Microsoft sucht Dynamics-365-Partner mit ­Business-Kompetenz
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Microsoft sucht Dynamics-365-Partner mit ­Business-Kompetenz

Mit der Lancierung von Dynamics 365 und Power Platform aus seinen Schweizer Rechenzentren rechnet Microsoft mit einer erhöhten Nachfrage für die Lösungen. Für deren Befriedigung ist Microsoft auf seine Partner angewiesen. Partner Lead Thomas Winter erklärt, was ein Dynamics-365-Partner mitbringen sollte und wie das Partner-Ökosystem in diesem Bereich funktioniert.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/01

     

Anfang Dezember hat Microsoft Schweiz das Angebot, das aus den hiesigen Rechenzentren erbracht wird, einmal mehr erweitert – dieses Mal um die Power Platform (Power Apps und Power Automate) sowie um Teile von Dynamics 365. Ab sofort verfügbar sind Dynamics 365 Sales, Customer Service und Field Service, während die Module Marketing und Sales Insight sowie Finance, Supply Chain Management und Commerce voraussichtlich in der ersten Hälfte 2021 folgen.
Für Microsoft Schweiz ist die Lancierung von Dynamics 365 mit lokaler Datenhaltung ein grosser Schritt, macht man doch die Business-Management-Software damit auch für all diejenigen Kunden verfügbar, die aus regulatorischen Gründen darauf angewiesen sind, dass ihre Daten in der Schweiz bleiben. «Aber auch ungeachtet regulatorischer Gründe fühlen sich viele Kunden einfach wohler, wenn ihre Daten in der Schweiz bleiben», weiss Thomas Winter, Partner Lead bei Microsoft Schweiz. deshalb rechne man damit, dass dank dem breiten Microsoft-Cloud-Angebot inklusive Dynamics 365 und Power Platform in der Schweiz die Zahl der Kunden noch einmal stark ansteigen werde.

Differenzierung entscheidend

Bereits heute zählt Microsoft in der Schweiz diverse Endkunden, die auf Dynamics 365 setzen, auch wenn keine Zahlen genannt werden. Die Kundenbasis sei aber sehr breit aufgestellt, von kleineren Unternehmen, die nur einzelne Module von Dynamics 365 nutzen – Winter nennt als Beispiel das Modul Customer Insights, das sich ­relativ einfach ausrollen lässt – bis hin zu Grosskonzernen. Betreut respektive begleitet werden diese Kunden «zu rund 95 Prozent», so Thomas Winter, von Partnern.
«Swiss IT Reseller»: Bei welchen Kunden kommt es denn typischerweise zur Direktbetreuung durch Microsoft? Sind das Kunden, die explizit wünschen, von Microsoft betreut zu werden?
Thomas Winter:
Es gibt gewisse Technologiebereiche – ganz neue oder hochkomplexe Technologien etwa –, für die unser eigener Service-Arm eingesetzt wird. In der Regel passiert das bei den allergrössten Kunden. Das bedeutet aber nicht, dass keine Partner involviert sind. Meist sind wir in Kombination mit einem Partner unterwegs und bieten komplementäres Know-how an. Dies immer mit dem Ziel, das Know-how dem Partner im Rahmen des Projekts auch weiterzugeben.

Wie viele Dynamics-365-Partner zählt Microsoft aktuell in der Schweiz und wer betreut diese Partner?
Die Zahl der aktiven Partner dürfte aktuell bei rund 50 bis 60 liegen. Bei rund 20 davon gibt es eine sehr direkte Betreuung durch uns selbst, während die restlichen Partner durch unsere drei Distributoren Also, Ingram Micro und Tech Data betreut werden. Allerdings gibt es auch hier kein Schwarz und Weiss. Es gibt auch mit unseren Tier-2-Partnern immer wieder direkte Berührungspunkte – etwa im Rahmen von Roundtables, wo wir uns mit Partnern austauschen. Ein wichtiges Anliegen von mir und meinem Team ist es, zusammen mit den Partnern den Community-Gedanken zu fördern. Darum haben wir vor ein paar Monaten beispiels­weise die Partner Townhall eingeführt, wo wir uns monatlich mit unseren Partnern treffen und austauschen.
Nach welchen Kriterien wird entschieden, welche Partner direkt durch Microsoft begleitet werden? Sind ­allein Umsatz und Grösse entscheidend?
Nein, das wichtigste Kriterium ist die Differenzierung. Mit Differenzierung meine ich Partner, deren Angebot respektive Anspruch über den reinen Verkauf unserer Lösung hinausgeht. Partner, die eine innovative Lösung rund um unsere Produkte entwickelt haben und die mehr machen, als nur ein Produkt ab Stange zu verkaufen und zu implementieren. Natürlich spielen Umsätze und Marktanteile auch eine Rolle, aber die Differenzierung und in dem Zusammenhang die Innovation ist für uns der wichtigste Punkt.
Die ganze Welt würde über das Thema Data Driven Business sprechen, ergänzt Winter. Doch viele Endkunden würden noch nicht einmal wissen, wo sie hinwollen, und seien auf Partner angewiesen, die sie bereits in dieser Findungsphase unterstützen. Dies seien die Partner, auf die auch Microsoft baue und mit denen man die Business-Modelle in enger Begleitung weiterentwickeln wolle. Gleichzeitig sagt Winter aber auch, dass die direkte Begleitung durch Microsoft nicht zwingend für alle Partner erstrebenswert sei. Teils hätten die Distributoren nämlich das tiefere Verständnis für die spezifischen Bedürfnisse der Partner, und gerade kleinere Partner hätten gar nicht die Ressourcen, um mit jedem Hersteller regelmässig einzeln Kontakte zu pflegen. Eine der Aufgaben, die die Distribution nämlich übernehme, sei die Integration der verschiedenen Hersteller-Beziehungen. Und letztlich sei man seitens Microsoft auf die Distribution angewiesen, um zu skalieren beziehungsweise ein angemessenes Qualitätslevel in der direkten Betreuung zu gewährleisten. Denn die Ressourcen bei Microsoft seien beschränkt und man verlange von seinen grösseren Partnern, mit ­denen man direkte Beziehungen unterhalte, ein grosses Mass an Selbstständigkeit, etwa wenn es darum geht sich zu informieren, weiterzubilden und die breiten Online-Self-Service-­Angebote, die Microsoft bietet, auch zu nutzen.

Business-Kompetenz verlangt

Während Microsoft bezüglich Direktbetreuung auf Partner setzt, die ihre Business-Modelle weiterentwickeln wollen, ist sich Thomas Winter auch im Klaren darüber, dass Business Development nicht bei allen Partnern gleich hoch oben auf der Agenda steht. «Es gibt ganz viele Partner, die zufrieden sind mit dem bestehenden Business, die anständige Deckungsbeiträge erzielen und gute Kundenbeziehungen unterhalten.» Diese Partner seien also zufrieden mit ihrem Business-Modell und darum auch nicht bereit oder in der Lage, grosse Wachstumsinvestitionen zu tätigen. «Auch das ist für uns in Ordnung, allerdings sind wir der Überzeugung, dass das Thema Data-driven Organisation gerade im Zuge der Coronapandemie nochmals deutlich an Bedeutung gewonnen hat und wir glauben, dass auch diese Partner gut daran tun würden, sich auch mit neuen Themen auseinanderzusetzen und sich zu überlegen, wie sie morgen ihr Geld verdienen wollen.»


Eines diese neuen Themen wäre Dynamics 365, wo Microsoft angesichts der nun lancierten Datenhaltung in der Schweiz mit einem gewissen Wachstumsschub rechnet. Um diesen zu bewältigen, sucht Microsoft auch zusätzliche Partner in dem Bereich.
Was für Unternehmen sind als Partner spannend und was muss ein Unternehmen mitbringen, um Dynamics-­365-Partner zu werden?
Wir suchen in erster Linie Unternehmen, die zusätzlich zur technischen Kompetenz auch Business-Kompetenz mitbringen. Insbesondere im Dynamics-Bereich sprechen wir ja nicht von reinen Technologie-Integrationsprojekten. Vielmehr spricht man als Partner mit den Kunden auch über deren Business-Themen – wo will der Kunde hin, welche Wachstumsambitionen hat er und so weiter. Naheliegend ist der Aufbau von Dynamics-365-Kompetenz sicher auch für Partner, die bereits in anderen Bereichen unseres Portfolios aktiv sind. Denn dadurch, dass wir ­Dynamics 365 nun aus der Schweiz heraus bereitstellen, können wir ein durchgängiges Cloud-Komplettangebot mit lokaler Datenhaltung offerieren, und wir haben natürlich Interesse, dass unsere Endkunden unser gesamtes Cloud-Portfolio nutzen und dazu ­einen Partner brauchen, der auch das ganze Portfolio anbieten kann. Die Kunden profitieren von den vielen ­Synergien innerhalb der verschiedenen Cloud-Angebote von Microsoft, und der Partner profitiert durch interessante Upsell- und Cross Sell-Möglichkeiten.


Wenn Sie von Business-Verständnis sprechen, das beim Partner vorhanden sein muss: Welche Skills setzt das beim Partner voraus?
Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, da sie immer auch von den Kunden abhängt, die man betreut. Ist man als Partner bei einer Grossfirma tätig, die bereits interne Strategiegruppen beschäftigt, ist es als aussenstehendes Unternehmen schwieriger, einen Mehrwert zu bringen. Hier braucht es zum Teil dann Unternehmensberater-Kompetenzen. Bei mittel­grossen Unternehmen ist es aber häufig schon extrem hilfreich, wenn man Know-how bezüglich des Designs von Business-Prozessen mitbringt. Ich glaube, dass die Fähigkeit zum Design Thinking ein sehr guter Bereich ist, auf dem man aufbauen kann. Damit ist man in der Lage, Envisioning Workshops durchzuführen, um den Endkunden aus dem Hamsterrad herauszunehmen und mit ihm gemeinsam zu eruieren, wo er hinwill, um dann diese wirtschaftlichen Themen und die Technologiefelder übereinanderlegen zu können und quasi als Übersetzer dieser beiden Welten zu fungieren. Ganz grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass das Thema ­Design im Business an Bedeutung gewinnen wird, und wäre ich ein Integrator, würde ich aktuell in den Bereich Design Thinking investieren, und weniger in die klassische Beratung. Wichtig dabei ist aber, die Technologie nicht aus dem Blickfeld zu verlieren, sonst wird es rasch sehr abstrakt.
Und welche Fähigkeiten verlangt Microsoft bezüglich Umsetzung von einem Dynamics-­365-Partner?
Um Dynamics 365 zu implementieren, braucht es natürlich die passende Expertise. Ein Partner benötigt also die entsprechenden Microsoft Certified Professionals sowie den entsprechenden Gold- oder Silber-Partner-Status mit seinen Rahmenbedingungen. Daneben setzen wir zunehmend auf die sogenannten Advanced-Specialisation-Zertifizierungen, mit denen man tiefgreifendes Know-how und Erfahrungen in bestimmten Bereichen belegen kann und die für Dynamics 365 aktuell in Vorbereitung sind. Hier schliesst sich auch der Kreis bezüglich dem Thema Differenzierung – die Anforderungen sind höher, und man muss konkrete Kundenreferenzen vorweisen können, um die entsprechenden Spezialisierungs-Levels erreichen zu können. Wir sind der Überzeugung, dass wir den Partnern so die Möglichkeit geben, sich von den Mitbewerbern zu unterscheiden.

Services monetarisieren

Allerdings: Die Zahl der potenziellen Dynamics-365-Partner, sprich der Integratoren, die über die Ressourcen, die Skills und die Grösse verfügen, um als Dynamics-365-Partner in Frage zu kommen, ist überschaubar. Winter schätzt die Zahl der Partner, die einzelne Module implementieren könnten, in der Schweizer Microsoft-Partnerlandschaft mit seinen insgesamt rund 4500 Partnern auf gut 200, während die Zahl der Partner, die das gesamte Portfolio beherrschen können, bei gegen 100 liegen dürfte. «Aber diese Frage allein ist nicht entscheidend. Entscheidend ist auch, wie hoch die Marktnachfrage ist und wie viele Endkunden bereit und in der Lage sind, in ein Gesamtportfolio zu investieren.» Aus dieser Überlegung heraus habe man auch keine quantitativen Ziele formuliert, was das Wachstum der Dynamics-365-Partner angeht. «Entscheidend ist für uns, genügend Partner zu haben, um die Nachfrage abzudecken. Gleichzeitig ist uns wichtig, dass unsere Partner die Services, die sie anbieten, auch monetisieren können. Denn ein Überangebot hat eine Margenerosion zu Folge, was nicht in unserem Sinne oder im Sinne der Partner ist. Hier die Balance zu finden ist aber nicht ganz einfach.»
Es ist aber nicht etwa so, dass es aktuell zu wenige Dynamics-365-Partner gibt und Microsoft auf einem Berg von Dynamics-365-Leads sitzt, die darauf warten, an Partner weitergegeben zu werden?
Aus den Gesprächen, die ich mit unseren Partnern geführt habe, weiss ich, dass sie eher Mühe haben, die Kundennachfrage zu bedienen. Wir können also nicht so schnell Know-how aufbauen, wie Kundennachfrage da ist. Und es ist in der Tat so, dass wir Leads an unsere Partner vergeben können.


Welche Anreize hält Microsoft sonst noch für seine Dynamics-365-Partner bereit?
Uns ist es ein Anliegen, dass der Partner eine Leistung erbringen kann, für die der Kunde auch zu bezahlen bereit ist. Natürlich gibt es auf den Produkteverkauf eine Marge, und auch wir haben Partner-Incentive-Programme. Doch für Dynamics 365 soll dies nicht die Hauptmotivation sein. Unser strategischer Fokus liegt darauf, dass der Partner die Dienstleistungen zu Geld machen kann, die er beim Endkunden erbringt.
Wie sieht es bezüglich Dynamics 365 mit wiederkehrenden Einnahmen aus?
Gerade im Dynamics-Bereich sind die Kundenbeziehungen in der Regel langfristig und die Kundenbedürfnisse ständigen Veränderungen unterworfen – zum einen aufgrund von Marktveränderungen, zum anderen deshalb, weil Microsoft immer wieder neue Innovationen lanciert. Der Partner, der eine gute Kundenbeziehung unterhält und sich im Initialprojekt beweisen konnte, dürfte also automatisch von wiederkehrendem Umsatz profitieren. Und dann gibt es auch Partner, die die Produkte in Eigeninitiative als Managed Service anbieten oder Service-Leistungen als Lösungen paketieren – hier ist Kreativität gefragt.


Können Sie noch etwas ausführen, wie Dynamics 365 mit dem restlichen Microsoft-Portfolio verknüpft ist respektive welches Know-how man als Reseller mitbringen sollte, damit der Einstieg mit Dynamics 365 leichter fällt?
Die Power Platform in ihrer ganzen Ausprägung ist sicherlich ein guter Einstiegspunkt für Dynamics. Auch Microsoft 365 hat Anknüpfunkte an Dynamics 365. Zudem ist Dynamics ja wie erwähnt modular aufgebaut, man kann also dort einsteigen, wo man sich am wohlsten fühlt. Was ich in diesem Zusammenhang noch erwähnen möchte ist, dass man sich als Partner durchaus auch Expertise an einem Ort aufbauen kann und für andere Bereiche mit anderen Partnern zusammenarbeiten kann, so dass man nicht das ganze Know-how mit den entsprechenden Investitionen selbst auf einen Schlag aufbauen muss.
Das Thema Zusammenarbeit bringt mich zur letzten Frage: Sind auch Partner von Mitbewerbern von ­Microsoft – SAP- oder Salesforce-­Partner zum Beispiel – als Dynamics-365-­Partner spannend, weil etwa das ­Business-Verständnis bereits vorhanden ist und sich die technologische Implementation nicht wahnsinnig unterscheiden dürfte? Oder macht es für einen Partner wenig Sinn, zweigleisig zu fahren?
Was für einen Partner Sinn macht und was nicht, muss er selbst beantworten.Es gibt aber durchaus Partner, die mehrere Lösungen in ihrem Portfolio haben. Aus unserer Sicht kann ich nur sagen: Wir glauben, ein gutes Produkt anzubieten, und wir freuen uns, wenn ein Partner unserer Mit­bewerber ­zusätzlich auch unser ­Produkt prüfen will. Wir sehen in gewissen Bereichen durchaus auch eine Koexistenz, sind beispielsweise mit SAP auch part­nerschaftlich verbunden. Und es ist schon so, dass man als erfolgreicher ­Reseller solcher Business-Applika­tionen das nötige Business- und Prozessver­ständnis mitbringt und der Einstieg darum leichter ist. Wer aber mehrere Plattformen kompetent anbieten will, braucht sicherlich eine gewisse ­Grösse. (mw)


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