Partner Relationship Management: Leads zum Abholen

Mit «Lyra», der ersten Eigenentwicklung, die der Rotkreuzer Value Added Distributor Infinigate auf den Markt bringt, könnte der geneigte Leser in doppelter Hinsicht zu tun haben: Als Reseller oder als «gemanageder» Partner.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/14

     

Leads sind wertvoll. Direkte Marketingmassnahmen bei Kunden, die schon ein gewisses Interesse an einem Produkt gezeigt haben, besitzen eine grössere Erfolgschance als ungezielte Methoden. Wenn ein Unternehmen indirekt verkauft, gibt es die Leads, an seine Channelpartner weiter – und weiss dann meistens nicht, was damit geschieht.
Die Erfahrung und Umfragen zeigen, meint man beim Rotkreuzer Value-Added-Disti Infinigate, dass 50 bis 70% der Leads von Channelpartnern nicht weiterverfolgt würden. Manchmal ist ein Lead ungeeignet ist für einen bestimmten Partner, manchmal fehlt aber auch die Kapazität oder der Wille, sich darum zu kümmern. Infinigate bringt nun ein Produkt auf den Markt, das diese Situation verbessern soll.
Zielkundschaft sind Hersteller oder Distis mit externen Partnern, aber auch Unternehmen mit indirekten Vertriebsstrukturen über interne Stellen, wie zum Beispiel Filialen.

Trotz ASP über den Channel

«Lyra», wie die Lösung sich nennt, vereinfacht das Leadmanagement vom Moment der Dateneingabe an. Sie automatisiert die Leadvergabe, sorgt für ein Feedback durch die Partner, und bietet ausserdem verschiedene Reporting-Funktionen, zum Beispiel über den Verkaufserfolg der Partner. Lyra wird im ASP-Modell vertrieben. Der Kunde und die über ihn angeschlossenen Partner benötigen lediglich einen Browser, um das System zu benutzen.
Lyra ist zu einem grossen Teil aus der Erfahrung von Infinigate im Umgang mit den eigenen Channel-Partnern entstanden, und wird von Infinigate auch selbst eingesetzt. Produktentwicklung erledigt allerdings Blue Roads, eine Infinigate-Tochter in den USA, welche die Lösung auch hostet. Dadurch sollen die Funktionen des Herstellers und des Distributors klar getrennt werden. Trotz ASP will der Distributor beim Vertrieb von Lyra dem indirekten Modell treu bleiben und Partner miteinbeziehen.
Wie das Channelmodell für Lyra allerdings konkret aussehen wird, steht noch nicht fest. «Da müssen wir auch erst unsere Erfahrungen sammeln», meint Patrick Charpilloz, der bei Infinigate als Leiter des neuen Unternehmensbereichs Channel Enabling Technologies (CET) für Lyra zuständig ist.

Selbstbedienung

Wie er erklärt, gibt es zwar Konkurrenzprodukte. Lyra aber gehe von einem ganz neuen Konzept aus. Die Leads werden den Partnern nicht einfach aufgedrückt, sie können sie sich selbst aus dem vorhandenen Pool aussuchen. Somit wird schon einmal ein Problem umgangen: Ein Partner, der sich einen Lead selbst aussucht, dürfte auch die Kapazität und die Motivation haben, die Spur wirklich zu verfolgen.
Kernstück des Ganzen ist die Liste der Leads (siehe Illustration). Einem Partner werden auf ihn zugeschnittene Zugangsberechtigungen erteilt, zum Beispiel nach Produkten oder Regionen, so dass er nur die für ihn passenden Leads einsehen kann. Hat er sich für einen Lead entschieden, klickt er ihn einfach an. Der Eintrag verschwindet von der Liste, und es werden drei E-Mails verschickt: eines an den Systemeigner, eines an den betreffenden Partner, mit allen nötigen Infos zum Kunden, und eines an diesen Kunden selbst. So wird der Kunde auf die Kontaktaufnahme durch einen Partner vorbereitet. Jeder Partner darf nur eine beschränkte Anzahl unbearbeiteter Leads auf seinem Konto haben.
Der Partner hat nun eine bestimmte, vom Systemeigner festlegbare Zeit zur Verfügung, innerhalb derer er eine Rückmeldung über das Ergebnis der Kontaktaufnahme machen muss. Ist das erledigt, werden wiederum E-Mails an alle drei Beteiligten verschickt, und der Lead belastet das Konto des Partners nicht mehr. Lässt er die Frist aber ungenützt verstreichen, erscheint der Lead wieder auf der ursprünglichen Liste, und kann von jemand anderem übernommen werden.

Gegen Schlaumeier
Bei der Konzeption von Lyra hat sich Infinigate einige Massnahmen einfallen lassen, die verhindern sollen, dass das System ausgetrickst wird. Die Informationen auf der Leadliste sind zum Beispiel bewusst so knapp gehalten, dass man allein damit kaum etwas anfangen kann, ohne den Lead «offiziell» zu übernehmen. Eine weitere Massnahme ist die Mails an die Kunden. Falls jemand einen Lead versanden lässt, merkt das eben nicht nur der Systemeigner sondern auch der betreffende Kunde.
Hier liegt sicher ein heikler Punkt des Systems: Kunden könnten sich durch die Mails belästigt, Partner unter Druck gesetzt und vor Kunden blossgestellt fühlen.
Lyra muss also nicht nur dem primären Anwender, sondern auch dessen Partnern schmackhaft gemacht werden.
Ein Pluspunkt für die Channelpartner dürfte es sein, dass die Verantwortung für die Leadauswahl in diesem System weitgehend bei ihnen selbst liegt. Es sollte keine ungerechten Bevorzugungen oder Doppelvergaben mehr geben, und man kann sich Leads aussuchen, die im Moment gerade am geeignesten sind, zum Beispiel weil man ein bestimmtes Produkt gerade auf Lager hat. (hjm)


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