Lange genug brodelte die Gerüchteküche um Compaqs neue Alphaserver mit dem Codename Wildfire. Dabei waren – insbesondere nach dem Entschluss, Windows NT nicht auf den Alpha-Prozessor zu portieren – Zweifel an der weiteren Zukunft des 64bit-Prozessors aufgekommen. Zudem wird der aufstrebende Markt der ASPs und ISPs zunehmend von Sun,
HP und
IBM dominiert. Und mit dem Itanium von
Intel taucht bereits 64-bit-Konkurrenz am Horizont auf. Es wurde also höchste Zeit, die neuen Alpha-Tiere zu präsentieren.
Was Compaq nun unter dem Namen Alphaserver GS Series zeigt, darf sich in Puncto Technologie und Performance sehen lassen. Die Preise allerdings auch: Der Alphaserver GS80 mit acht CPUs soll rund 100’000 US-Dollar kosten, die 16-Prozessor-Version (GS160) rund 500’000 und die 32-fach-Maschine (GS320) über eine Million Dollar. Compaq zielt mit den Systemen allerdings auch nicht auf den normalen Markt, sondern hofft, gegen die besonders bei Internet-Anbietern beliebten Highend-Server von Sun antreten zu können. Als Zielmärkte gelten neben Internet- und E-Commerce-Anwendungen alle Bereiche, in denen Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und hohe Verfügbarkeit eine Rolle spielen.
Quad Building Blocks
Die Alphaserver GS arbeiten mit Alpha EV67-Prozessoren und sind in Konfigurationen mit 8, 16 oder 32 Prozessoren erhältlich. Die CPUs befinden sich auf sogenannten Quad Building Blocks (QBB) mit je vier Prozessoren, die cluster-artig über eine «Switching Factory» miteinander verbunden sind. Allein dafür mussten 17 ASICs (Applikationsspezifische integrierte Schaltungen) entwickelt werden. Bei den Achtweg-Modellen sind die zwei Module über einen «Global Port» zusammengeschlossen. Dieser hierarchische Switch ermöglicht bei geringen, auch unter grosser Last konstanten Verzögerungszeiten, die direkte Verbindung zwischen den QBBs. Die anderen Versionen verbinden die QBBs über einen Switch.
Jedes Modul unterstützt bis zu 32 GByte Speicher. Das Systems lässt sich bis auf 64 PCI-Subsysteme (acht pro Prozessor-Modul) mit insgesamt 224 Slots ausbauen. Alle Komponenten samt der Prozessoren können bei laufenden Betrieb hinzugefügt oder ausgetauscht werden. Deswegen und dank der Clustertechnik spricht Compaq von einer Verfügbarkeit von 99,99 Prozent. Das Speichersystem ist eine NUMA (Non-Uniform Memory Access) -Architektur. Dies ermöglicht das Nebeneinander von unterschiedlichen Zugriffszeiten je nach Länge der Verbindung zwischen Speicher und Prozessor. So können mehrere Building Blocks zusammengekoppelt werden und gemeinsam ein grösseres System bilden. Je grösser diese Systemkonfiguration, desto schneller wird die Verbindung.
Drei Betriebssysteme
Compaq bietet für die Apha GS-Server gleich drei Betriebssysteme an: Das hauseigene Tru64-Unix, OpenVMS und Linux. Bereits vorhandene Software soll ohne Änderungen sofort auf den neuen Server laufen. Und das Beste: Die neuen Server unterstützen Hardware-Partitionierungen. Das bedeutet, dass mehrere unterschiedliche Betriebssysteme (oder auch verschiedene Versionen des gleichen Betriebssystems) gleichzeitig aktiv sein können.
Von der Alpha GS-Serie wurden weltweit bereits 200 an ausgewählte Kunden ausgeliefert. Noch in diesem Jahr soll ein Umsatz von einer Milliarde Dollar erreicht werden.
Im nächsten Jahr möchte Compaq seinen Marktanteil von momentan gut drei Prozent verdoppeln. Doch um gegen Unix-Mitbewerber wie Sun,
HP und
IBM standhalten zu können, wird Compaq neue Kunden ausserhalb seiner bisherigen Clientele finden müssen. Und dort haben die Gartner-Marktforscher bisher wenig Enthusiasmus gefunden. Mit den von Gartner festgestellten 80 Prozent offener Bestellungen je für Sun und HP und 60 Prozent für IBM dürften die Maktleader kaum gefährdet sein. Laut Gartner bleiben für Compaq gerade zehn Prozent der offenen und bei Neubestellungen eher noch weniger übrig. Da werden die Texaner ihre Verkaufs- und Marketingorganisationen noch viel Aggressivität abverlangen müssen. (fis)