Die Linux Standard Base (LSB 1.0.0) wurde von der Free Standard Group (FSG) erarbeitet. Dabei handelt es sich um eine Initiative mit dem Ziel, die von unterschiedlichen Anbietern offerierten Distributionen des offenen Betriebssystems in zentralen Bereichen zu vereinheitlichen, um die Entwicklung universell einsetzbarer Linux-Anwendungen zu erleichtern. Neben den bekannten Linux-Distributoren (Suse, Red Hat, Debian, VA Linux u.a.) sind auch Industriegrössen wie
IBM,
Hewlett-Packard, Compaq,
SGI,
Oracle und
Corel mit dabei.
Die breite Beteiligung wundert nicht, setzen doch immer mehr Firmen auf das alternative Betriebssystem. Erst Mitte Juni hatte Compaq seine Linux-Strategie bekannt gegeben. HP seinerseits beabsichtigt, praktisch seine gesamte Hardwarepalette mit Linux anzubieten, und IBM macht sich bekanntlich schon seit längerer Zeit für das Open-Source-System stark.
Doch gerade in dem regen Interesse kommerzieller Hersteller sehen manche Beobachter eine Gefahr. Linux, so befürchten sie, könnte sich wie seinerzeit Unix, in verschiedene, nicht mehr kompatible Linien aufspalten.
Microsoft, kein Freund der Open-Source-Ideologie, zögerte nicht, diese Befürchtungen in einer Werbekampagne zu schüren, um Linux in Misskredit zu bringen. Mit der Linux Standard Base 1.0.0 will die FSG dem jetzt entgegentreten.
Der Konsens
LSB 1.0.0 kann auf der Homepage von Linux Standard Base eingesehen werden (www.linuxbase.org/spec/). Die Spezifikation wurde in zwei Teile aufgebrochen, die «Single Common Specification» und die «Architecture Specific Specifications». Die vollständige Spezifikation für eine Plattform umfasst jeweils die allgemeinen Definitionen zusammen mit einer architekturtypischen Spezifikation.
Der gemeinsame Konsens umfasst etwa das Objektformat für kompilierte Binaries, eine Bündelung der gebräuchlichsten System- und Grafikbibliotheken und Hinweise zur Initialisierung von Rechnern beim Booten. Die File System Hierarchy beschreibt, wo bestimmte Dateien abgelegt sind. Dabei bezieht sich die LSB weitgehend auf die Vorgaben von Red Hat für Softwarepakete in RPM-Archiven. Noch ist offen, wie weit sich die DEB-Archive des Debian-Projekts integrieren lassen. Nach Informationen der LSB-Website wird aber daran noch gearbeitet.
Von der LSB profitieren auch die Systemadministratoren und Anwender: Wenn alle Pinguin-Systeme innerlich gleich sind, bereitet es weniger Mühe, sich dort zurecht zu finden. Da durch die File System Hierarchy die Programme und Bibliotheken immer an den gleichen Orten abgelegt sind, braucht nicht mühsam danach gesucht werden, wenn eine andere Distribution eingesetzt wird.
Wenig attraktive Knochenarbeit
Die Arbeit an der LSB begann bereits vor mehreren Jahren. Freiwillige, zu denen bald schon die wichtigsten Distributoren stiessen, hatten mit der Erarbeitung von allgemeinen Richtlinien begonnen. Aber erst mit der Gründung der Free Standards Group im Mai vergangenen Jahres kamen die Industriegiganten HP, Compaq, IBM und Oracle dazu, ohne deren Hilfe die Arbeit kaum zu bewältigen gewesen wäre. Direktor der FSG Scott McNeill: «Das ist eben Knochenarbeit und nicht sehr sexy.»
Gegenwärtig arbeiten 25 Leute am LSB-Projekt. McNeill erklärt: «Damit eine Linux-Applikation auf unterschiedlichen Distributionen läuft, ist oft ein beträchtlicher Aufwand nötig. Mit den Richtlinien haben wir jetzt eine gemeinsame Basis. Den einzelnen Unternehmen bleibt es jedoch nach wie vor unbenommen, eigene Features darauf aufzusetzen.» Er vergleicht das mit der Standardisierung eines Autos, wo aufgrund von gemeinsamen Komponenten beliebige Modelle gebaut werden können, vom Pick-Up bis zur Luxuslimousine.
Die Bemühungen der Free Software Group konzentrieren sich zur Zeit auf die Schaffung einer Testsoftware, die überprüft, ob eine Linux-Version mit den Standards übereinstimmt und die Anwendungen korrekt auf die Linux-Features zugreifen. Das Programm ist momentan im Beta-Test und wird laut McNeill Ende Jahr zur Verfügung stehen. Dann will die LSB auch damit beginnen, Zertifizierungen anzubieten. (fis)