SOA in den Startlöchern

Service Oriented Architecture (SOA) ist zurzeit ein Hype-Wort. Doch einiges deutet darauf hin, dass die Umsetzung anläuft, wie eine Umfrage von BEA zeigt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/11

     

Jedem technologischen Paradigmenwechsel folgt neue Software, die Bausteine für die neuen Umgebungen bildet. Der Übergang vom Mainframe zur Client-Server-Architektur brachte neben den relationalen Datenbanken auch unternehmensweite Business-Anwendungen und Werkzeuge für deren Entwicklung. Das Internet machte den Browser für den einfachen Zugriff auf verteilte Informationen, Applikationsserver und virtuelle Maschinen populär.
Auch SOA dürfte aufgrund der standardbasierenden Plattformen und der unternehmensweiten Architekturen neue Software-Kategorien hervorbringen, die den freien Fluss von Prozessen, Informationen und Services in und zwischen Unternehmen ermöglichen. Die Marktforscher sehen darin eine der am schnellsten wachsenden Kategorien von Enterprise-Software und sprechen von einem Sieben-Milliarden-Dollar-Markt, der bis 2008 entstehen soll.

Wer ist bereit?

BEA setzt stark auf SOA. Das Unternehmen befragte daher tausend Kunden und Interessierte, ob sie sich für SOA bereit fühlten. Demnach vertreten 27 Prozent die Meinung, sie könnten eine SOA jetzt umsetzen. Ein gutes Drittel davon glaubt gar, für den unternehmensweiten Einsatz bereit zu sein. Das Verständnis für die neue Architektur hinkt allerdings noch hinterher: Auf einer Skala von 1 (Basiswissen) bis 4 (sehr gute Kenntnisse) ergaben die Antworten einen Durchschnitt von 1,76.
Für Jürg Schleier (Bild), General Manager von BEA Schweiz, ist dies nicht erstaunlich: «SOA ist eben ein Hype-Wort, das alle im Munde führen. Wir selber bewegen uns dagegen mehrheitlich im Umfeld grosser Unternehmen, die ihre Applikationen oft selber schreiben und sich daher schon lange mit verschiedenen Architekturen befassen. Hier ist verhältnismässig viel Wissen vorhanden.» Und er fügt an, dass der Grundgedanke von SOA nicht unbedingt neu sei. Auch Tuxedo und Corba hätten bereits auf ähnliche Überlegungen gefusst: «Neu ist eigentlich nur, dass SOA auf Java basiert. Die grosse Verbreitung von Java macht SOA zu einem Thema.»

Architekten als neue IT-Profis

Während sich Entwickler, System-Analysten und Berater in der BEA-Befragung etwas zurückhaltender gaben, scheint das Management stark auf SOA zu setzen. Viele der Befragten (29 Prozent) sehen sich als «SOA-Architekten», was BEA veranlasst, das Aufkommen einer neuen Kategorie von IT-Profis zu verkünden, die, um einen «Enterprise Service Bus» (Gartner) zu bauen, die Fähigkeiten von Managern und Entwicklern in sich vereinen. Schleier nennt diese Entwicklung durchaus logisch, da SOA kein Produkt sei, sondern eine Denkweise, die das gesamte Unternehmen umfasst.
«Die Architektur allein genügt nicht», warnt er jedoch, «die Services müssen auch gemanaged werden. Hier scheidet sich die Spreu vom Weizen. Den ROI durch die Wiederverwendung von Services zu verbessern, erweist sich dabei als die hohe Schule.»
Das Gewicht verlagere sich zusehends vom Codieren zur Betreuung. Der Enterprise Service Bus könne nur funktionieren, wenn klar sei, wer welche Services ändern dürfe und wer informiert werden müsse. BEA will daher noch in diesem Sommer eine Reihe von Werkzeugen zur Verfügung stellen, mit denen Business- und IT-Manager Applikationen über heterogene Plattformen und Technologien hinweg zusammenstellen, implementieren, sichern und managen können, ohne eigenen Code schreiben zu müssen.

Was bringt SOA?

Service-orientierte Architekturen implementieren und orchestrieren die für die Geschäftsprozesse benötigten Funktionalitäten als Services und verknüpfen sie über Web-Technologien miteinander. Solche Services lassen sich schnell bauen, kombinieren, anpassen und immer wieder verwenden. Sie liefern sowohl die Anwendungsfunktionalität für die Aktivitäten wie auch die Verbindung zwischen Aktivitäten, Applikationen und Datenbanken. Damit entspricht SOA einem neuen Denken, das die IT weniger im Zusammenhang mit einzelnen Applikationen denn als Dienstleistung sieht.

SOA-Referenzmodell

Um dem Informationsbedarf und der Begriffsverwirrung um service-orientierte Architekturen (SOAs) entgegenzuwirken, hat die Organization for the Advancement of Structured Information Standards (OASIS) eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich mit der Definition eines Referenzmodells für SOAs beschäftigt. Die Vorlage soll Entwicklern und «SOA-Architekten» Richtlinien für die Implementierung an die Hand geben.
Ausserdem soll das Referenzmodell helfen, die Architekturen konsistent zu unterteilen. Dies ist vor allem wichtig, wenn Produkte unterschiedlicher Anbieter eingesetzt werden. «Wie in der Automobilindustrie geht es um die Spezifikation der Teile», schreibt OASIS zur Erklärung. «Stellen Sie sich vor, Sie müssten einen Wagen bauen, und das angelieferte Rad enthält gleich noch Teile der Achse und den halben Sitz!»
OASIS hofft, das Referenzmodell bis zum Jahresende fertigstellen zu können. An der Arbeitsgruppe sind unter anderen Adobe, BEA, Fujitsu, NEC, Lockheed-Martin, Boeing und Visa beteiligt. (fis)


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