Wirtschaft und Politik begleiteten Barbara Schädler (Bild) von klein auf. Ihr Vater war Regierungspräsident in Rheinland-Pfalz. «Der frühe Kontakt mit der Politik ist eine Erfahrung, die mich geprägt hat», sagt sie. Dass sie ihre berufliche Karriere im Bundesfinanzministerium begann, war von daher fast unvermeidlich. In den 90er-Jahren war sie Sprecherin des Finanzministers und gehörte auch zum Team, das den G7-Gipfel vorbereitete: «Da stand ich ausserhalb der Standardabläufe und konnte mich direkt mit dem Minister abstimmen.»
Acht Jahre später glaubte sie dann, in der Pressearbeit einer öffentlichen Verwaltung nichts Neues mehr lernen zu können. Das schien ihr mit 36 Jahren etwas früh. Doch die Personalabteilung des Ministeriums reagierte mit Stirnrunzeln: «Haben Sie sich das auch gut überlegt? Wollen Sie den Beamtenstatus wirklich aufgeben?» Barbara Schädler wollte. Sie wollte weiterhin Führungsaufgaben übernehmen, suchte Einflussnahme, schnelle Entscheidungen und Ergebnisse
Dinge verändern
Ihr Weg führte zum nordrhein-westfälischen Energieunternehmen RWE und zwei Jahre später zu Fujitsu-Siemens Computers (FSC). Heute ist sie Mitglied des Executive Council, wie das oberste Führungsgremium des deutsch-japanischen Hardware-Herstellers heisst. Als Chief Marketing Officer ist sie für das Marketing und die Vertriebsunterstützung zuständig samt Advertising und PR und untersteht direkt CEO Bernd Bischoff.
«Ich neige schnell dazu, Dinge verändern zu wollen, wenn ich bessere Lösungen sehe», charakterisiert sie sich selber. «Das ist für die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, nicht immer einfach. Aber es bringt Bewegung in die Sache.»
Sie ist überzeugt, dass
FSC das IT-Unternehmen mit den ausgeprägtesten Möglichkeiten ist, Neues zu realisieren. «Wir sind vergleichsweise klein und haben das Headquarter in Europa. Beides verkürzt die Entscheidungswege.»
Im übrigen sei es eine Mär, europäische Unternehmen seien nicht flexibel. So könne etwa FSC bei saisonalen Nachfrageschwankungen die Beschäftigung aufgrund von Absprachen mit dem Betriebsrat innerhalb einer Woche um 50 Prozent hochfahren. «Auch als Hardware-Hersteller mit Produktion und Entwicklung in Deutschland verfügen wir über durchaus wettbewerbsfähige Strukturen.»
Was machen Frauen anders?
FSC schaut auf ein erfolgreiches 2005 zurück: Bis im Herbst stieg der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 12 Prozent, und für das Ende des Geschäftsjahres im März erwartet man ebenfalls eine zweistellige Zahl. «Einfach mit dem Markt zu wachsen genügt uns nicht. Wir wollen unsere Marktanteile überall erhöhen. Das gelingt uns nun bereits zum dritten Mal hintereinander.»
Schädler macht es Spass, Erfolg zu haben und hart dafür zu arbeiten. «Mehr jedenfalls», lacht sie, «als hart zu arbeiten und keinen Erfolg zu haben.»
FSC sei derzeit der einzige grosse IT-Anbieter in Europa, der neue Mitarbeiter einstelle. «Erfolg macht fröhlich», sagt sie und strahlt.
Die Frage ist unvermeidlich: Nimmt eine Frau Führungsaufgaben anders wahr als ein Mann? Barbara Schädler lacht: «Ich war noch nie ein Mann – wie soll ich wissen, wie ich mich als Mann verhalten würde?» Für sie ist klar, dass Hierarchien notwendig sind, um Prozesse zu definieren. Teamorientiertheit und Diskussion seien ihr wichtig, aber: «Entscheide des Executive Council können nicht als Beiträge zur Diskussion verstanden werden. Die sind umzusetzen.»
In solchen Momenten blitzt auf, dass Fröhlichkeit und Freundlichkeit Barbara Schädler nicht daran hindern, mit Energie hinter eine Sache zu gehen, die sie als richtig erkannt hat. Viele Frauen hätten an «Machtspielchen» wenig Interesse, meint sie. Sie selber fühle sich in der Männerriege durchaus wohl: «Ich habe da kein Problem. Ich bin mit drei Brüdern aufgewachsen.»
Gute Aussichten
Ins neue Jahr schaut Schädler zuversichtlich: «Die Aussichten sind nicht schlecht. Das gibt Luft für Innovationen. Wenn die Firmen nur damit beschäftigt sind, den Betrieb am Laufen zu halten, bleibt dafür keine Zeit.»
Eine wichtige Herausforderung besteht für sie darin, Virtualisierung und Automatisierung im Dynamic Datacenter so anzubieten, dass sie für die Kunden zu niedrigeren Kosten und höherer Flexibilität der Gesamtsysteme führen.
Auch das Thema Mobilität und Sicherheit steht in ihrer Agenda: So wichtig es sei, von überall auf Unternehmensressourcen zugreifen zu können, so beunruhigend sei es, zu hören, das 50 Prozent der Hot-Spots nicht genügend gesichert seien: «Da kann man nur hoffen, dass ausschliesslich MTV abgefragt wird! Im Ernst, technisch wäre das Problem gelöst. Was fehlt, ist die Sensibilisierung der Anwender.»
Besonders am Herzen liegt ihr die Weiterentwicklung des indirekten Business-Modells: «Hier darf man keine Doppelstrategie fahren. Manche Mitbewerber mögen glauben, sie könnten einen Teil ihres Geschäfts ausschneiden, um die Marge bei anderem zu erhöhen. Für mich ist das eine Illusion. Wir bekennen uns klar zum Channel und zu unseren Partnern und wollen diese Beziehungen vertiefen.»
Barbara Schädler
Barbara Schädler wurde 1962 in Mainz geboren und hat in Wirtschaftswissenschaften diplomiert. Sie ist mit dem Kunstmaler Hermann Venghaus verheiratet und hat drei erwachsene Stiefkinder.
Gäste
Neben Skifahren und Reisen ist ihr wichtigstes Hobby, Gäste einzuladen und für sie zu kochen: «Ich bin oft die ganze Woche unterwegs. Immer sorgt jemand dafür, dass ich das Flugzeug erreiche und in das richtige Hotel komme. Man könnte glauben, die ganze Welt drehe sich nur um einen selber. Da ist es mir wichtig, Menschen um mich zu haben, für die meine berufliche Funktion keine Rolle spielt. Die Wochenenden gehören Familie und Freunden.»
Fussball
Barbara Schädler hat ihre Sekretärin gebeten, bei den Terminen 2006 auf die Fussball-WM Rücksicht zu nehmen: «Fussball mag ich leidenschaftlich. Als Pfälzerin bin ich eine Anhängerin des 1. FC Kaiserslautern – zu meinem Leidwesen ist die Mannschaft zurzeit auf dem letzten Tabellenplatz. Aber immerhin hat sie eine grosse Vergangenheit.» Anzufügen ist: Ihr Mann ist ein glühender Fan von Borussia Mönchen-Gladbach, und das «gestaltet unsere Wochenenden nicht immer ganz einfach».