Sind Ihre Kunden zufrieden?

An der ICMF-Tagung in Zürich wurde die Anwendung von Service Level Agreements durch Praktiker in der ganzen Tiefe ausgelotet.

Artikel erschienen in IT Reseller 1999/12

   

Nichts ist schwieriger als die Messung von «Zufriedenheit», respektive der Qualität einer Dienstleistung. Und doch ist es sowohl für interne wie auch für externe «Information Centers» entscheidend, die Vorgaben zu erreichen, respektive die angebotene und bezahlte Dienstleistung in der gewünschten Qualität zu erbringen. So stellte die Gartner Group in einer Studie fest, dass die Hälfte aller Outsourcing-Geschäfte von Geschäftsleitungen als erfolglos bezeichnet wurden. Bei den befragten IT-Managern wurden sogar 60% als Fehlschlag gewertet.
An der ICMF-Tagung vom 2. Juni in Zürich standen deshalb die Definition eines Service Level Agreements und die Messung der Qualität der Dienstleistung eines Information Centers im Zentrum.

Wie weit sind SLA in der Schweiz verbreitet?

Zum Einstieg präsentierte das ICMF / ITS eine Umfrage unter ihren Mitgliedern. Das Resultat dürfte aufgrund der geringen Zahl der Antworten (29) und der unterschiedlichen Definition von SLAs statistischen Anforderungen nicht unbedingt genügen, gibt aber trotzdem interessante Einblicke.

Anforderungen an ein SLA

Jeder Dienstleistungsvertrag, der die zu erbringenden Leistungen und das entsprechende Entgelt unklar oder nicht messbar definiert, führt früher oder später zur Unzufriedenheit des Kunden und damit zu einer Gefährdung der Geschäftsbeziehung. Entsprechend legten denn auch die beiden ersten Referenten, Patrick Eberle, Finanzchef der TA-Media und H.R. Zwicker von der HRZ Consulting grosses Gewicht auf richtige Vorgehensweise bei der Definition der Dienstleistungsqualität, die im SLA festgeschrieben werden.

Ein SLA muss:

- Unter Führung des Kunden (Users) gemeinsam erarbeitet werden.
- Vom Kunden formulierte Qualitäts- und Quantitätsmerkmale enthalten.
- Ausschliesslich messbare Qualitäts-und Quantitäts-Angaben enthalten.
- Praktikable und praxisorientierte Mengendefinitionen (z.B. Anzahl betreute Arbeitsplätze) enthalten.

Anforderungen an eine Hotline

Zu den schlecht messbaren Kriterien gehört das Gefühl des Users von einer Hotline ernst genommen zu werden. Trotzdem können permanente Klagen der Enduser ein internes wie auch ein externes Information Center in Gefahr bringen. TA-Mann Patrick Eberle rief deshalb die Anforderungen an eine Hotline aus Kundensicht in Erinnerung:
- Hotline zu 100% erreichbar
- Die Supporter melden sich mit Namen
- Der User wird nicht laufend weiterverbunden
- Die Supporter sollen ihre Kunden kennen und individuell behandeln
- Der Supporter legt einen verbindlichen Zeitplan zur Lösung des Problems vor
- Lässt sich das Problem ausschliesslich am Arbeitsplatz des Users lösen, so wird sofort ein Termin für einen
Besuch abgemacht (und eingehalten).
- Vereinbarungen und Termine werden eingehalten.
In Zukunft, so Eberle, werden die Anforderungen an Information Centers eher noch steigen, da die zunehmende Verbreitung von Teleworking nach einer 24 mal 365 Verfügbarkeit der Hotline verlangt. Entscheidend werden ein gutes CRM-System (Customer Relationship Management), da in Zukunft der Supporter sofort feststellen muss, wer mit welcher Konfiguration anruft.

«Leistungen müssen pönalisierbar (bestrafbar) sein»

André Berli (Compaq), Andreas Räber (Also Comsyt) und Martin Gossmann (Pidas AG) berichteten über die Praxiserfahrungen der grossen Outsourcer. André Berli zeigte anhand eines Beispiels, wo und wie ein SLA zum Erfolg führen kann. Als Ausgangslage definierte Berli einen Industriebetrieb mit fast 3000 Clients, 90 Servern für Office, SAP, CAX und Notes, einem Helpdesk und CA. 450 Applikationen. Der Betrieb stellte fest, dass seine IT-Kosten ca. 20% höher als in vergleichbaren Betrieben war. Als Ursachen wurde das Fehlen von klaren Service-Definitionen und Beschaffungsprozessen und die Überlastung der IT-Operation festgestellt. Berli berichtete wie das SLA aussah:
- Garantierte Systemverfügbarkeiten (pönalisiert)
- Definierte Reaktionszeiten
- Einheitliches Supportkonzept
- Definierte IT-Management Prozesse
- Standards für Clients, Peripherie und Betriebssystem
- Zentrales Assemt-Management
- Qualitätsmesssystem
Diese Lösungsansätze führte zum einem Outsourcing der IT-Operation und zur Einführung eines TCO-Managements. Der Pönalisierung (Bestrafung bei Nichterreichen von vorgegebenen Zielen) misst André Berli zum Gelingen einer Kundenbeziehung über SLA grosse Wichtigkeit bei. Er nannte sechs Leistungen, die ein Outsourcer mittels Konventionalstrafen zu sichern hat:
- Systemverfügbarkeit im definierten Rahmen
- Reaktionszeit
- Problemlösungszeit
- Systemperformance (laufend überwacht)
- Termintreue
- Kundenzufriedenheit

Es geht auch ohne SLA (oder doch nicht?)

Andreas Räber von der Also Comsyt nannte eine Reihe von Beispielen aus der Praxis, die scheinbar die Notwendigkeit von SLAs widerlegen. So führte Also mehrere Projekte (Logistik, Konfiguration, Installation) ohne Vertrag erfolgreich durch und erbringt bei einem Kunden seit Jahren Supportdienstleistungen ohne SLA. Doch nannte Räber auch gleich die Gründe, die ein SLA in seltenen Fällen überflüssig macht. Dies ist nur dort der Fall, wo sich Kunde und Outsourcer seit Jahren kennen und genaue gemeinsame Vorstellungen über die zu erbringenden Dienstleistungen und Preise entwickelt haben. Im allgemeinen aber und vor allem bei neuen Kundenbeziehungen findet auch Räber ein SLA unabdingbar.

Die Hauptvorteile:

- SLA minimieren das Risiko von unterschiedlichen Vorstellungen der zu erbringenden Leistung.
- SLA stellen Einzelleistungen und Einzelkosten gegenüber. Sie erlauben Also auch dem Kunden endlich Transparenz über seine IT-Kosten.
- SLA bringen die Zeitkomponente ins Spiel und machen ein TQM (Total Quality Management) erst möglich.

Wer ist ICMF/ ITS?


ICMF (Information Center und IT-Services Managers Forum) ist ein Verein, der die Manager sowohl von internen wie auch von externen Information Centers und ihre Kunden zusammenbringt. In mehreren Tagungen jährlich werden wichtige Fragen diskutiert und in ihrer Tiefe ausgeleuchtet. ICMF hat sich zum Ziel gesetzt, permanent Informationen und Erfahrungen zu sammen und auszutauschen sowie Kontakte und Ideen zu vermitteln. Im ICMF finden sich sowohl Organisationen, die über ein internes Information Center verfügen, wie auch Firmen, die ICs für mehrere Kunden betreiben. ICMF betreibt eine Homepage (www.icmf.ch) und ist unter ICMF, Postfach 6960, 8023 Zürich zu erreichen. Am 27.10.99 wird ICMF eine Tagung zum Thema «Linux versus NT» veranstalten. (hc)


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