Ein trauriges Ende: Shopmaker AG vor dem Konkurs


Artikel erschienen in IT Reseller 1999/06

   

Die Shopmaker AG galt bis vor kurzem noch als vielversprechende junge Firma. Mit den Vertriebsrechten für die E-Commerce-Lösung «Shopmaker» ausgestattet, schien sie vor prächtigem Wachstum zu stehen. Darauf deutete auch die Meldung im letzten November hin, die Nacamar Group, ein internationaler Provider, werde gross in die Shopmaker AG einsteigen und habe 51% der Aktien übernommen. Shopmaker schienen sich damit weltweite Perspektiven aufzutun.
Der Shopmaker-Entwickler Dominik Hunziker und sein Partner Walter Zemp hatten hochfliegende Pläne: Eine Holding-Gesellschaft, die Grofag, wurde gegründet und man sprach von einer Produktionsgesellschaft in der Schweiz und einzelnen Ländergesellschaften. Auch grosse Auftritte an der Internet Expo und an der Cebit waren geplant. Daraus wurde nichts. Die Shopmaker AG wird in Konkurs gehen. Die angebliche Käuferin Nacamar Group hat sich aus dem Vertrag zurückgezogen. Das unterschriebene Abkommen vom November 98 habe nur die Funktion eines Vorvertrages gehabt, so Nacamar im Februar. Der internationale ISP ziehe es vor, von einer Beteiligung bei der Shopmaker AG abzusehen, da eine Wirtschaftsprüfung nicht die erwarteten Resultate erbracht hätten.

Ein Wirtschaftskrimi

Stefan Töpfer, CEO der Nacamar Group plc bedauert noch heute, dass die Zusammenarbeit mit Shopmaker schlussendlich nicht zustande gekommen ist. Töpfer «Mit tut es leid. Shopmaker war ein gutes Produkt, besser als dasjenige von Intershop. Aber die Herren haben es management-mässig nicht in den Griff bekommen. Ich habe Herrn Hunziker sogar vor kurzem noch angeboten, zu uns zu kommen.» Töpfer ist gemäss eigenen Angaben nach der Unterzeichnung des Vorvertrages durch die Klagen einer amerikanischen Firma Namens Gen International Inc. und die erschreckend schlechte wirtschaftliche Situation der Shopmaker AG, respektive der Mutterfirma «Grofag» aufgeschreckt worden. Ausserdem seien Zemp und Hunziker bei der Unterzeichnung des Vorvertrages gar nicht unterschriftsberechtigt gewesen. Der schwerwiegendste Vorwurf von Töpfer: Entgegen den Abmachungen sei die eigentliche Besitzerin der Urheberrechte an Shopmaker, die Hunziker System-EDV GmbH, nicht rechtzeitig in die Grofag eingebracht worden.
Die Shopmaker-Initianten sehen das alles ganz anders, allerdings gibt es feine Unterschiede zwischen ihnen. Der Riese Nacamar habe von Anfang an nicht ganz lautere Absichten gehabt. Nacamar sei vor allem an den Rechten an Shopmaker interessiert gewesen, und hätte sich dann zurückgezogen, als sie gemerkt habe, dass die Urheberrechte von Shopmaker nicht so leicht zu bekommen sind, überlegt sich Dominik Hunziker. Walter Zemp und andere Stimmen im Markt dagegen haben eher das Gefühl, Nacamar habe zuhoch gepokert und sei letztlich gar nicht in der Lage gewesen, sich zum geforderten Betrag bei Shopmaker einzukaufen.
Der Rückzug der Doch-Nicht-Partnerin bedeutete auf jeden Fall zugleich das Ende der Shopmaker AG. Grosse Investitionen in ein neues Headquarter in Dietikon und in die Personalsuche wurden in den Sand gesetzt. Hunziker , der «geistige Vater» des Shopmakers, sagt denn auch, er habe sein ganzes Vermögen verloren und auch der Marketingleiter der Shopmaker AG, Zemp, spricht von «grossen Verlusten».
Die Wege von Walter Zemp, dem ehemaligen Marketingleiter der Shopmaker AG und Dominik Hunziker scheinen sich zu trennen. Zemp: «Hunziker will produzieren, ich will vermarkten. Ob wir weiter zusammenarbeiten, hängt davon ab, ob wir die nötigen Finanzen haben.» Die Holdinggesellschaft Grofag, in der die prospektiven Marktleader ihre Aktivitäten zusammenfassen wollten, soll sich gemäss Zemp anderen Aktivitäten zuwenden. Walter Zemp will nicht ausschliessen, dass es in der Auseinandersetzung um den geplatzten Deal zwischen Nacamar und Shopmaker noch zu rechtlichen Schritten seinerseits kommen wird, während Nacamar-CEO Töpfer zur Sicherheit beim Gespräch mit dem ITReseller gleich seinen Anwalt mithören lies.

Stehaufmännchen Hunziker

Ist mit dem bevorstehenden Konkurs der «Shopmaker AG» auch das Ende der gleichnamigen, einst hoffnungsvollen Software gekommen. «Nein», sagt Hunziker, «ich habe mein ganzes Vermögen verloren. Aber ich bin immer noch der Urheber des Produktes ‘Shopmaker’. Dem ‘Shopmaker’ passiert nichts. Die Lizenzrechte für meine E-Commerce-Lösungen vertreibt jetzt die ‘Easy Systems AG’». Trotz des gewaltigen Rückschlages will der Entwickler also weitermachen und steckt auch schon wieder voller Pläne und Projekte. Bereits gibt es im Web erste Anwendungen der «Easy Shop Mall» (www.storeguide.ch) zu sehen. Der grosse Vorteil seines virtuellen Einkaufszentrums sei der standardmässige Einbau von Schnittstellen zu verschiedenen Zahlungssystemen, so Hunziker. Dass der Unternehmer im Markt tatsächlich noch ernst genommen wird, bestätigt der Projektleiter einer grossen Firma, die mit der Easy Systems AG ein Pilotprojekt laufen hat. Auch Hakan Erci von der Three Way AG, der seit Jahren das Projekt Shopmaker verfolgt, ist von der Qualität des E-Commerce Paketes überzeugt und arbeitet weiter an der Entwicklung von Shopmaker-Projekten.

Per un pugno di dollari


Pikant: Aus den USA verschickt die «GEN International Inc.» Faxe in Schweizer Redaktionsstuben, in denen von einer 250 Millionen Dollar-Klage gegen die Shopmaker AG berichtet wird. Die Beklagten hätten eine versprochene Lieferung nicht getätigt, sondern stattdessen «Kunden der @Gen sowie den Grossteil der @Gen Marketingstruktur abgeworben.» Eine Rückfrage bei Gen International Inc. erbringt allerdings nicht viel Erhellendes. Ja, man klage in den USA gegen die Shopmaker AG über einen Betrag von 250 Millionen Dollar und man würde doch gerne den neuen Namen der Shopmaker AG erfahren. Die letzte Pressemeldung auf der Site von Gen International stammt allerdings vom 6. August 1998 und der «CEO» der Firma hat eine Gratis-Email-Adresse. (hc)


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