Zusammenarbeit im Channel

Die Cloud und der ungebremste Trend zur Digitalisierung stellen die Partner der IT-Hersteller vor neue Herausforderungen, nimmt doch etwa die Komplexität der Aufgaben stetig zu. Ganze Projekte bei Kunden komplett allein zu stemmen, ist immer häufiger ein Kraftakt, der die Möglichkeiten der Partner übersteigt. Kollaborationen unter Partnern ein und desselben Herstellers können daher der Schlüssel zum Erfolg sein, lassen sich so doch ­Kapazitäten und Wissen bündeln. Doch wie häufig passieren solche Zusammenarbeiten tatsächlich, wie kommen sie zustande und wie stehen Hersteller diesen gegenüber? «Swiss IT Reseller» hat nachgefragt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/09

     

Die Zahl der Partner von Herstellern, die für Aufträge zeitlich begrenzt und zweckbedingt mit anderen Partnern zusammenarbeiten, nimmt angesichts der steigenden Komplexität, bedingt durch die Cloud und die Digitalisierung, verstärkt zu. Stephan Ludwig, Head of Product Sales bei Fujitsu Schweiz, erklärt dazu: «Für ein Digitalisierungsprojekt werden heute meistens verschiedene ICT-Spezialisten benötigt. Nur sehr wenige IT-Anbieter haben alle Kompetenzen selbst ‹on board›.»

Ähnlich klingt es von Seiten Vmware, wo man gerade in den Bereichen Applikations-Modernisierung und Multi-Cloud ein verändertes Anforderungsprofil an die Partner ortet. «Es sind nicht mehr nur die klassischen Professional-­Service- und Consulting-Leistungen gefragt, sondern immer mehr auch Unterstützung im Betrieb oder Managed Services», so Thomas Krieg, Regional Director Alps bei Vmware. Entsprechen viel Bedeutung misst Vmware der Zusammenarbeit zwischen Partnern bei. Denn: «Die zunehmende Komplexität der Lösungen bei unseren Kunden erfordert immer häufiger Spezialisten. Dies können nur sehr wenige Partner aus einer Hand anbieten. Daher haben wir letztes Jahr auch unser Partner-Programm in diese Richtung angepasst und fördern die Spezialisierungen und darauf aufbauend die überpartnerliche Zusammenarbeit in den verschiedenen Bereichen unseres Portfolios.»


Auch Marcel Hüls, Manager Channel Sales bei Netapp Schweiz, ist überzeugt: «Es wird in Zukunft immer mehr solcher Kooperationen geben, weil die Lösungen für hybride Multi-Cloud-Umgebungen immer umfangreicher werden.» Partner müssten heutzutage zwar eine eindeutige Positionierung haben, aber auch offener für Kooperationen im Tagesgeschäft sein. «Hier sehen wir im Channel eine klare Consulting-Aufgabe, sodass wir je nach Szenario auch diese Kooperationen anstossen können. Dafür sind wir laufend auf der Suche nach hochspezialisierten Partnern in unserem Ecosystem, so dass wir effizient koordinieren können. Ich bin davon überzeugt, dass wir vermehrt Dreiecksbeziehungen aus folgendem Konstrukt sehen werden: etablierter Partner, hochspezialisierter Partner (Boutique-Partner) und Netapp», so Hüls und ergänzt: «Dabei ist von Anfang an klar, dass keiner der Partner bei den anderen ‹wildert›, sondern man sich perfekt ergänzt. Ein Boutique-Partner will beispielsweise kein Reselling betreiben, sondern seine hochspezialisierten Dienstleistungen miteinbringen.»

«Alleine schon aufgrund der Breite und Tiefe von unserem Produkte- und Lösungs-Portfolio ist es fast nicht möglich, dass ein einzelner Partner Experte in allen Bereichen ist», weiss auch Thomas Winter, Partner Lead bei Microsoft Schweiz. Man spreche immer davon, dass sich Partner spezialisieren und fokussieren sollen. «Dann ist der nächste logische Schritt, dass man Kollaborationen zwischen Partnern fördert und schätzt», so Winter weiter. Er ist überzeugt, dass dank Kollaborationen kleine, sehr fokussierte Spezialistenpartner auch bei Grösstkunden Geschäfte machen, weil sie für das Rollout einen grossen Systemintegrator haben. «Zudem benötigen viele unserer ISV-Partner in der Schweiz Implementationspartner, weil sie häufig keine lokale Präsenz haben. Wir sehen also zwei Formen der Zusammenarbeit unter Partnern: Zwischen Service-Partnern und zwischen ISVs und Service-Partnern», so Winter. Und schliesslich sei man als Hersteller nur so in der Lage, gegenüber den Endkunden die Qualität halten zu können.
Auch Marcel Hüls, Manager Channel Sales bei Netapp Schweiz, ist überzeugt: «Es wird in Zukunft immer mehr solcher Kooperationen geben, weil die Lösungen für hybride Multi-Cloud-Umgebungen immer umfangreicher werden.» Partner müssten heutzutage zwar eine eindeutige Positionierung haben, aber auch offener für Kooperationen im Tagesgeschäft sein. «Hier sehen wir im Channel eine klare Consulting-Aufgabe, sodass wir je nach Szenario auch diese Kooperationen anstossen können. Dafür sind wir laufend auf der Suche nach hochspezialisierten Partnern in unserem Ecosystem, so dass wir effizient koordinieren können. Ich bin davon überzeugt, dass wir vermehrt Dreiecksbeziehungen aus folgendem Konstrukt sehen werden: etablierter Partner, hochspezialisierter Partner (Boutique-Partner) und Netapp», so Hüls und ergänzt: «Dabei ist von Anfang an klar, dass keiner der Partner bei den anderen ‹wildert›, sondern man sich perfekt ergänzt. Ein Boutique-Partner will beispielsweise kein Reselling betreiben, sondern seine hochspezialisierten Dienstleistungen miteinbringen.»


«Alleine schon aufgrund der Breite und Tiefe von unserem Produkte- und Lösungs-Portfolio ist es fast nicht möglich, dass ein einzelner Partner Experte in allen Bereichen ist», weiss auch Thomas Winter, Partner Lead bei Microsoft Schweiz. Man spreche immer davon, dass sich Partner spezialisieren und fokussieren sollen. «Dann ist der nächste logische Schritt, dass man Kollaborationen zwischen Partnern fördert und schätzt», so Winter weiter. Er ist überzeugt, dass dank Kollaborationen kleine, sehr fokussierte Spezialistenpartner auch bei Grösstkunden Geschäfte machen, weil sie für das Rollout einen grossen Systemintegrator haben. «Zudem benötigen viele unserer ISV-Partner in der Schweiz Implementationspartner, weil sie häufig keine lokale Präsenz haben. Wir sehen also zwei Formen der Zusammenarbeit unter Partnern: Zwischen Service-Partnern und zwischen ISVs und Service-Partnern», so Winter. Und schliesslich sei man als Hersteller nur so in der Lage, gegenüber den Endkunden die Qualität halten zu können.

Den passenden Partner finden

Bei der Suche nach einem passenden Partner für die Abwicklung von Projekten haben sich die Vmware-Partner bis vor kurzem selbst organisiert und über den Partner Locator Partner mit der nötigen Lösungskompetenz gesucht. «Seit dem Frühling 2021 bieten wir hierzu in unserem Partnerportal ein spezielles Tool an, welches die Partner mit der nötigen Lösungskompetenz aufzeigt und wir incentivieren diese Zusammenarbeit bei den komplexeren Lösungen», so Krieg. So will man die Zusammenarbeit zwischen den Partnern ­fördern. Krieg führt aus: «Kleinere Partner oder Partner, die selbst nicht über die nötige Lösungskompetenz verfügen, können damit weiterhin die Anforderungen der Kunden erfüllen. Sie verkaufen die Lösungen selbst und übergeben den ­Service an einen Partner mit der nötigen Lösungskompetenz. Vmware incentiviert den verkaufenden Partner für diese Zusammenarbeit. Wir als Hersteller können so sicherstellen, dass der Kunde einen Partner mit der nötigen Lösungskompetenz für die Installation und das Deployment an die Hand bekommt.»


Fujitsu setzte bei der Suche nach den passenden Partnern für Kollaborationsprojekte bislang auf das Tool Reseller Locator, welches nun aber aufgrund der Service-Vielfalt durch eine neue Ecosystem-Plattform abgelöst wurde. Damit will Fujitsu die Zusammenarbeit mit und zwischen Partnern unterstützen und beschleunigen. «Der Kunde findet hier sein lokal ansässiges Systemhaus mit dem jeweiligen Zertifizierungsstatus. Die Partner profitieren – durch grössere Reichweite, gemeinsame Projekt­realisierung oder durch die Entwicklung kundenspezifischer Lösungen», so Ludwig. Zudem biete man den Partnern Schulungen an und führe regelmässig Partnerveranstaltungen durch, wodurch die Partner seht gut untereinander vernetzt seien, was die Zusammenarbeit innerhalb des Channels zusätzlich erleichtere. Auch bei Microsoft kennen sich die Partner untereinander und sind im Gespräch, weiss Winter zu berichten. Daneben veranstaltet Microsoft aber auch einen monatlichen Partneraustausch, zudem organisiert das Unternehmen zu verschiedenen Produktbereichen regelmässig Partner-Roundtables. Partnern, die weitere Hilfe brauchen bei der Suche nach Unterstützung, helfen die Hersteller aber natürlich gerne. So heisst es etwa von Hüls von Netapp: «In der Regel sind solche Kooperationen über Jahre etabliert und eingespielt, das heisst, die Partner organisieren sich hier oftmals individuell. Wir helfen aber gerne dabei, Kooperationen zu ini­tiieren.» Und Winter von Microsoft ergänzt: «Unser Interesse ist ja am Schluss, dass der Kunde ein erfolg­reiches Projekt bekommt, denn jedes nicht erfolgreiche Projekte ist am Schluss auch ein Problem für uns. Wir haben durchaus auch ein Interesse, möglichst früh sicherzustellen, dass ­alles funktioniert.»

Pragmatismus vor Konkurrenzdenken

Ist also von Seiten der Hersteller die Unterstützung für solche Kollaborationen zwischen Partnern da, bleibt die Frage, wie beliebt solche ­Formen der Zusammenarbeit unter den Partnern selbst sind. Dazu meint Ludwig von Fujitsu: «‹Beliebt› ist im Business eine untergeordnete Kategorie. Der typische Channel-Partner ist pragmatisch und wird eher mit einem entsprechend spezialisierten Anbieter ein Projekt gemeinsam realisieren, als den Auftrag zu verlieren beziehungsweise gar nicht erst zu bekommen.» Und auch Hüls von Netapp spricht nicht von beliebt oder unbeliebt: «Vielmehr ist der jeweilige Zweck beziehungsweise die Anforderung auschlaggebend. Ein Partner wird sich immer die Kosten-Nutzen-Frage stellen: Macht es Sinn, allein das Projekt erfolgreich zu bearbeiten? Verfügen wir über alle geforderten Kompetenzen inhouse? Falls nein, rechnet es sich langfristig, diese aufzubauen, oder ist eine Kooperation ergiebiger, weil dieser Teilbereich für den jeweiligen Partner nicht strategisch sinnvoll in seinem Lösungsportfolio ist?» In dieselbe Kerbe schlägt Winter von Microsoft: «Jeder Partner muss sich selbst fragen, wo er selbst Kompetenzen aufbauen kann oder soll und ob er dafür die kritische Masse hat.» Vielmehr empfehle sich ein konstruktiver Umgang unter Partnern, «bei welchem man sich trotz Mitbewerbertum gegenseitig hilft», ist Winter überzeugt.

Konkurrenzdenken ist auch gemäss Ludwig von Fujitsu fehl am Platz, weil gerade komplexere Aufträge nur miteinander zu stemmen seien. «Je umfangreicher und spezialisierter die Projekte werden, desto mehr Notwenigkeit und Nachfrage gibt es nach solchen Kooperationen», so der Head of Product Sales. Und Hüls von Netapp ergänzt: «Selbstverständlich gibt es Konkurrenzdenken, doch wie heisst es so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft.» Und am Ende entscheide immer der Kunde, mit welchem Partner oder welcher Kooperationsgemeinschaft er zusammenarbeiten möchte.

Noch sind solche Kollaborationen unter Partnern zudem nicht die Regel. Hüls von Netapp ­berichtet, dass solche Kollaborationen zwischen Partnern immer wieder vorkommen – «ist aber sicher nicht auf täglicher Basis der Fall». Dabei komme es bei der Zusammenarbeit in erster Linie auf das Projekt und die Kundenanforderungen an und werde dann punktuell oder längerfristig umgesetzt. Und auch bei Vmware hält sich die Nachfrage nach Partner-Kollaborationen noch in Grenzen. Krieg begründet diesen Umstand allerdings nicht damit, dass das Interesse fehlt, sondern dass man eben erst mit dem Partner-to-Partner-Incentive gestartet ist. Denn: «Das Feedback bisher ist durchwegs positiv.» Und der Regional Director Alps ergänzt: «Aktuell sehen wir solche Kollaborationen vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen, wo die Anforderungen an die Partner immer höher werden und nur in der Zusammenarbeit der Partner alles abgedeckt werden kann.»


Bei Microsoft hat die Kollaboration unter Partnern in den letzten zwei Jahren zugenommen, so Winter. «Die Evolution der Plattformen in Richtung Cloud hat diese Form der Zusammenarbeit sicher gefördert und gefordert.» Die Cloud habe den Partnern gezeigt, dass man zusammen mehr machen könne, als wenn man sich gegenseitig bekämpfe. Das haben auch die Partner verstanden. «Man kann den Kuchen grösser machen, wenn man dem Kunden gemeinsam hilft, anstatt sich gegenseitig schlecht zu machen. Man redet sich nicht schlecht, um einen Deal zu gewinnen», so Winter.

Chancen und Risiken

Die Herausforderungen, die eine Kollaboration zwischen Partnern eines Herstellers mit sich bringen, sind mannigfaltig, unterscheiden sich gemäss Ludwig von Fujitsu aber nicht von den üblichen Herausforderungen, die sich ergeben, wenn sich neue Projekt-Teams bilden. «Alle müssen sich kennenlernen, sich aufeinander einstellen, sich auf gemeinsame Prozesse einigen und die Arbeitsteilung festlegen», so Ludwig. Auch Krieg von Vmware ist der Ansicht, dass es klare Regelungen braucht, welcher Partner was in die Zusammenarbeit miteinbringt: «Nur so kann gewährleistet werden, dass bei möglichen Problemen genaue Abgrenzungen in der Zusammenarbeit und die entsprechenden Verantwortlichkeiten definiert sind.» Denn, so ergänzt Winter von Microsoft: «Sobald mehrere Parteien involviert sind, kann es problematische und herausfordernde Situationen geben, nicht nur von Partner zu Partner, sondern auch von Partner zu Vendor. Wenn ein Projekt nicht gut rauskommt, gibt der Partner im schlimmsten Fall dem Produkt die Schuld und der Kunde dem Partner und dann dreht man sich im Kreis.»

Gelingt es den Partnern, diese Aspekte zu klären, dann bieten sich ihnen Chancen wie ein guter Projektabschluss, ein zufriedener Kunde sowie vielleicht eine gewinnbringende, zukünftige Zusammenarbeit zwischen den Partnern, so Ludwig von Fujitsu. Aber auch die Bündelung von Kompetenzen oder Know-how sowie optimale Lösungen und Dienstleistungspakete sind weitere Vorteile, die sich Hüls von Netapp zufolge durch die Zusammenarbeit ergeben. Die Risiken sind derweil eher unternehmerischer und geschäftlich-ethischer Natur. Dabei stellen sich gemäss Ludwig von Fujitsu Fragen nach der klaren und fairen Abgrenzung bei den Werteflüssen, nach rechtlichen Barrieren und Auflagen, der fairen Verteilung der Aufgaben sowie das Einhalten der gesetzten Regeln wie etwa keine Kundenakquise vor Ort und keine Abwerbung von Mitarbeitern. Es müsse allen Parteien klar sein, dass sie im Projekt Partner seien und keine Konkurrenten. Zudem betont Ludwig den Aspekt des Vertrauens und erhält dabei Unterstützung von Hüls von Netapp: «Die Risiken liegen auf der Hand, etwa dass ein Partner am Ende nur das eigene Interesse verfolgt und sich beim Kunden allein durchsetzen will. Hier spielt Vertrauen eine entscheidende Rolle.» Dieses dürfe in keiner Partnerschaft fehlen, ebenso wenig wie eine klare, transparente Kommunikation. Und: «Je nach Wichtigkeit des Projektes macht es nicht selten Sinn, wenn Konditionen, etwa Umfang, Ablauf und Verantwortlichkeiten, über gemeinsame Verträge eindeutig festgelegt sind. Damit schafft die schriftliche Vereinbarung bei auftretenden Problemen schnelle und eindeutige Klarheit.»


Des Weiteren darf nicht vergessen werden, dass die Projekte nicht nur technischer Natur sind, sondern auch Change-Management-Aspekte erfüllen, bringt Winter von Microsoft als weiteren Punkt ein: «Fühle ich mich wohl oder nicht in diesem Bereich? Will ich das aufbauen? Welche ist die Kapitalstruktur, die man anstrebt? Welche Wachstumsambitionen hat man? Diese Fragen definieren, wo man hingeht.» Gründe, die komplett gegen eine Zusammenarbeit zwischen Partnern sprechen, fallen dem Partner Lead derweil keine ein. «Was wir aber erleben, ist, dass Kunden kein Subcontracting oder Partnering erlauben.» Zu den Beweggründen dazu kann sich Winter nicht ­äussern, er betont aber: «Dies kann nach hinten losgehen, falls ein Partner dann über seine Kompetenzen hinaus mitbietet. Am Schluss hat der Kunde, ohne es zu wissen, einen Qualitätskompromiss gemacht.» (abr)


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