Schweizer Dienstleister profitieren vom bequemen Kunden

Eine Studie untersucht das Kundenmanagement der Dienstleistungsbranche und findet noch vieles im argen. Besonders die Telekommunikationsanbieter werden gescholten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/10

     

Die Schweizer Kunden sind eher pflegeleicht, denn aufgrund ihrer Bequemlichkeit wechseln sie einen einmal gewählten Anbieter nicht so schnell, behauptet zumindest der Marktforscher Mummert und Partner. Aber das heisst noch lange nicht, dass das Kundenmanagement der Dienstleister bereits unschlagbar gut wäre.
Denn im Kundenmanagement herrscht noch mehrheitlich reaktives statt proaktives Vorgehen. Das heisst, nur wenn der Kunde ein konkretes Problem hat oder sich lauthals beschwert, kümmert man sich auch intensiv um ihn. Sonst besteht die ihm zugewendete Aufmerksamkeit vor allem im pünktlichen Versand der Monatsrechnung. Denn das gesamte CRM ist zu wenig auf kontinuierliche Betreuung ausgelegt.

Die Ergebnisse der Studie in Kürze:

71% der Unternehmen passen ihr Produkt- und Serviceangebot durch klar definierte, umfassende Angebote und permanente Analyse den Kundenwünschen an und versuchen auf sich wandelnde Kundenbedürfnisse angemessen zu reagieren.
41% aller Befragten haben allerdings die CRM-Prozesse bisher unzureichend identifiziert und definiert. Entsprechend führen sie auch optimierende Anpassungen des Kundenmanagements noch zu sporadisch durch.
57% interessieren sich noch zu wenig, wie Kunden das Unternehmen, Service-Standards und Produkte wahrnehmen. An solchen Daten müssten aber die Kundenmanagement-Aktivitäten und das Produkt- und Service-Angebot orientiert werden.
Es scheint also, dass guter Wille und Philosophie, sprich das Ziel, Kundenwünsche zu analysieren und darauf zu reagieren, schon weitreichend in den Unternehmen verankert sind. Sobald es aber um die Praxis, sprich Prozessmanagement und Ergebniskontrolle, sprich Messung der Wahrnehmung des Unternehmens von der Kundenseite her geht, bleibt noch allerlei zu tun.

Telcos kümmern sich zu wenig um Kunden

Speziell für die Telekommunikationsprovider in der Schweiz deckt die in Branchen aufgeteilte Studie grosse Schwächen im Bereich Information und Technologie auf. Bisher werden die Kunden nur nach sehr groben Kriterien segmentiert. Das verhindert differenzierte Marketinginitiativen.
Zwar führen die Telcos im Bereich «Neukundenbegrüssung», sobald aber der neue Kunde den Vertrag unterschrieben hat, scheint man sich nicht mehr besonders viel um ihn zu kümmern.
Im Beschwerdemanagement schneiden die Telcos von allen Branchen am schlechtesten ab. Durch die geringe Bereitschaft der Kunden, sich an einen Dienstleister zu binden, laufen daher die Mobilfunkanbieter ständig Gefahr, schnell Marktanteile zu verlieren.
Bei Kundenanfragen und Beratung dagegen sind die Telcos vorbildlich und führen im Branchenvergleich. Es scheint also nicht an der Dienstleistungsbereitschaft zu kranken, sondern eher am Prozessmanagement.

Kundenwert zu wenig beachtet

Das Verständnis für den Kundenwert ist gerade bei den Telekommunikationsanbietern stark unterentwickelt. Das heisst, die Kluft zwischen vorhandenem und tatsächlich ausgeschöpftem Geschäftspotential klafft weit auseinander. Pro Kunde könnte wesentlich mehr Umsatz erzielt werden, wenn die Telcos sich intensiver mit ihren Kunden befassen würden, statt ihre Aktivitäten auf Neukundenwerbung zu fokussieren. Besser und lohnender wäre, feiner segmentierte Kundengruppen zu identifizieren und diese gezielt zu bearbeiten und zu entwickeln, indem ihnen zusätzliche Services und Produkte angeboten werden, die speziell auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind.
Die Studie wurde in 53 Unternehmen vom Marktforscher Mummert und Partner gemeinsam mit dem Institut für Marketing und Handel der Universität St. Gallen, der De Montfort University und QCI durchgeführt. (ava)


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