MEHR ERFOLG IM MARKETING UND VERKAUF (FOLGE 11/12): Outsourcing von Marketing und Verkauf

Sowohl konzeptionelle als auch ausführende Tätigkeiten in Marketing und Verkauf können an spezialisierte Anbieter ausgelagert werden. Wann macht dies für eine IT-Firma Sinn und wann nicht? Worauf muss man beim Outsourcing von Marketing und Verkauf besonders achten?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/02

     

Viele IT-Firmen stehen vor dem gleichen Dilemma: Die eigene Kompetenz liegt hauptsächlich oder ausschliesslich in der Technik, im Produkt oder der Dienstleistung, die man selbst erbringt. Häufig wird dieses Wissen durch Ingenieure des ersten und zweiten Bildungsweges repräsentiert. Das ist auch gut so, denn der Kunde erwartet nach dem Kauf eine fachtechnisch hochstehende und erstklassige Leistung. Von der Kaltakquisition, einer professionellen Kundenpflege und Kundenbindung, von integrierten Marketingkampagnen oder von professionellen Methoden und Prozessen im Bereich von strategischen Fragen – zum Beispiel zur langfristigen Erfolgssicherung durch die Entwicklung von Alleinstellungsmerkmalen –, versteht man aber entweder zu wenig oder es steht neben dem Tagesgeschäft schlicht keine Zeit zur Verfügung. Durch ein Outsourcing solcher Leistungen lässt sich der Erfolg signifikant steigern, der Entscheid dazu soll allerdings wohlüberlegt sein.
Marketing und Verkauf sind in den letzten Jahren zu den zentralen Erfolgsfaktoren für IT-Firmen jeder Grösse geworden. Was andere Branchen schon längst können – sich bei der gewünschten Zielgruppe professionell und erfolgreich in Szene setzen –, muss die IT-Branche erst noch lernen. Die Pflege des Beziehungsnetzes reicht längst nicht mehr aus, um dem stetig zunehmenden Konkurrenzdruck erfolgreich standzuhalten. Der Preisdruck für IT-Produkte und -Dienstleistungen hat in den letzten Jahren schon so manche langjährige, treue Kundenbeziehung einfrieren lassen. Ein professionelles Marketing und funktionierende Verkaufsprozesse sind ein absolutes Muss geworden.

Motivation für ein Outsourcing

Leider ist es nicht damit getan, eine Teilzeit-Marketing-Assistenz einzustellen: Das Spektrum an benötigtem Know-how (Design, Texting, Mailings, Events, PR, Telemarketing, Telesales, Werbung, E-Marketing, Sponsoring, Placements, Partner-Marketing u.v.m.). ist zu breit, als dass dieses durch eine einzige Person abgedeckt werden könnte. Der Ingenieur-Gilde mag gesagt sein: Erfolgreiches Marketing verlangt deutlich mehr als nette Prospektchen und mittelmässig gestaltete Webseiten. Erfolgreiche Unternehmen wissen, weshalb sie gut (oder schlecht) verkaufen. Weder am Erfolg noch am Misserfolg hat primär der Markt Schuld. Dies ist nichts mehr als eine oft gehörte, sehr schlechte Ausrede.
Wenn Ihnen also entweder die Zeit oder das Wissen für Marketing fehlt, sollten Sie Überlegungen zum Outsourcing unbedingt anstellen. Der bekannte Werbespruch eines Kleiderherstellers («Nur nichts kaufen ist billiger.») könnte hier treffend umformuliert werden: «Nur nichts tun ist noch teuer!»

Rightsourcing statt Outsourcing

Im Prinzip sollte weder von Outsourcing noch von Teil-Outsourcing gesprochen werden, viel nützlicher wäre der Begriff «Rightsourcing». Es geht darum, abhängig vom eigenen Know-how und den im Hause verfügbaren Ressourcen diejenigen Marketing- und Verkaufsaufgaben auszulagern, die selbst nicht (professionell genug) abgedeckt werden können oder für die die Zeit fehlt. Die zusätzlichen externen Ressourcen sollten sich wie ein Zahnrad möglichst nahtlos in den existierenden Marketing- und Verkaufsprozess integrieren oder diesen optimal ergänzen.
Trotzdem sollten natürlich – um eine sinnlose Verzettelung zu vermeiden – möglichst ganze Aufgabenbereiche an Externe vergeben werden, etwa die Gesamtplanung und Organisation von Events, den gesamten Kaltakquisitionsprozess vom Erstanruf bis zur Terminvereinbarung oder die elektronischen und schriftlichen Mailing-Aktivitäten. Damit ist sichergestellt, dass eine gewisse Einheit in der Kommunikation erzielt wird (One-Voice-Prinzip) und Design-Standards eingehalten werden.
Zudem sollte das Outsourcing entlasten und nicht durch unnötigen Koordinationsaufwand zusätzlich belasten. Überdies kann festgehalten werden, dass die Zusammenarbeit mit einem Partner in Marketing und Verkauf umso erfolgreicher wird, je gesamthafter sein Aufgabengebiet ist

Der richtige Outsourcing-Partner

Letzten Endes muss es jedes Unternehmen selbst wissen, welcher Outsourcing-Partner am meisten Erfolg bringen wird. Deshalb hier lediglich einige Tips, auf was bei der Auswahl geachtet werden sollte: Entscheidend ist das Markt- und Branchenverständnis des Partners. Der Partner muss Ihr Geschäft «aus dem Effeff» kennen und auch die versteckten Zusammenhänge wirklich verstanden haben. Auf die IT-Branche spezialisierte Unternehmen haben klare Vorteile. Denn letztlich zählt das Verhältnis von Aufwand und Ertrag, und nicht das billigste Angebot.
Ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt für die Wahl eines Partners ist die Ziel- und Resultatorientierung, die ein Anbieter an den Tag legt: will er z.B. einfach möglichst viele Telesales-Calls verkaufen oder berät er schon im Vorfeld darüber, mit welchen Mitteln das gewünschte Ziel am besten erreicht werden kann (Beratungsleistung)? Bei diesem Punkt sind sog. Full-Service-Agenturen deutlich im Vorteil, da sie keine funktionalen Partikularinteressen verfolgen müssen, sondern eine erfolgversprechende Gesamtlösung im Vordergrund steht.
Des weiteren empfiehlt der Autor, einen Partner zu wählen, der im B2B-Marketing und -Verkauf seine Stärken hat. B2B (Business-to-Business) ist nun mal nicht B2C (Business-
to-Consumer) – Marketing und Verkauf für technologische Investitionsgüter und IT-Dienstleistungen erfordern deutlich andere Kenntnisse und Fertigkeiten als die Vermarktung von Kosmetika oder Schokolade. Was nicht heisst, dass dies deswegen weniger kreativ sein muss!
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Selektion eines Partners mag der Eigenleistungsgrad sein: Was wird selbst ausgeführt, welche Werte werden tatsächlich und originär in den Marketing-/Verkaufsprozess eingebracht? Nichts gegen gute Einzelkämpfer, die bei genauerer Betrachtung aber eigentlich nur mit Drittressourcen brokern – doch das könnte im Notfall der Kunde auch selbst tun. Wird mit dem Outsourcing-Partner eine eher langfristige Zusammenarbeit angestrebt, braucht es dafür ein Team mit den entsprechenden Fachspezialisten. Ansonsten geht die Idee einer integrierten Zusammenarbeit rasch wieder den Bach runter.

Pro und Kontra Vertragsmodelle

Das Risiko für einen erfolgreichen Verkauf mit 100-prozentigen Provisionsvereinbarungen einfach an Drittpersonen zu delegieren, hält der Autor für problematisch, wenn nicht gar für verantwortungslos. Die Praxis hat gezeigt, dass ein solches Modell langfristig nicht erfolgreich sein kann: Wer will schon gratis arbeiten – oder tun Sie das etwa? Sobald ein «virtueller Verkäufer» etwas Sichereres (z.B. wieder eine Stelle) gefunden hat, wird er den Auftrag quittieren. Das Unternehmen kann mit dem Aufbau von Verkaufsressourcen und funktionierenden Prozessen wieder bei Null anfangen.
Sobald ein Dritter Aktivitäten in Marketing und Verkauf professionell ausführt, wird eine direkte oder indirekte Kommunikationsleistung für das Unternehmen erbracht, und diese muss fair entschädigt werden. Als innovativ gilt aber ein Modell, bei dem die beauftragte Agentur zu Fixpreisen arbeitet, auf der Basis eines transparenten und quantitativen Leistungskatalogs. Einen solchen zu erstellen ist möglich, allenfalls mit Unterstützung der Agentur selbst. Hat die Agentur tatsächlich die Erfahrung für die Umsetzung, ist sie auch in der Lage, einen Fixpreis anzubieten. Damit wird das Risiko von unliebsamen Überraschungen auf der Kostenseite ausgeschaltet, ganz im Gegenteil zum Modell der Verrechnung nach Aufwand. Wird zusätzlich noch eine Art Bonus-/Malus-System in den Vertrag eingebaut, kann man sicher sein, dass der Outsourcing-Partner alles daransetzt, das Marketing- oder Sales-Projekt zum Erfolg zu bringen. Malus bedeutet dabei ein im voraus definierter Rechnungsabzug an der Schlussrechnung, falls die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden. Bonus heisst folgerichtig das Gegenteil: Einen Rechnungszuschlag, falls die Ziele übererreicht werden.

Make-Or-Buy-Entscheid

Den Entscheid, ob externe Unterstützung durch Profis in Marketing und Verkauf in Anspruch genommen werden sollen, muss jede Firma für sich selbst fällen. Fehlt das Know-how oder die nötige Zeit, um den Verkauf zu verstärken, mehr qualifizierte Leads zu generieren und diese schliesslich in Erfolg zu verwandeln, bestehen drei grundsätzliche Möglichkeiten:
1. Das fehlende Know-how durch Schulung, Kurse usw. selbst erarbeiten. Zu beachten sind hier die Alternativkosten: Könnte es sein, dass die eigene Zeit zu teuer dafür ist und ertragsreicher genutzt werden könnte?
2. Entsprechend qualifizierte Mitarbeitende einstellen. Dies führt allerdings zu massiv erhöhten Fixkosten: Anzahl Monatssaläre mal etwa Faktor 1.5 ergeben die effektiven Kosten für das Unternehmen. Zudem hat sich gezeigt, dass eine einzelne Person, womöglich noch in Teilzeitanstellung, niemals die benötigte Breite und Tiefe an Wis-
sen und Erfahrung bieten kann, die für professionel-
le Marketing- und Verkaufsprozesse nötig wären.
3. Mit einem professionellen, auf die IT-Branche spezialisierten Outsourcing-Partner, der eine hohe Eigenleistung in vielen Bereichen bieten kann, zusammenarbeiten. Dies bildet eine gute Basis für eine längerfristige Kooperation, auch wenn zu Beginn vielleicht nur in Teilbereichen ausgelagert wird.

Danke fürs Mitmachen

Während dieser Serie hatten Sie die Möglichkeit, per E-Mail an erfolg@itreseller.ch Fragen zu stellen und Wunschthemen für einen künftigen Artikel anzubringen. Die Redaktion und der Autor freuen sich über das zahlreiche und bisher durchweg positive Feedback auf diese Serie – vielen Dank dafür! Die am meisten gestellten Fragen und Antworten werden im nächsten Heft als Abschluss der Serie kurz zusammengefasst.

10 Tips beim Outsourcing von Marketing/Verkauf

Einen potentiellen Partner auf Branchen- und Marktkenntnisse testen.
Erst über gewünschte Resultate sprechen, dann über Aktivitäten.
Nicht in einzelnen Aufgaben, sondern in ganzen (Erfolgs-)Prozessen denken.
Full-Service-Agenturen bieten bei langfristiger Sichtweise klare Vorteile.
Auf tatsächlichen Eigenleistungsgrad des möglichen Partners achten.
Kompetente Partner bieten Fixpreise und akzeptieren Bonus/Malus-Modelle.
Referenzprojekte und Arbeitsbeispiele vom möglichen Partner erfragen.
Eigener Marktauftritt (z.B. Webseite) verrät viel über dessen Qualifikation.
Kompetenzprofil überprüfen, z.B. ist das Team auf Web transparent publiziert?
Lieber dosiert auslagern, als aus Zeit-/Know-how-Mangel gar nichts tun.

Der Autor

Dietmar R. Schulz ist Geschäftsleiter der Business Factory GmbH. Der diplomierte Betriebsökonom arbeitet seit 20 Jahren erfolgreich in der IT-Branche. www.businessfactory.ch


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welchen Beruf übte das tapfere Schneiderlein aus?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER