Intels Kniefall vor dem Channel

Die Channel-Politik des CPU-Riesen widerspiegelt den PC-Weltmarkt. Wachstum gibt es nur noch bei den Assemblierern und in den «Emerging Markets» zu holen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/08

     

Man fühlte sich in die glorreichen Zeiten des ungebremsten Wachstums im IT-Geschäft zurückversetzt. Trotz ungewohnter Wachstumsschwäche war Intel kein Aufwand zu gross, um gegen 400 «IPPs» (Intel Premier Provider) und der Presse am «Solution Summit» in Budapest zu hofieren. Vom Luxushotel mit Sicht auf die Donau bis zur privaten Limousine – nur das Beste war gut genug.
Unermüdlich hämmerten die Intel-Manager den Partnern die neue Botschaft in die Köpfe: «Wir fokussieren auf den Channel. Nützt Eure Chance – lasst uns zusammen mehr Geld machen!» So zu hören am Luxus-Dinner, an jedem der Vorträge und in jedem Gespräch.
Den Grund für die plötzliche Liebe zum Channel verheimlichten die Intel-Leute nicht. Während die weltweiten PC-Verkäufe rückläufig waren, wuchs allein Intels Absatz über Reseller, sprich Assemblierer. Unterdessen ist der Channel für 39% der Intel-Absätze verantwortlich. Tendenz weiter steigend.
Unter die Räder gekommen sind gemäss Intel die «B-Brands», jene Hersteller also, die weltweit verkaufen aber nicht zu den «Grossen 5» (Dell, Compaq, IBM, HP, Fujitsu Siemens) gehören. Intels europäische Channel-Chefin Amanda McGonigle sagt es drastisch: «Die B-Brands werden zerdrückt. Die Gewinner von heute produzieren auf Bestellung (Built-to-Order) und bieten lokal Services an.»

«The days have changed at Intel...»

Tom Kilroy (Bild), Intel Vice President und weltweit verantwortlich für Reseller-Aktivitäten, versprach der versammelten Assemblierer-Schar: «Die Zeiten haben sich verändert bei Intel. Der Channel ist für uns zentral und wir werden erhebliche Mittel rück-investieren.» Tatsächlich macht der CPU-Gigant zumindest für die grossen und mittleren Assemblierer, die «Premier Provider», einige Mittel locker. In Zukunft soll es beispielsweise nicht nur Marketing-Zuschüsse für Print-Werbung, sondern auch für Werbung in Kinos, Radio und Fernsehen und für Plakatkampagnen geben.
Der verantwortliche Manager von Intel, John Lonergan, rief seinen Partnern wörtlich zu: «Es ist zur Zeit viel Geld aus dem Co-Marketing-Programm übrig! Benützt dieses Geld, so dass in Zukunft nichts mehr liegenbleibt.»
Attraktiv für IPPs, von denen es gemäss Intel-Website in der Schweiz aber nur einen gibt, ist vor allem auch die Versorgung mit CPUs und Schulung («Seed Kits» – CPUs und Motherboards zum Testen und Üben) vor dem Launch eines neuen Chips. Damit haben IPPs gleich lange Spiesse wie die «Grossen», die gleichzeitig mit der Lancierung eines Chips die entsprechenden Produkte auf den Markt werfen und bewerben können.
Ebenfalls Verbesserungen versprechen die Intel Channel-Manager in der Lieferkette. Ein IPP kann Intel seinen voraussichtlichen Bedarf über den Disti melden und wird dann prioritär beliefert. Ausserdem soll das Rückgabe-Prozedere für IPPs wesentlich vereinfacht und von Papierkram entlastet werden.

Zentral-/Osteuropa über alles

70 Prozent der Intel-Umsätze in Russland werden über Reseller, sprich Assemblierer erreicht. In anderen zentral- und osteuropäischen Ländern sieht es ähnlich aus. Ein Augenschein in Budapest bestätigt dies. An jeder Ecke finden sich PC-Shops, die meisten bieten Eigenmarken an. So erstaunt das grosse Gewicht, das Intel auf diese Märkte legt, nicht. Weit über der Hälfte der teilnehmenden Assemblierer am «Solution Summit» kam aus den «emerging markets».

Hinschauen!

Auch den Servermarkt, den bis heute erst wenige, spezialisierte Assemblierer wie etwa Transtec mit eigenen Produkten beackern, will Intel den Assemblierern schmackhaft machen. Der Channel – auch hier sind die IPPs privilegiert – soll mit Trainings und viel technischen Informationen fit zum Serverbau gemacht werden.
Von den kleineren Intel-Partnern, den IPIs (Intel Product Integrator) war an der Konferenz wenig die Rede, denn sie werden an lokalen Konferenzen angesprochen. Doch auch die Zusammenarbeit mit den IPIs, die immerhin 70% der Channel-Umsätze generieren, will Intel massiv verbessern.
Alles in allem entstand der Eindruck, dass der Chipgigant es ernst meint und tatsächlich bereit ist, gewaltige Mittel in den Channel zu pumpen. Wer Intel-Chips verbaut, sollte sich die Partnerprogramme gut anschauen – sie könnten bares Geld wert sein. (hc)


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