Wie hat Software as a Service (SaaS) respektive Cloud Computing Ihr Geschäft als Software-Dienstleister verändert?Matthias Keller, Paninfo: Ich bin der Meinung, dass Software as a Service (SaaS) eigentlich nichts Neues ist, sondern einfach ein neuer Begriff zu einem seit geraumer Zeit bekannten Thema. Cloud Computing bedeutet daher also keine radikale Veränderung im Markt, sondern eine Entwicklung, die sich schon länger abgezeichnet hat. Wir haben den Fokus bezüglich Cloud Computing auf dem Thema Infrastruktur, weniger auf Applikationen.
Wie sehen Sie das Herr Elmer, ist Software as a Service oder Cloud Computing für Sie auch nichts Neues? Martin Elmer, Leanux.ch: Software as a Service ist teilweise alter Wein in neuen Schläuchen. Damit meine ich, dass die ganze Infrastrukturgeschichte jetzt einfach anders heisst. Man hat bereits seit 40 Jahren Computer in Rechenzentren. Andererseits verändert sich durch SaaS doch einiges. So kann ein Endkunde Office direkt kaufen, während man die Software früher nur über den Handel beziehen konnte. Ein weiteres Beispiel ist Apple. Bei Apple hat man das Betriebssystem bislang als Proxy via den Channel bezogen. Heute kann man die neue Version einfach direkt bei Apple herunterladen. Da ist der Channel tot, denn so generiert kein Partner mehr Umsatz. Bei allen Angeboten, die grosse Firmen machen, läuft es darauf hinaus, dass die Kunden irgendwann direkt Kontakt mit dem Hersteller haben und direkt dort und nicht mehr über die Partner kaufen, weil es einfach keine Rolle spielt, ob ich Online-Backup direkt oder über den Partner beziehe. Da sehe ich schon radikale Veränderungen. Die Angst ist gross, dass künftig nur noch alles direkt und nicht mehr über den Handel läuft. Wenn man als Partner selber Lösungen anbietet, dann hat man eine Chance. So wird man im Prinzip zu einem Hersteller, der Infrastruktur-Services anbietet. Wir haben zum Beispiel eine eigene ERP-Lösung. So sind die Kunden direkt bei uns. Wenn es das Produkt an keinem anderen Ort gibt, kann uns niemand die Kunden wegnehmen.
Silvio Galfetti: Das ist der Vetriebsweg, den Sie vor allem ansprechen, Herr Elmer. In ihrem Beispiel ist die Software ja dann noch immer lokal installiert, zum Beispiel beim Service Provider. Die Geister scheiden sich immer bei der Frage, was Software as a Service ist. Sie haben gesagt, dass es alter Wein in neuen Schläuchen ist. Ich sehe das etwas anders. Natürlich ist es zum Teil eine Weiterentwicklung eines Konzeptes, das es schon lange gibt. Aber wir sind der Meinung, dass SaaS nicht nur die Software an sich ist, die als Service bereitgestellt wird, sondern ein Bestandteil von Cloud Computing, das auch aus der Entwicklungsplattform und der Infrastrukturebene besteht. SaaS ist nicht nur die Software, sondern das Lizenzmodell, die Skalierbarkeit und die Dienstleistungen, die dazugehören, wie zum Beispiel das Einspielen von Releases, das vom Hersteller sichergestellte Backup oder die Hardware-Verfügbarkeit. Für uns von
Parx hat sich durch das Aufkommen von Cloud Computing nichts geändert, weil wir seit jeher mit Software-Herstellern zu tun haben, die auf die Cloud setzen. Von daher haben wir auch nie ein Geschäftsmodell gehabt, das auf Empfehlungen oder Kommission von Software-Herstellern basiert. Unser Businessmodell sind Dienstleistungen, um solche Lösungen zu konfigurieren und integrieren sowie auf diesen Lösungen weitere Applikationen zu entwickeln, aber auch Service und Support. Was auch immer mehr gefordert wird, ist ein Marketplace, also eine Funktionsaustauschplattform, wo unabhängige Software-Hersteller ihre Zusatzapplikationen zum jeweiligen SaaS-Produkt anbieten können. So wird man zum Software-Verkäufer. Das ist ein weiterer spannender Markt, den wir als Chance sehen und wo wir tätig sind.
Keller: Mit Ihrer Aussage Herr Elmer, dass der Channel tot ist, bin ich nicht einverstanden. Wenn man nun als Hard- oder Software-Reseller den Kopf in den Sand steckt, dann wird es schwierig. Wenn man sich aber proaktiv mit diesem Thema auseinandersetzt, ist es eine grosse Chance. Und für den Channel besteht aus meiner Sicht nach wie vor grosses Poten-tial, auch im Infrastrukturbereich. Man muss dazu die Kundensegmentierung etwas genauer betrachten. Kleinstfirmen beziehen in der Regel das, was als Standardservice vom Cloud-Anbieter zur Verfügung gestellt wird. Sie brauchen keine Dienstleistungen eines Technologiepartners, um die Cloud zu nutzen. Dann gibt es die grossen Enterprise-Kunden. Dort habe ich persönliche gewisse Vorbehalte, ob und wie diese tatsächlich die Public Cloud in Anspruch nehmen werden. Ich sehe dort die Entwicklung stark in Richtung Private Cloud, vor allem aus Security-Gründen. Hier gibt es viel Potential für den Technologiepartner. Und dann gibt es noch das KMU-Segment, in welchem der Dienstleistungsansatz mit Consulting, Engineering und Sourcing stark gefragt ist. Kunden in diesem Bereich entscheiden sich nicht einfach für zum Beispiel Hosted Exchange und migrieren ihre 500 User. Sie brauchen Partner, die ihre spezifischen Gegebenheiten berücksichtigen und den Nutzen der Cloud technologisch wie auch betriebswirtschaftlich analysieren. All diese Kunden nutzen nach erfolgter Migration eines unserer Service-Desk-Pakete, weil der KMU-Kunde es schätzt, dass er einen KMU als Ansprechpartner hat und nicht irgendwo in Irland oder Bangladesch in einem riesigen Servicecenter untergeht. Wir fungieren als persönliche Schnittstelle zwischen Kunde und Cloud Provider. Unser Ziel ist es danach natürlich, auch mit unseren weiteren Infrastruktur-Services beim Kunden Fuss zu fassen. Dass durch Cloud Computing das klassische Handelsgeschäft torpediert wird, liegt auf der Hand. Genauso ist es aber auch eine grosse Chance, neue Kunden zu gewinnen und den bestehenden Kunden effizientere Lösungen zu bieten. Das wird von uns als Technologiepartner erwartet.