«Partner werden nicht mehr mit Hardware reich»
Quelle: HP Schweiz

«Partner werden nicht mehr mit Hardware reich»

Was hat sich bei HP Schweiz seit der Trennung im vergangenen November verändert? Und womit kann der Channel heute noch Geld verdienen? «Swiss IT Reseller» hat bei Christian Rizzo, Country Manager Commercial Channel, nachgefragt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2016/04

     

Bereits seit 21 Jahren arbeitet Christian Rizzo für HP. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Urgestein beim PC-Hersteller. Viele Jahre verbrachte der heute 43-Jährige im Produkt-Marketing, später leitete er das Computing-Category-Team. Im Sommer 2012 hat Rizzo dann die Verantwortung für den Commercial Channel übernommen und seit April 2015 zeichnet er bei HP Schweiz als Country Manager für das Partnergeschäft im Commercial-Bereich verantwortlich.
Ereignisreiche Monate liegen hinter ihm. Zuerst der ganze Aufspaltungsprozess und mittlerweile auch schon das erste halbe Jahr von HP Schweiz als eigenständiges Unternehmen. Viel verändert haben soll sich aber nicht, weder bei HP, noch in seinem Team, noch für die vielen Schweizer HP-Partner, versichert Rizzo in einem exklusiven Gespräch mit «Swiss IT Reseller». Die Trennung ist ihm zufolge «erstaunlich locker» über die Bühne gegangen.
Nur ein paar Kleinigkeiten habe es gegeben, meint der Commercial-Channel-Chef. Anfangs November zum Beispiel, als das Login beim einen oder anderen Partner nicht mehr funktionierte, «aber ansonsten ist wirklich alles reibungslos abgelaufen». Entsprechend zeigt er sich zufrieden und lobt das grosse Team im Hintergrund, das dies ermöglicht und letztlich auch dafür gesorgt habe, dass man sich immer ganz auf das Tagesgeschäft habe konzentrieren können.

Gemeinsam organisierte Channel-Events bleiben

Die Trennung hat auch zu keinen Veränderungen in der Channel-Organisation von HP geführt. «Ich konnte mein Team 1:1 übernehmen und sogar noch ausbauen», erklärt Rizzo, der neu Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung ist. An Bord geholt hat er beispielsweise einen neuen Mitarbeiter, der sich rein auf das Thema Mobility konzentriert. So kümmern sich bei HP Schweiz heute insgesamt 19 Personen dediziert um den Schweizer Commercial Channel.
Oberste Priorität hatte für HP laut Rizzo zudem, dass durch den Split in Hewlett Packard Enterprise und HP Inc. für die Partner, insbesondere für solche beider Unternehmen, kein Mehraufwand entsteht. Dies sei im Vorfeld eine der grössten Befürchtungen gewesen.
Da es vorher schon so war, dass zwei getrennte Channel- und Sales-Organisationen existierten, gab es Rizzo zufolge keine zusätzlichen oder neuen Ansprechpartner. Eine andere Herausforderung waren die verschiedenen Channel-Events. «Gewisse Partner haben uns mitgeteilt, dass sie diese Veranstaltungen nach wie vor gerne zusammen hätten», erklärt Rizzo. Diesem Wunsch komme man natürlich nach und so habe man das Executive Kick-off im Januar in Interlaken bereits gemeinsam organisiert, was auch das Networking untereinander fördere. Weitere grosse Events wie das Partner-Forum Live@HP sollen diesem Beispiel folgen.
Anders sieht es auf Kundenseite aus. Nach der Aufspaltung des Unternehmens finden dieses Jahr anstelle der HP Invent nämlich zwei Anlässe statt: Der HP Solutions Day 2016 von HP Inc. sowie die Explore 2016 von Hewlett Packard Enterprise.



Konfliktpotential durch Onlinegeschäft und Parallelimporte

Wie eingangs erwähnt, konnten sich Rizzo und sein Team dank einer nahezu problemlosen Trennung voll und ganz dem Daily Business widmen, was sich positiv auf das Geschäft ausgewirkt haben soll. «Unsere Marktanteile haben sich sehr gut entwickelt, insbesondere wenn man das ganze 2015 betrachtet, das ein sehr schwieriges Jahr für die gesamte Schweizer Wirtschaft war.»
Im Channel konnte man laut Rizzo zum Teil Marktanteile ausbauen und man habe praktisch in allen Bereichen, in denen man momentan tätig sei, also sowohl im Computing als auch im Printing, nichts verloren, versichert er. «Natürlich ist der Druck der Konkurrenz extrem gross und das spüren wir. Das hat unter anderem einen Einfluss auf die Margensituation, und zwar nicht nur auf unserer, sondern auch auf Partnerseite.» Hier komme erschwerend hinzu, dass meist nicht nur ein oder zwei HP-Partner um ein Projekt kämpfen würden, sondern ganz viele. «Das ist auf der einen Seite unsere Stärke. Auf der anderen Seite erzeugt das aber natürlich einen zusätzlichen Druck», so Rizzo.
Diese Situation versucht man in diesem Jahr zu verbessern und arbeitet beispiels- weise an einer neuen Online-Strategie. Wie das neue Go-to-Market aussehen wird, will und kann Rizzo noch nicht bis ins letzte Detail erklären. Einfach macht man es sich aber sicher nicht, will man doch etwas finden, das am Ende allen passen wird, also den klassischen Resellern, wo man stark verankert ist, sowie den reinen Online-Händlern, wo das Geschäft boomt und man einen möglichst grossen Teil abholen will. Das sei vielleicht seine momentan grösste Herausforderung, meint Rizzo.

Wie der Commercial-Channel-Chef erläutert, versucht man das Geschäft mit spezifischen Programmen für traditionelle Reseller sowie spezifischen Produktselektionen zu trennen. So soll es für Projekt-Units, die eher im High-End-Segment angesiedelt sind, aktuell beispielsweise bereits weniger oder gar keine Promotionen geben und damit sichergestellt werden, dass der Partner nicht jedes Mal vom Endkunden auf Toppreise.ch referenziert werde und dass er so wieder die Möglichkeit kriege, mehr zu verdienen. Weitere Massnahmen sollen folgen, obwohl man aktuell eigentlich bereits zufrieden damit sei, wie es läuft. «Es gibt nicht wahnsinnig viele Channel-Konflikte», meint Rizzo.
Durchaus auch schon angetroffen hat man Parallel-Importe und die Situation, dass Anbieter aus Nachbarländern versuchen, ihre Ware in die Schweiz zu liefern. Reagiert hat man bei HP Schweiz darauf unter anderem mit erweiterten Garantieleistungen. So gibt es auf Computing-Produkte seit kurzem drei Jahre On-Site-Garantie und auf Business-Drucker eine zweijährige Garantie mit On-Site Repair Service und On-Site Replacement Service. «Das heisst, vielleicht ist ein Gerät im Ausland mal günstiger, dafür erhält man gewisse Garantieleistungen nicht. Damit schützen wir den Schweizer Kanal», verspricht Rizzo. Man sei aber heute gesamthaft gesehen gar nicht viel teurer als im Ausland. Und wenn doch, dann suche man das Gespräch mit den Partnern und versuche, darauf zu reagieren, beispielsweise mit einer Promotion.



Hardware bringt kaum noch gutes Geld

Insgesamt soll der Partner dank diesen Massnahmen wieder mehr verdienen können. Aber lässt sich mit Hardware heute überhaupt noch Geld verdienen? «Es ist momentan sicherlich ein Bereich, der nicht wächst, nicht zuletzt wegen der aktuellen Wirtschaftslage. Aber aufgrund der uns vorliegenden Zahlen ist es immer noch ein Business, das im Commercial-Bereich in den Segmenten SMB und Public rund 600 Millionen Franken ausmacht, alleine auf Computing-Seite», so Rizzo. Darum sei es immer noch sehr interessant, Hardware zu verkaufen.
Rizzo weiss aber auch, dass mit Hardware heute nur noch wenige Partner richtig gutes Geld verdienen. Das sei vielleicht noch bei grossen E-Tailern mit sehr hohen Stückzahlen der Fall. «Alle anderen Partner werden definitiv nicht mehr mit Hardware reich. Sie müssen stattdessen versuchen, beim Kunden ihre Services anbieten zu können.» Die Hardware sei quasi das Eintrittstor und wenn man erst einmal seine Services platziert habe, dann könne man eine langjährige Partnerschaft aufbauen.
Entsprechend will HP zusammen mit seinen Partnern neue Lösungen oder Lösungsansätze entwickeln, um den Markt in Zukunft noch besser bearbeiten zu können. Dazu gehört der Bereich Mobility, für den HP in der zweiten Jahreshälfte 2016 eine entsprechende Spezialisierung einführen möchte. Lokal werden bereits einige Partner trainiert, verrät Rizzo. Partner müssen sich ihm zufolge in Zukunft weiter spezialisieren und End-to-End-Lösungen anbieten können, in den verschiedensten Bereichen.

Auch im Bereich Mobility soll es letztlich um End-to-End-Lösungen gehen, die Infrastruktur beinhalten, also nicht nur Notebooks oder Tablets. Dazu will man ausserdem sogenannte Independent Software Vendor (ISV) an Bord holen. So habe man mit dem ERP-Hersteller Abacus beispielsweise bereits Events durchgeführt und versuche, auch mit anderen Partnern gemeinsame Lösungen zu entwickeln, heisst es.
Dabei gilt es eine grosse Hürde zu überwinden. «Die Applikationsanbieter haben einen starken Fokus auf Smartphones und hier liegen Android und iOS ganz klar vor Microsoft und Windows. Entsprechend haben wir Mühe, Fuss zu fassen», gibt Rizzo ganz offen zu. Es fehle also nicht an den richtigen Geräten, sondern es sei viel mehr eine Frage des Betriebssystems. Mehr Möglichkeiten verspricht man sich nun von Windows 10, zudem arbeite man auch eng mit Microsoft zusammen, um die Situation zu verbessern, meint der Channel-Manager.
Im PC-Geschäft hat man bei HP Schweiz bis jetzt derweil noch keinen Windows-10-Effekt gespürt. Rizzo zufolge hat das verschiedene Gründe. Einerseits spüre man noch immer die Frankenstärke und KMU seien nach wie vor zurückhaltend, was Investitionen in neue Hardware betreffe. Andererseits sei die Situation heute auch eine ganze andere. Windows 10 sei nicht mehr so abhängig von der Hardware wie frühere Versionen, wohl auch darum habe man keine riesigen Veränderungen am Markt gespürt.



HP will auch Leader im A3-MFP-Markt werden

Im laufenden Jahr will HP Schweiz trotz oder dank Windows 10 seine Marktanteile mindestens halten und in gewissen Bereichen weiter ausbauen. Insbesondere ein Bereich steht dabei im Fokus: Man möchte auch im Markt für A3-MFP die Spitzenposition übernehmen. «Dieser Bereich ist der, in dem heute am meisten gedruckt wird», erklärt Rizzo, warum man gerade hier investiert.
Momentan liegt HP mit zehn Prozent Marktanteil noch an vierter Stelle. Das hat mehrere Gründe. Einerseits ist der Markt sehr umkämpft, mit einem laut Rizzo brutalen Margen- und Preisdruck. Andererseits sei es auch der Bereich, wo HP vom Portfolio her heute sicherlich noch nicht da sei, wo man gerne sein wolle. «Es gibt noch die eine oder andere Lücke und die Konkurrenz, die sich darauf spezialisiert hat, ist momentan noch etwas stärker aufgestellt.»
Neben dem Ausbau des Portfolios, der in den kommenden Monaten geschehen soll, hat man auch ein spezifisches Partnerprogramm auf die Beine gestellt und will Reseller unter anderem mit zusätzlichen Marketingaktivitäten unterstützen. Natürlich hält man auch immer wieder nach neuen Partnern Ausschau, Rizzo zufolge hat man die wichtigsten Partner aber grundsätzlich bereits an Bord.
Grosse Veränderungen wird es in der Partnerlandschaft von HP Schweiz insgesamt nicht geben, obwohl Rizzo feststellt, dass die Transformation schneller vonstattengeht als erwartet und vielen recht sei. Zudem befinde man sich in einem Konsolidierungsmarkt, sowohl im Priniting und Computing. Umso wichtiger sei es, möglichst nah an den Partnern dran zu sein. Entsprechend investiert man in die Partnerbetreuung. «Da wir in der Schweiz insbesondere viele kleinere, lokal verankerte Partner haben, ist das wichtig», meint Rizzo. «Unsere fünf grössten Partner machen vermutlich nur etwa zwischen 30 und 35 Prozent des Umsatzes, in anderen Ländern sind es bis zu 80 Prozent.»



Anforderungen für Platinum-Partner sinken

2016 wird es bei HP zudem kleinere Veränderungen im auf das laufende Fiskaljahr neu eingeführten Partner-First-Programm geben. Für den Platinum-Status müssen Partner aktuell noch in allen drei Kategorien, das heisst Computing, Printing und Supplies, tätig sein. Ab dem Fiskaljahr 2017 fällt diese Hürde weg und das wird es mehr Partnern möglich machen, diesen höchsten Partnerstatus zu erreichen. Zudem wird im zweiten Halbjahr 2016 wie bereits erwähnt eine neue Mobility-Spezialisierung eingeführt und die Education-Spezialisierung wieder zum Leben erweckt.
Produktseitig will HP bis im Oktober unter anderem seine ersten professionellen 3D-
Drucker in die Schweiz bringen. Diese Geräte mit einem Einstandspreis von weit über 100'000 Franken sollen von speziell dafür ausgebildeten Partnern verkauft werden.
Weiter will HP Inc. weltweit künftig auch 30 Prozent seines Direktgeschäfts, also rund 1500 Kunden, an Partner abtreten. In der Schweiz setze man bereits sehr stark auf den Channel, meint Rizzo, dementsprechend sollen auch nur wenige Kunden davon betroffen sein. Sie wurden bereits informiert oder werden noch informiert, wobei ihnen die Wahl eines Partners offen stehen soll. (mv)


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