Neuerungen bei der Kaufgewährleistung - was kommt auf uns zu?

Der Bundesrat will das Gewährleistungsrecht beim Kauf an die EU-Richtlinien anpassen. Die Bundesverwaltung hat dafür eigens ein Projektteam einberufen. Das Team stellt nun drei mögliche Szenarien zur Diskussion.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/12

     

Kauft eine Person in der Schweiz ein elektronisches Gerät, das mit Mängeln behaftet ist, kann sie sich auf verschiedene Rechte berufen. Diese Gewährleistungsrechte erlöschen nach zwei Jahren ab Erhalt der Ware. Die EU hat vor drei Jahren die Mindestvorgaben des Gewährleistungsrechts zugunsten Konsumenten und Umwelt verschärft. In der Praxis führt dies vereinzelt zu Unsicherheiten. Und dennoch: Die neuen EU-Regeln gehen an der Schweiz nicht spurlos vorbei.

Eins, zwei oder drei?

Der Bund hat prüfen lassen, ob und inwieweit die Schweiz sich den Regeln anpassen soll. Im Schlussbericht skizziert das Projektteam drei Szenarien. Das Resümee basiert auf Fallstudien, einer Ökobilanz und einer Umwelt-Analyse.

1. Im Nullszenario ändert sich gegenüber dem Status quo nichts.

2. Im Basisszenario übernimmt die Schweiz die EU-Richtlinien und schliesst damit die Mängel, unter anderem im Bereich der digitalen Produkte. Der Bund rechnet mit geringen Anpassungskosten.

3. Im Plusszenario (Swiss Finish) geht die Schweiz über die EU-Vorgaben hinaus und verlängert unter anderem die Gewährleistungsfrist um bis zu fünf Jahre. Somit steigt auch der finanzielle Aufwand.

Defizite der EU-Regelung

Die Beweislastumkehr zu Gunsten der Endkunden führt in einzelnen EU-Staaten dazu, dass Hersteller defekte Geräte automatisch durch neue ersetzen. Das ist einfacher und kostengünstiger, als den Beweis zu erbringen, dass der Kunde den Schaden verursacht hat. Ähnlich verhält es sich mit dem Konsumentenwahlrecht: Das Abwägen zwischen «Right to repair» und «Ersatzvornahme» obliegt neu dem Konsumenten. Bisher haben Fachpersonen die Verhältnismässigkeit geprüft – das fällt nun weg.

Die negativen Folgen bei einem Plusszenario

Aus Sicht von Swico enthält das Plusszenario mehrere kritische Punkte. Das Risiko wäre zum einen, dass die Schweiz nicht mehr uneingeschränkt mit elektronischen und elektrischen Geräten aus dem Ausland beliefert würde. Zudem schränkt dieses Szenario den Wettbewerb um freiwillige Garantieleistungen ein. Zum anderen taxiert der Bund die Mehrkosten für Konsumenten als geringfügig bis moderat. Der Dachverband Digitaleurope rechnet mit anderen Zahlen: Er schätzt, dass eine Fünf-Jahre-Garantie die elektronischen Produkte um bis zu 30 Prozent verteuert. Und schliesslich wären Hersteller gezwungen, Einzelteile über einen längeren Zeitraum anzufertigen, zu warten und zu lagern – unabhängig der Nachfrage. Überschüssige Ersatzteile wiederum führen zu zusätzlichem Abfall und belasten in der Konsequenz die Kreislaufwirtschaft.

Zwischenfazit – wie weiter?

Aus Sicht von Swico besteht beim Gewährleistungsrecht kein Änderungsbedarf. «Wir werden uns politisch weiterhin für ein Nullszenario einsetzen», sagt Ivette Djonova, Head Legal & Public Affairs bei Swico. «Strebt der Bund eine Angleichung an die EU an, wollen wir in den Punkten Beweislastumkehr und Konsumentenwahlrecht mehr Klarheit.» Das Plusszenario ist keine Option. Noch ist ungewiss, wann das Parlament darüber abstimmen wird.


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