftsführer von Run my Accounts und auch unser Firmensitz bleibt in Stäfa, es gibt also auch keine örtliche Zusammenlegung. Wir sind als Run my Accounts einfach Teil der Infoniqa-Gruppe und versuchen dort, wo es Sinn ergibt, eine gewisse Integration zu machen. Es gibt viele Anknüpfungspunkte, wo wir Synergien nutzen und Know-how austauschen können. Hierzu haben wir bereits gewisse Workstreams definiert und setzen diese um.

Können Sie Beispiele von sinnvollen Synergien nennen?
Thomas Brändle:
Ein Beispiel ist etwa der Verkauf, wo man sicher Synergien nutzen kann, wenn man sich austauscht. Im Bereich der firmen­internen Finanzen gibt es ebenfalls ­Synergien, die man zwingend nutzen muss, etwa wenn man die Systeme ­zusammenführt, damit sie kompatibel sind. Dann können wir auch im ­Bereich der Entwicklung stark voneinander profitieren sowie beim Betrieb der IT, wo wir Erfahrungen austauschen ­können.

Wie sind die Kompetenzen geregelt mit Thomas Hersche als Geschäftsführer von Infoniqa Switzerland Software and Services und Thomas Brändle als Geschäftsführer von Run my Accounts? Wer hat das letzte Wort?
Thomas Brändle:
Thomas Hersche und ich sind die Verantwortlichen für unsere Firmen, die wir vertreten. Und Léon Vergnes ist unser Vorgesetzter.
Léon Vergnes: Für mich liegen die ­Zuständigkeit und die Verantwortung für das Schweizer Geschäft auf den Schultern von Thomas Brändle und Thomas Hersche. Sie sind nahe am Kunden, nahe am Markt und nahe an den Partnern.
Gleichzeitig haben sie den Support der Führungskräfte der Gruppe, die Expertise aus ihren ­verschiedenen Funktionen einbringen.
Thomas Brändle: Für uns als kleinere Firma hat es Vorteile, weil wir gewisse Risiken auch ausschalten können, wenn wir uns in einer grösseren Organisation einbetten, etwa wenn ein Mitarbeiter ausfällt. Davon profitieren wir, aber auch unsere Kunden.

Gleichzeitig birgt es aber auch die Gefahr, dass man, wenn man eine gewisse Grösse hat, etwas träge wird und nicht mehr ganz so frei ist in ­seinen Entscheidungen.
Thomas Brändle:
Das haben wir bis jetzt nicht gespürt. Die Kultur ist sehr offen und wir haben die Chance, auch von unserer Seite her etwas mitzu­prägen.
Léon Vergnes: Wenn man grösser und grösser wird, verliert man die Geschwindigkeit, das ist so. Die Frage ist daher, wie wir das Beste aus der Grösse des Unternehmens herausbekommen und die Agilität einer kleineren Orga­nisation nicht verlieren. Indem wir die Verantwortung lokal haben, sprich bei Thomas Hersche und Thomas Brändle, können wir vom Besten aus beiden Welten profitieren.


Infoniqa soll ein vollintegrierter Anbieter für Cloud-basierte Business-­Software und -Services werden. Dazu hat man in der Schweiz im letzten Jahr die beiden Übernahmen ­getätigt. Gibt es auf dem Weg zum genannten Ziel noch Lücken im Portfolio, die allenfalls durch weitere Akquisitionen geschlossen werden müssen? Stehen weitere Übernahmen an?
Léon Vergnes:
Sag niemals nie. Aber die Priorität liegt nun zuerst darauf, unser Profil in Deutschland und Österreich zu vervollständigen, sodass wir das ganze Portfolio von ERP, Payroll, Buchhaltung und HCM auch in diesen Regionen anbieten können. Wenn wir aber eine Möglichkeit sehen, unser Portfolio anzureichern, dann werden wir nicht zögern, das zu tun.

Und wie sieht es aus: Werden Sie die genannten 60 Millionen Euro Umsatz erreichen, die Sie mit der Übernahme von Sage Schweiz in Aussicht gestellt haben?
Léon Vergnes:
Wir sind zuversichtlich, dass wir dies erreichen.

Wenn wir uns in einem Jahr wieder unterhalten: Wo werden Infoniqa Switzerland Software and Services und Run my Accounts stehen?
Léon Vergnes:
Ich bin dann glücklich, wenn wir die Erwartungen des Marktes erfüllen können, wenn unsere Partner und Endkunden die Vorteile unserer Lösungen erkennen und diese nutzen, unsere Kunden zufrieden mit unseren Services sind und wir bezüglich Kundenzufriedenheit einen noch besseren Job machen und wenn wir Software und Services mit dem Add-on von Run my Accounts zusammenbringen. Wenn all das funktioniert, worüber wir ­gesprochen haben, dann bin ich sehr zufrieden.
Thomas Hersche: Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, dass das Thema Innovation zum Fliegen kommt, sowohl für Kunden und deren Mitarbeiter als auch für Partner und Treuhänder. Wir sind uns aber bewusst, dass wir nicht alles von heute auf morgen im Endstadium anbieten können. Vielmehr wird das ein Thema sein, in welches wir investieren müssen. Ich bin in sehr enger Verbindung mit Thomas Brändle bezüglich Zusammenarbeit mit Run my Accounts, ebenso im engen Austausch mit der Infoniqa Gruppe bezüglich HCM. Wir werden in einem Jahr nicht eine neue Strategie präsentieren. Was wichtig sein wird, ist: Haben wir Kunden gewonnen? Haben wir die Kunden zufrieden gemacht? Sind diese Kunden langfristig bei uns angebunden, weil sie das wollen? Und natürlich müssen wir den Umsatz erreichen. Das schaffen wir, wenn die Kunden zufrieden sind.
Thomas Brändle: Unser Weg ist klar. Auf der einen Seite möchten wir das bestehende Geschäft weiter ausbauen, auch über unser Partnernetzwerk. Wir sind momentan im Gespräch mit vielen weiteren Treuhändern, die unsere ­Plattform nutzen möchten. Ich glaube, dass wir hier einen ziemlichen Sprung machen werden in nächster Zeit. Auf der anderen Seite bin ich überzeugt, dass wir viele Treuhänder haben werden, die mit den bestehenden Infoniqa-Produkten arbeiten werden, indem sie unser Add-on, unser Service-Plugin nutzen werden. Seit Anfang Februar führen wir hierzu mit einem Treuhänder ein erstes Pilotprojekt durch. Das Produkt ist als Minimal Viable Product gestaltet und soweit bereit, dass man Buchungen von unserem Modul zu ­Infoniqa One 50 übertragen kann. Nach und nach soll es dann auf weitere ­Treuhänder ausgeweitet werden, bis wir dann Mitte des Jahres in der Lage sein sollten, in diesem Markt viele Treuhänder mit dieser Lösung glücklich zu machen. (abr)


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