Unfairer Fair Guide

Achtung: Wer als Messeaussteller einen Brief mit der Aufforderung für einen Eintrag im Fair Guide erhält, sollte diesen genau durchlesen.

Artikel erschienen in IT Reseller 2003/05

   

In den letzten Tagen ist vielen Ausstellern der Internet Expo (iEX) ein Brief der österreichischen Firma Construct Data ins Haus geflattert. Darin wird der Empfänger aufgefordert, seine Adresse für einen bestehenden, kostenlosen Eintrag im «Fair Guide» zu überprüfen und das Formular zu retournieren.
Ein kurzer Blick auf die Website fairguide.com zeigt, dass dort tatsächlich einige Infos über zahlreiche Ausstellungen in aller Welt sowie die Adressen vieler Aussteller zu finden sind. Construct Data dürfte sich mit ähnlichen Briefen auch an die Aussteller einiger anderer Messen wenden.
So weit, so gut.

Absender ist nicht die Messeleitung

Das Problem mit dem Brief zeigt sich aber erst auf den zweiten Blick – wer nur den ersten Blick getan hat, könnte in diesem Moment bereits versehentlich 971 Euro ausgegeben haben.
Zuerst einmal erhält der Empfänger den Eindruck, der Absender des Briefes sei die Messeorganisation. Im Fall der iEX ist das Reed.
Bei Reed haben sich einige Aussteller über die Vorgehensweise von Construct Data beschwert. Reed hat darauf seinen Ausstellern ein Warnmail zugesandt mit dem Hinweis: «Wir weisen an dieser Stelle deutlich darauf hin, dass Reed Messen (Schweiz) AG weder mit dem Produkt Fair Guide noch mit dem Unternehmen Construct Data Verlag GmbH aus A-Vösendorf etwas zu tun hat.» Construct Data handelt also keineswegs im Auftrag der Messeorganisationen.

971 Euro statt gratis

Zweitens ist im ersten Teil des Briefes nur von einem «kostenlosen Zeilengrundeintrag (komplette Adresse, Telefon, Telefax, E-Mail)» die Rede. Im Formular finden sich allerdings noch Felder für weitere Angaben und eine «kurze Tätigkeitsbeschreibung.» Unten im Formular findet man wie gewohnt eine Linie für Ort, Datum und Unterschrift.
Nur wer das darüber stehende Kleingedruckte aufmerksam liest, bemerkt allerdings, dass man mit seiner Unterschrift der Firma Construct Data den Auftrag für einen Eintrag im Internet Fair Guide für die nächsten drei Jahre erteilt. Der Preis für ein Jahr beträgt 971 Euro.
Zugegeben, wer den Brief wirklich genau durchliest, wird nicht in die Falle tappen. Für nicht ganz so aufmerksame Leser besteht aber eindeutig die Gefahr, dass sie einen Auftrag erteilen, ohne das zu realisieren.
Das fand übrigens im letzten Mai auch die italienische Wettbewerbsaufsichtsbehörde Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (AGCM). Diese entschied, dass ein Brief der Data Construct an italienische Firmen, der, wie aus der Beschreibung hervorgeht, offensichtlich ganz ähnlich gestaltet war wie der uns vorliegende, den Tatbestand der unlauteren Werbung (Pubblicità ingannevole) erfülle. Die Strafe war allerdings mild: Data Construct musste das Urteil auf eigene Kosten in einer Tageszeitung veröffentlichen. (hjm)


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