Apple Store vs. Händler


Artikel erschienen in IT Reseller 1999/05

   

Seit der zweiten Märzwoche verkauft Apple auch in der Schweiz Macintosh-Produkte direkt im Internet-Apple Store (www.apple.com/swissstore). Die Site entspricht im Aufbau den Apple Stores, wie sie in den USA seit 1997 und in der Euro-Zone Europas seit Anfang Jahr in Betrieb sind.
Die Preise im Direktverkauf bewegen sich nur knapp unter den Strassenpreisen. Im ersten Moment beunruhigender für den traditionellen Händlerkanal war die angebotene Vor-Ort-Garantie: Apple verspricht, jede im Apple Store gekaufte Maschine im Bedarfsfall ein Jahr lang vor Ort zu reparieren.

Gemischte Reaktionen von Händlern

Die Reaktionen unter den Händlern sind gemischt. Bei Büromac etwa will man, wie Marketing Managerin Susanne Dreule sagt, erst einmal abwarten wie die Reaktionen in den einzelnen Verkaufsstellen ausfallen. «Richtig beurteilen kann man die Auswirkungen sowieso erst, wenn die Werbekampagne von Apple angelaufen ist.» Ein Problem bilden, wie Dreule meint, die Preise, da Büromac nur Grosskunden entsprechende Rabatte anbieten kann.
Angelo Müller von Dataquest ist vor allem darüber beunruhigt, dass Apple im Internet günstige Konfigurationen anbietet, welche Dataquest gar nicht geliefert bekommt. Anderseits aber meint er: «Wir warten die Wirkung erst mal ab. Firmen, die grössere Mengen von Geräten beziehen, fahren bei uns immer noch günstiger. Dazu kommt, dass wir auch wichtige Produkte von Drittherstellern – etwa
SCSI-Karten oder Laufwerke – am Lager haben und die Kunden individueller beraten können, als es im Apple Store möglich ist.» Gespräche mit Apple haben inzwischen ergeben, dass Dataquest (und andere Händler) die Vor-Ort-Garantie ebenfalls zu günstigen Konditionen anbieten können. Die Garantieleistungen werden dabei nicht von Dataquest, sondern von den Firmen Teleplan und Computer Klinik abgewickelt.
Müller zeigt sich denn auch weniger darüber überrascht, dass der Apple Store Schweiz kommt, als über den unerwartet schnellen Start.
Der Zeitpunkt der Einführung überraschte auch Marcel Gübeli, Geschäftsführer bei Letec. «Das ist aber kein Wunder», meint er etwas ärgerlich, «Im Augenblick erfahren wir Händler sowieso alles zuletzt. Die Kommunikation mit Apple, das muss einmal gesagt sein, war auch schon besser.» Immerhin beruhigt den auf Schulen spezialisierten Händler, dass im Netz keine Schulrabatte angeboten werden. Auch die Vor-Ort-Garantie macht ihm keine allzu grossen Sorgen: «Erfahrungsgemäss geht es bei Problemen in mehr als 60 Prozent der Fälle um die Software. In diesen Fällen ist der Hardwareaustausch keine Lösung. Da sind wir immer noch im Vorteil: Wir kennen unsere Kunden und ihre Probleme sehr genau und können sofort beurteilen, wie ihnen am besten geholfen werden kann.»
Bedenken werden jedoch überall geäussert, was die Lieferzeiten betrifft. Viele befürchten, dass Apple seinen Store gegenüber den anderen Kanälen bevorzugen wird.
Dem widerspricht Apple Schweiz Chef Martin Hagger energisch: «Im Werk Cork wurde eine eigene Produktionsstrasse für die Apple Stores eingerichtet. Dem Handel stehen nach wie vor die vier restlichen Strassen zur Verfügung. Da fürchte ich eher, dass der Store die Lieferfristen nicht immer einhalten kann.»
Im übrigen gibt er sich überzeugt, dass der Apple Store keine Konkurrenz für die Händler darstelle: «Die Preise sind moderat und der Händler hat immer noch viele Vorteile, die er ausspielen kann: Dazu gehört der persönliche Kontakt, die Beratung und die Möglichkeit, die Rechner noch individueller als im Store zu konfigurieren.»
So bleibt vorerst abzuwarten, wie viele Schweizer Kunden bereit sind, sich auf die Internetbestellung und die Bezahlung per Kreditkarte einzulassen. Hagger betont, dass er mit dem Store einen zusätzlichen Kanal öffnen und nicht etwa den traditionellen Channel ersetzen wolle. Die Erfahrungen im Ausland hätten gezeigt, dass die Händler nicht unter der neuen Bestellmöglichkeit zu leiden haben.
Die meisten Händler scheinen erst einmal abzuwarten und sich zumindest vorläufig zurückzuhalten. Denn natürlich können es sich die wenigsten Apple-Händler erlauben, es sich mit Apple zu verderben.

Zurückhaltung bei Grosskunden

Aber auch Grosskunden bleiben vorläufig ruhig. Max Schläpfer, Abteilung Beschaffung der ETH Informatikdienste, meint: «Im Moment sind wir noch neutral, da wir offiziell gar nicht informiert wurden. Wir werden uns Ende Monat mit Apple Schweiz treffen. Dann wird wohl auch dieses Thema zur Sprache kommen.»
Mit Dell löste die ETH das Problem so, dass ETH-Angehörige sich im Netz selber ihr System zusammenstellen und Offerten anfordern können, die Bestellung hingegen erfolgt zentral. Wie es weiter geht, hängt gemäss Schläpfer nicht zuletzt von Apple und den Händlern ab, welche die Schweizer Schulen und Universitäten beliefern: «Dann wird sich zeigen, ob uns der Apple Store etwas bringt oder ob er bloss für den Einzelanwender gedacht ist.» (fis)

Apple-Store: Preise und so

Die angebotenen Nettopreise sind in den europäischen Ländern und in der Schweiz in Euro gerechnet, die gleichen, werden in der Schweiz jedoch in Franken ausgewiesen. Sie differieren nur um die Steuersätze der jeweiligen Länder. Deshalb, und um den lokalen Belangen Rechnung zu tragen, werden Internet-Bestellungen nur innerhalb des jeweiligen Länder-Stores entgegengenommen. Schweizer können also nur im Swissstore bestellen.
Die Geräte lassen sich per Mausklick konfigurieren. Die Logistik läuft über einen externen Partner. Die Auslieferung erfolgt direkt ab Werk in Cork, Irland. Den Transport besorgt Irish Express Cargo. Zu den im Netz berechneten Preisen kommen daher noch die Versandkosten. Für eine Gerätekonfiguration werden laut Apple Schweiz je nach Gewicht zwischen 87 und 140 Franken pro Lieferung berechnet. Software wird vorläufig noch gratis geliefert.
Apple betont, dass der Apple Store auch einen Beweis für die Leistungsfähigkeit der Applikationsserver-Lösung WebObjects darstelle. Ein Test der deutschen Zeitschrift Macwelt belegt, das der Direktverkauf zumindest in Deutschland tatsächlich in den versprochenen Fristen abgewickelt wird.


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