Telcos mit dem Rücken zur Wand


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/15

     

Soeben hat der schwer verschuldete, holländische Telecom-Konzern KPN einen Verlust von 1,04 Milliarden Euro für das erste Halbjahr 2001 bekannt gegeben. Im Vorjahressemester war das negative Resultat noch bei 19 Mio. Euro gelegen. Die Fusionsverhandlungen mit dem belgischen Telekomunternehmen Belgacom waren gescheitert und KPN musste eine Nettoverschuldung von 22,8 Milliarden Euro eingestehen. Nach der Veröffentlichung des Halbjahres-Ergebnisses brachen die KPN-Aktien um annähernd 16 Prozent ein und erreichten mit 2,62 Euro ein Allzeittief.

Hypothek UMTS

Die Verluste von KPN gehen auf die Akquisition des deutschen Mobilfunkanbieters E-Plus und auf die milliardenschwere Ersteigerung von UMTS-Lizenzen zurück. Es wird immer deutlicher, dass sich die Telekoms bei der Ersteigerung der UMTS-Lizenzen reichlich viel zugemutet haben. Für die Netze bezahlten sie europaweit insgesamt mehr als 125 Mrd. Euro – davon allein in Deutschland 50,8 Mrd. und 37,5 Mrd. in England. Das hat die einst gesunden Ex-Monopolisten schwer belastet.
Die Deutsche Telekom ist heute mit über 140 Prozent ihres Eigenkapitals verschuldet, British Telecom und Telecom Italia stehen mit je rund 110 Prozent ihres Eigenkapitals in der Kreide und bei France Telecom sind es um die 150 Prozent. Eine löbliche Ausnahme bildet die Swisscom: Bei ihr ist die Verschuldung sogar gesunken.
Der Aufbau der UMTS-Netze wird voraussichtlich gleich noch einmal so viel wie die Lizenzen kosten. Die Zinsbelastung dürfte die dafür notwendige Kapitalbeschaffung nicht gerade erleichtern. Die Kurse dürften sich in absehbarer Zeit kaum erholen. Dabei hatten die Regierungen seinerzeit die Privatisierung und die Vorteile der Einnahmen aus dem Verkauf der UMTS-Lizenzen unisono bejubelt und den Bürgern die Telekom-Aktien als «sichere» Volksaktien verkauft.

Wasser und Baustoffe statt UMTS

Heute ist die Stimmung für die Telekom-Branche jedenfalls ziemlich düster. Das zeigt sich in den Listen der wirtschaftlichen Schwergewichte, Stoxx 50 und Euro Stoxx 50. Darin aufgenommen werden Unternehmen, die zu den 40 Firmen mit der höchsten Marktkapitalisierung zählen.
Anfang September wurde im Euro Stoxx 50 KPN durch den Baustoffhersteller Saint-Gobain ersetzt.
Im Stoxx 50 Index musste der Telekomausrüster Marconi seinen Platz an Unilever abtreten und den Platz von France Telecom übernahm der Wasserversorger Suez. Dass die Telekom- und Technologiewerte durch «Old Economy»-Werte ersetzt wurden, verdanken sie den Kursverlusten. Seit Jahresanfang ist der Stoxx-Telekom-Index um 41 Prozent abgesackt, der Technologie-Index gar um 56 Prozent. (fis)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Aus welcher Stadt stammten die Bremer Stadtmusikanten?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER