Kundenzeitschriften in harter Konkurrenz

Zahlreiche Unternehmen versuchen, mit Kundenmagazinen eine engere Beziehung zu Geschäftspartnern und Kunden aufzubauen. In der Schweizer Medienlandschaft ist das kein einfaches Unterfangen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/02

     

Kundenzeitschriften haben es nicht einfach. Sie stehen in harter Konkurrenz zum ohnehin umkämpften «normalen» Zeitschriftenmarkt. Daher muss eine Kundenzeitung heute wesentlich professioneller gemacht sein als noch vor wenigen Jahren – sowohl bezüglich Inhalt, als auch beim Layout.
Schon bei schlechter Papierqualität sinken die Chancen, dass der Kunde die Zeitschrift genügend beachtet. Sparen am falschen Ort ist somit kaum angebracht. Die Leser müssen Mehrwert finden, sonst nehmen sie ein Kundenmagazin kaum in die Hand.
Nach Schätzungen des Verbandes «Forum Corporate Publishing» gibt es allein in der Schweiz etwa 400 Firmenmagazine mit einer Gesamtauflage von um die 100 Mio. Stück pro Jahr. Um da noch wahrgenommen zu werden muss ein Magazin einiges bieten. Zu viel Eigenwerbung und PR-lastiges schreckt die Leser ebenso ab, wie billige Aufmachung.

Konkrete Beispiele nötig

Ein Spezialist für Kundenmagazine ist Christoph Hämmig (Bild), Geschäftsleiter der Denon Publizistik in Rapperswil. Denon erarbeitet für diverse Schweizer Unternehmen Kundenmagazine. Hämmig macht beispielsweise das Kundenmagazin «Professional News» für Sony, aber auch Magazine für Unternehmen wie ZKB, Hilt. oder ehemals Compaqs «update».
Hämmig löst das Dilemma Firmeninfo und Leserinteresse so: «Wenn im Heft ein neuer Plasmabildschirm beschrieben werden soll, ist das zu wenig ‹sexy›. Wir ziehen darum jedes Thema an einem konkreten Fallbeispiel auf. Der Plasmabildschirm, den wir aktuell vorstellen sollen, wird zum Beispiel von Unique am Flughafen eingesetzt. Also machen wir eben darüber eine Story und reichern sie mit hochwertigen Bildern an.» So hat der Leser ein konkretes Anwendungsbeispiel und sieht, wie das Produkt einsetzbar ist. Auf diese Weise entstehen drei bis vier Case Studies pro Heft.

Leser aktivieren

In jeder Ausgabe findet der Leser eine Kontaktmöglichkeit, über die er nähere Informationen zu den vorgestellten Themen einholen kann. Am Ende jedes Artikels folgt ein Kasten mit den wichtigsten Produktdaten samt einer «Leserdienstnummer». Diese kann der Leser in eine am Ende des Heftes beigefügte Karte eintragen und so bei Sony weitere Informationen einfordern.
Dazu kommen Wettbewerbe oder auch von Zeit zu Zeit die Möglichkeit, bestimmte Produkte testweise günstiger zu beziehen. So kommt «nebenbei» Feedback, welche Themen die Leser interessieren.
Solche Versuche, mit dem Leser in Kontakt zu kommen, beschränken sich bei vielen Magazinen auf Wettbewerbe oder Leserbefragungen. Mit etwas Phantasie kann man aber, siehe Beispiel, wirklichen Mehrwert für den Kunden schaffen.
Am Beispiel Sony zeigt Hämmig auch, dass Kunden gutgemachte Magazine tatsächlich nutzen. Sony wollte vor gut einem Jahr die Ländermagazine abschaffen und statt dessen jedem Land eine Seite in einem gemeinsamen Magazin zur Verfügung stellen. Da sich die Schweizer Leser darüber beschwert hätten, habe man nun in der Schweiz wieder ein Budget für ein Schweizer Magazin freigeschaufelt.

Todsünden

Absolute «Dont’s» kann Hämmig so einige nennen, etwa ständig über die Firma als solche zu schreiben: «Das will niemand lesen.» Auch schlechtes Fotomaterial kann viel kaputt machen: «Besser einmal investieren und für die ganze Firma neue Bilder machen, als die Zeitschrift durch schlechte Bilder abwerten – da kann der Inhalt noch so gut sein.»
Auch sollte die Positionierung für den Leser klar sein: «Keinesfalls darf man verwässern, eine Zeitschrift, die halb Magazin und halb Verkaufsbroschüre ist, nimmt der Leser übel.»

Zukunftsträchtig

Für Hämmig hat die Kundenzeitschrift auch trotz der zunehmenden Bedeutung des Internets und der hohen Kosten seine Berechtigung. «Der Kunde erfährt eine höhere Wertschätzung, wenn er etwas in die Hand bekommt, als wenn er das hundertste E-Mail bekommt, das er bitte selber ausdrucken soll», erklärt er. (ava)

Die Schweizerische Landschaftder Kundenzeitschriften

Erste Kundenzeitschriften erschienen Anfang der 20er Jahre. Erst in den 50er Jahren setzte der wirkliche Erfolg ein. Laut Dr. Ulrike Röttger vom Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich gibt es etwa 3000 Kundenzeitschriften im deutschsprachigen Raum. Sie haben eine Gesamtauflage von ca. 450 Mio. Exemplaren. Etwa ein Zehntel der Titel erscheint in der Schweiz.
90% sind Firmentitel, 10% Fachhandelstitel. Der Bereich IT und Telecom bietet anteilsmässig noch die wenigsten Titel, hat aber das stärkste Wachstum. Röttger: «Speziell in der Schweiz herrscht eine hohe Mediendichte. Die Selektionskriterien der hiesigen Leser sind deshalb hoch, sie stellen höhere Ansprüche an die Professionalität der Kundenpresse als der übrige deutschsprachige Raum.»


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