Vorurteile vermeiden

Im Gegensatz zu den gängigen Vorurteilen ist der Informatikmarkt in der französischen Schweiz kerngesund und hervorragend gewinnbringend. Selbst wenn die Struktur des Vertriebs von einigen kürzlich erfolgten Zwischenfällen durcheinander gebracht worden ist.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/08

     

«Bei Excom trägt der Markt in der Welschschweiz zu 20% des Umsatzes der Gruppe bei» informiert uns Christine Mercanton, seit ein wenig mehr als einem Jahr Direktorin der Tochterfirma in der Welschschweiz.
«Was mich am meisten erstaunt hat, ist, dass es fast keinen Unterschied in den Verkaufszahlen nach Produktfamilien verglichen mit der Deutschschweiz gibt. Die Anteile sind verblüffend ähnlich», betont sie. Allerdings ist der Verkauf von Flachbildschirmen dank dem besonders lebhaften Privatbankensektor in der französischen Schweiz ein profitables Geschäft: «Mit der Marke Eizo sind wir im Markt führend», bestätigt sie. «Das Geschäft läuft, die Zahlen des letzten Jahres werden wiederum erreicht», behauptet Mercanton.
«Am Anfang des Jahres habe ich gespürt, dass das Geschäft wiederum im Aufschwung ist, muss jetzt aber feststellen, dass mit einem gewissen Rückschlag zu rechnen ist».
Sie bedauert aber die schlechten Ergebnisse beim Verbrauchsmaterial. Die Druckerhersteller haben die Margen reduziert, was einen direkten Einfluss auf die Einnahmen in diesem Tätigkeitsgebiet hat, der lange Zeit sehr profitabel gewesen ist.

Alchemy: Mehr Dienstleistungen

Trotz der Probleme von Alchemy in der welschschweizerischen Gesellschaft GMG sind die ehemaligen Aktionäre, die die verschiedenen Sparten nach dem Rückzug der Engländer übernommen haben, von der Überlebensfähigkeit des Unternehmens überzeugt. Mit einem Personalbestand von 110 Personen und einem prognostizieren Umsatz von mehr als 70 Millionen Franken für dieses Jahr betrachtet sich die welschschweizerische Gruppe als führend im welschschweizerischen Markt.
Und auch wenn ein sehr grosser Anteil des Umsatzes aus dem Hardwareverkauf an Grossfirmen besteht, zeigen sich die neuen Inhaber zuversichtlich. «Der Grund, weshalb wir (in die Firmenleitung) zurückgekommen sind, ist, dass wir an das Potential des welschschweizerischen Marktes für die Gruppe GMG glauben» sagt Isaac Chetrit, der neue Leiter und Minderheitsaktionär der Gruppe, der zusammen mit Samy Maman, Generaldirektor und Hauptaktionär, sowie Paul Guerlement, Direktor von Dialogue Logique SA in Genf, die Firma betreut.
Die Gruppe ist nicht nur in allen Kantonshauptstädten der französischen Schweiz (abgesehen von Fribourg) als Hardwareverkäufer (als Vertreter von Compaq, HP und IBM) vertreten, sie ist auch auf dem Markt des Verbrauchsmaterials mit Hilfe ihrer Vertretung GMG Supply SA (Lausanne und Genf) und ihrer Tochterfirma Computer Barn in Crans-sur-Céligny tätig.
«Wir wollen die Zukunft der Gruppe sicherstellen, indem wir mehr Gewicht auf Informatikdienstleistungen legen», gibt Isaac Chetrit zu. «Es geht also darum, Aktivitäten im Sicherheits- und Netzwerkgebiet aufzubauen, so dass die Dienstleistungen in einigen Jahren zu 25 bis 30% des Umsatzes beitragen.
Und ständig sinkende Verkaufsgewinne sind nichts neues. Wir sind mit dem Problem des Gewinnschwunds seit eh und je konfrontiert gewesen, aber der Trend wird immer deutlicher», betont er. «Die Lösung besteht darin, sich ständig anzupassen.» Diese Entwicklung wird die Fusionen und die Konzentrationen beschleunigen. «In den nächsten 24 Monaten wird die Anzahl Teilnehmer auf dem Markt viel kleiner werden», meint er.
Diese sinkenden Gewinne und Preise haben immerhin die Konsequenz, dass die Fakturierung von Dienstleistungen heutzutage eine ganz normale Sache geworden ist.

Elonex: 2000 Server made in Switzerland

Auch bei Elonex in Genf betrachtet man die Marktentwicklung mit Optimismus. «Ich fühle es, die Entwicklung ist sehr positiv. Auf dem Gebiet der Server und Dienstleistungen ist die Marktlage sehr gut für diejenigen, die Dienstleistungspakete wie Netzwerkinstallation oder Daten-Sicherung/-Sicherheit anbieten». So spricht Emmanuelle Amoiel, Direktorin der schweizerischen Tochterfirma der Londoner Gruppe. «Aber man darf nicht zu stark diversifizieren», betont sie.
Dennoch hat sie sich selbst wehement für die Herstellung von Servern eingesetzt. «Wir werden wahrscheinlich 2001 in der Schweiz etwa 2000 Einheiten herstellen», schätzt sie ab. Und selbst wenn sie keinen Umsatz mitteilt, enthüllt sie, dass er 2001 verdreifacht werden sollte. Insbesondere dank den Backupzentrumdienstleistungen, die die Firma seit einigen Jahren anbietet.

Die MTF-Gruppe an einem Wendepunkt

Für Dick Hoog, den Direktor der MTF-Vertretungen in Genf und Lausanne, war das Jahr 2000 ein Wendepunkt. «Nach der Euphorie bei den Verkäufern über den Jahr-2000-Wechsel, der bei den Kunden Weltuntergangsstimmung verursacht hat, ist jetzt eine Rückbesinnung auf praktische Bedürfnisse festzustellen.
Die meisten Geschäfte sind an ganz spezifische Projekte gebunden. Der Markt wird immer spezialisierter.» Hoog erkennt das Entstehen einer ernsten Konkurrenz von spezialisierten Nischenunternehmen, die hohe Kompetenzen auf einem beschränkten Gebiet haben. Parallel dazu sind die KMUs als Informatikbenutzer mit immer komplexeren Problemen konfrontiert, die sie nur mit der Hilfe von externen Fachleuten bewältigen können.
Wirtschaftlich gesehen, das gibt Dick Hoog zu, verlief das Jahr 2000 für die MTF-Gruppe schlechter als erwartet. «Die Projekte, die wir im letzten Jahr in Angriff nehmen wollten, kommen erst dieses Jahr zum Laufen», merkt er an. Dieses Phänomen hat sich in der Welschschweiz stärker bemerkbar gemacht als im Gesamtergebnis der Gruppe, da andere Vertretungen ein sehr erfolgreiches Jahr hatten.
Der Umsatz ist im Vergleich mit demjenigen von 1999 (245 Millionen) leicht gestiegen. Die Gewinnspanne dagegen wurde deutlich verbessert, vor allem wegen dem Wachstum, das bei den Dienstleistungen verzeichnet wurde. Diese machen jetzt etwa 20 bis 22% des Umsatzes aus; im 1999 waren es 15%. «Es werden vermehrt die Dienstleistungen sein, die zum Verkauf von Hardware führen», sagt Dick Hoog.
Mit der finanziellen Unterstützung durch Alchemy kann die Firma MTF, im Gegensatz zur GMG-Gruppe, weiterhin auf ihre englischen Investoren zählen. «Wir hatten Meinungsverschiedenheiten betreffend der Entwicklungsrichtung», kommentiert er knapp, «Vor allem, als es darum ging, die Schweizer Direktion der Gruppe neu zu besetzen. An der finanziellen Unterstützung der Gruppe durch Alchemy hat das aber nichts geändert».

Pierre-Henri Badel


Die Geschichte einer Niederlage

Die Entscheidung der englischen Alchemy- Gruppe, sich von der Firma GMG (Dialogue Logique) zurückzuziehen, ist recht seltsam. Ein Fehlurteil, das die Gruppe sicher viel Geld gekostet hat, selbst wenn beide Parteien die Strategie vertreten, keine Zahlen herauszugeben. «Wir haben GMG zu deren Marktwert übernommen» äussert vorsichtig der Geschäftsführer und Minderheitsaktionär der Gruppe GMG, Isaac Chetrit.
Im Klartext bedeutet dies, dass der Unterschied zwischen dem 1998 von den Engländern bezahlten und dem von den ehemaligen Eigentümern Anfang 2001 bekanntgegebenen Preis gross gewesen sein muss. Übernommen wurden die verschiedenen Filialen, ausser der von Alchemy gegründeten Neuenburger Holding, die alle Tätigkeiten in der Schweiz hätte koordinieren sollen, aber in Konkurs gegangen ist.
Damals hatte die englische Gruppe die vollständige Führung der Firma übernommen, während sich die ehemaligen Besitzer völlig zurückgezogen hatten. Heute sind sie jedoch wiederum am Steuer und entschlossen, die verschwendete Zeit aufzuholen. «Die ursprüngliche Finanzierung der GMG Holding von Alchemy ist viel zu klein gewesen», meint Isaac Chetrit.
«Die Leute, die den Markt nicht gut kennen, haben immer Mühe, die richtigen Entscheidungen zu treffen». Jetzt, da sie wieder auf dem richtigen Weg ist, sollte die Firma Dialogue Logique in Lausanne, mit einem Zweigbüro in Neuenburg und Tochterfirmen in Genf und Wallis, neuen Schwung haben und den welschen Markt erobern.
Der von der neuen Leitung budgetierte Umsatz (70 Millionen Franken) ist allerdings niedriger als der für 2000 angekündigte (86 Millionen). Trotzdem nicht schlecht für die Firma, die von Samy Maman 1987 gegründet wurde (Filialen in Genf, Neuenburg und Wallis folgten einige Jahre später, wie auch Compupro, die in der Mac-Welt spezialisiert ist) und der jetzt der neue Mehrheitsaktionär und Präsident des Verwaltungsrats ist. (P.-H. Badel)


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