«Microsoft ist erwachsen geworden»

Das meinte jedenfalls Steve Ballmer (Bild) im Vorfeld der Cebit gegenüber der «Financial Times Deutschland», welche die Äusserungen des Microsoft-Chefs als «Friedensangebot» wertete.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/05

     

Wird Microsoft zum sanften Riesen? In Zukunft will Microsoft, jedenfalls gemäss Äusserungen von CEO Steve Ballmer gegenüber der «Financial Times Deutschland», seinen aggressiven Geschäftspraktiken abschwören. In Ballmers Worten: «Wir haben uns in der Vergangenheit verhalten, als müssten wir immer härter für unseren Erfolg kämpfen.
Doch jetzt führen wir die Branche an, und das bedeutet für uns auch ein gewisses Verantwortungsbewusstsein. Wir müssen verlässlich sein und unsere Anstrengungen bei der Zusammenarbeit mit unseren Partnern verstärken.» Die neue Internetstrategie des Unternehmens lasse sich nur gemeinsam mit Partnerfirmen realisieren. Launische oder unzuverlässige Geschäftspraktiken werde es von Microsoft nicht mehr geben, versicherte Ballmer.
Der neue Kurs, so es ihn denn gibt, hat natürlich Gründe: SAP, Oracle und andere Firmen, die den Markt für Unternehmenssoftware beherrschten, setzen viel Geld ein, um ihr Geschäft durch ein enges Netz von Beratungsunternehmen und Zulieferfirmen abzusichern. Um hier mitmischen zu können, versuchen die Redmonder, deren Strategie zu kopieren.
Microsoft hat zudem ein grosses Interesse, die aussergerichtliche Einigung im Kartellprozess möglichst rasch über die Bühne zu bringen. Dabei dürfte der alte, aggressive Ton gegenüber der Konkurrenz nicht sonderlich hilfreich sein. Neun amerikanische Bundesstaaten, darunter New York, Florida und Kalifornien (der Heimatstaat der Microsoft-Rivalen Sun und Oracle) lehnen den Kompromiss-Vorschlag der US-Regierung nach wie vor ab, weil er ihrer Meinung nach nicht verhindern kann, dass Microsoft sein Monopol weiter ausbaut.
Sie fordern, dass Windows ohne Zusatzprogramme wie Internet Explorer, MSN Messenger und Media Player angeboten wird. Wegen des Quasi-Monopols bei den Betriebssystemen hat die Entscheidung, welche Programme mit Windows ausgeliefert werden, Auswirkungen auf die Marktchancen von konkurrierenden Softwareunternehmen und die Politik von Internetanbietern und Medienunternehmen.
Microsoft behauptetet allerdings, wenn die Hardliner Recht bekämen, müsse der Verkauf von Windows eingestellt werden. Immerhin bemühen sich die Redmonder um etwas moderatere Töne, etwa gegenüber der Linux-Gemeinde, und sprechen neuerdings von Open Source zumindest nicht mehr als von einem «Krebsgeschwür».
Ob das die Konkurrenten beruhigt, ist aber fraglich. Erst vor wenigen Tagen hat etwa Sun einmal mehr gegen Microsoft geklagt, weil der Software-Gigant sein Monopol bei den Betriebssystemen zum Nachteil von Java ausnutze.
Die erste Stellungnahme dazu war aber noch nicht vom neuen, von Ballmer propagierten Ton geprägt. Gegenüber der «New York Times» sagte ein Microsoft-Sprecher: «Solche Klagen helfen niemandem. Was die Industrie braucht, sind Unternehmen, die sich auf Innovation und die Entwicklung guter Produkte konzentrieren.»
Bereits früher hatten sich Sun und Microsoft einen jahrelangen Schlagabtausch um Java geliefert, bis es Microsoft gerichtlich untersagt wurde, seine Produkte als Java-kompatibel zu bezeichnen. (fis))


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