Freud und Leid mit der Dollarschwäche

Der andauernd tiefe Dollarkurs zeitigt Folgen für die Schweizer IT-Branche. Die Umsätze fallen tiefer aus, günstige Preise locken die Konsumenten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/01

     

Über die letzten Monate kannte der Dollarkurs vor allem eine Richtung: abwärts. Im November letzten Jahres näherte er sich zeitweilig der Marke von 1.10 Franken, zitterte sich wieder ein wenig hoch und befindet sich nun kurz vor Redaktionsschluss bei etwa 1.18 Franken. Die meisten Finanzexperten gehen gegenwärtig davon aus, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Denn aus den USA waren bis jetzt nicht viel mehr als undeutliche Lippenbekenntnisse zu hören, wenn es um die Frage ging, ob und wie die eigene Währung gestützt werden soll. Zudem lässt das andauernde Ertragsbilanzdefizit der USA sowieso auf einen längerfristig schwachen Dollar schliessen. Die Credit Suisse geht beispielsweise davon aus, dass der Kurs für einen Dollar nach den nächsten zwölf Monaten sich irgendwo zwischen 1.10 und 1.12 Franken bewegen wird, wie der Analyst Ulrich Kaiser gegenüber IT Reseller auf Anfrage bestätigt.
US-Firmen, die im Exportgeschäft tätig sind, profitieren von diesen Zuständen, da ihre Waren vergleichsweise günstiger sind, als wenn der Dollarkurs hoch ist. Zu den Profiteuren gehören mitunter auch einige IT-Firmen, wie verschiedene Quartalszahlen belegen. IBM, Microsoft und Konsorten konnten aufgrund der Dollarschwäche teilweise traumhafte Umsatzwachstumszahlen vermelden.

Gewinner und Verlierer

Bei IBM zum Beispiel haben die für den Konzern günstigen Wechselkurse allein im Jahr 2003 rund 7 Prozent zum Umsatzwachstum beigetragen. Als eigentliche Lokomotive tat sich mit 20 Prozent die EMEA-Region (Europe, Middle East, Africa) hervor. Und im ersten Quartal 2004 betrug das währungsbedingte Umsatzwachstum bei IBM 3 Prozent, im zweiten 4 Prozent und im dritten Quartal 5 Prozent.
Im Gegensatz dazu gehören jene Unternehmen zu den Verlierern in dieser Situation, die im Nicht-Dollar-Raum produzieren, aber ihre Produkte mehrheitlich gegen Dollars verkaufen. Bei Fujitsu-Siemens beispielsweise machte sich der starke Euro und schwache Dollar im per Ende März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr besonders bemerkbar. Die Nummer 4 im weltweiten PC-Geschäft konnte zwar beim verkauften Volumen um 20 Prozent zulegen. Wegen der Dollarschwäche ging der Umsatz letztlich aber um fast 1 Prozent zurück.
Leidtragende sind auch Hardware-Produzenten in Taiwan. Dort wird bekanntlich weit über 30 Prozent der weltweiten Notebook-Produktion gemacht. Während die Infrastruktur- und Lohnkosten in der lokalen Währung, dem New Taiwan Dollar, bezahlt werden, erfolgt der Verkauf der Notebooks in Dollar.

Tiefere Preise kurbeln Konsum an

«Der graduelle Zerfall des Dollars hinterliess auch bei uns Spuren», sagt Martin Steiner, Finanzchef bei der Schweizer Tochtergesellschaft des grössten Distributors Ingram Micro. Bei Komponenten ist der Fremdwährungsanteil im Einkauf hoch. Gegen kurzfristige Währungsschwankungen könne man sich zwar absichern (hedgen), der anhaltend tiefe Kurs führe aber letztlich zu tieferen Umsätzen. Das schlägt schliesslich auch auf die Marge durch.
Anders präsentiert sich die Lage beispielsweise bei RedIT. Gemäss Auskunft von CEO Andreas Kleeb erfolgen 98 Prozent des Geschäfts in Franken, der Rest in Dollar und Euro. So wird das Unternehmen von Kursschwankungen kaum behelligt. Im Gegenteil: Zurzeit profitiert RedIT wie andere Firmen aus der IT-Branche auch von attraktiven Preisen für IT-Produkte dank des tiefen Dollarkurses.
Apple zum Beispiel hat Anfang Januar seine Preise praktisch auf der ganzen Produktpalette gesenkt – teilweise um über 30 Prozent. Hier zeigt sich für die Schweizer IT-Branche die gute Seite am tiefen Dollarkurs: Denn die günstigen Preise animieren die Endverbraucher zum Konsumieren. Das treibt die Umsätze wiederum in die Höhe. (map)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER