Der Fujitsu-Siemens-Merger: «Wir wollen die Nummer 1 werden»

Bei jeder Fusion gibt es Gewinner und Verlierer, so die Faustregel. Der neue Schweizer Geschäftsführer Roger Semprini bestreitet dies vehement. Ein Gespräch.

Artikel erschienen in IT Reseller 1999/19

   

Nach der Bekanntgabe des Joint-Ventures Fujitsu Siemens Computer herrschte in der Schweiz zuerst Schweigen. Nun ist vieles klarer geworden und Roger Semprini kann endlich das tun, was er schon lange gerne würde: Stellung nehmen.
IT Reseller: Die Fujitsu-Leute scheinen die Verlierer der Fusion zu sein und man hört von einem Exodus bei Fujitsu Schweiz.
Roger Semprini: Es gab tatsächlich Leute, die Fujitsu Schweiz verlassen haben. Aber das war im Juni, also noch vieles in der Schwebe war. Seitdem Klarheit herrscht, gab es keine Kündigungen mehr. Unser Ziel heisst Wachstum und wir brauchen jetzt gute Leute. Wir stellen z.Zt. weitere Vertriebs- und Marketing-Leute sowie Systems Engineers/Supportleute ein.
Seitdem wir endlich kommunizieren dürfen, wächst die Motivation bei unseren Leuten auch wieder. Die ersten Leute aus Mägenwil sind bereits in unseren neuen Büros in Kloten eingezogen. Der Entscheid für den Standort Kloten wurde sehr genau diskutiert – eben weil wir keine Leute verlieren wollen. Für 70% der Fujitsu-Mitarbeiter ist der Standort Kloten besser. Mägenwil wird per Anfang 2000 aufgegeben. Weitere Niederlassungen sind Bern-Belp und Renens.
ITR: Trotzdem haben wir den Eindruck, dass Siemens-Leute und die Siemens-Kultur die neue Firma Fujitsu-Siemens Computers in der Schweiz dominieren.
RS: Wir sehen die Gefahr, dass dieser Eindruck entsteht. Aber es gibt keine Kulturunterschiede zwischen den Ex-Fujitsu-Leuten und den Ex-Siemens-Leuten. Wir waren die Exoten innerhalb des Siemens-Konzerns. Bei uns gibt es, genau gleich wie bei Fujitsu, sehr viele junge Leute. Siemens hat nicht Fujitsu übernommen, sondern es ist ein Joint-Venture. In jedem Land wurden die Stärken und Schwächen sehr gut angeschaut und die beste Lösung gesucht. Winfried Hoffmann, President Marketing & Vertrieb, kommt zum Beispiel von Fujitsu. Und in der Schweiz ist Björn Lyoth für den wichtigen Bereich Channel und KMU verantwortlich.

ITR: Wie haben Ihre Kunden reagiert?

RS: Unsere Kunden freuen sich, denn wir haben jetzt die kompletteste Produkte-Palette am Markt. Von den Mainframes bis zu Notebooks zählen wir jetzt überall zur Spitze. Bei den Notebooks hatten wir früher im Grosskunden-Geschäft keine Chance. Das wird sich jetzt massiv ändern, da wir u.a. der am schnellsten wachsende Notebook-Hersteller sind. Fujitsu-Siemens Computers ist eine rein europäische Unternehmung. Das hat seine Vorteile, besonders wenn es um Customizing geht. Wir können den Grosskunden über einen längeren Zeitraum hinweg exakt die gleichen Computer bis aufs Bios hinunter anbieten. Das kann sonst keiner.

ITR: Die Gretchenfrage bei jedem ITR-Interview. Was tut ihr für den Channel?

RS: Fujitsu-Siemens Computers ist, ausser bei den Mainframes, eine 100% Indirekt-Company und wir werden auch dabei bleiben. Alle unsere Intel-Produkte werden ausschliesslich indirekt vertrieben. Wir haben heute 10 bis 15 direkt von uns belieferte Partner und mehr als 200 Partner, die bei den Distis ALSO-ABC, Computer 2000 und Sacom einkaufen. Die Distis ergänzen sich gut und Sacom macht für uns sehr viel in der Westschweiz.
ITR: Und wann beginnen Sie direkt oder halb-direkt über eine Website zu verkaufen und Ihre Kunden mit den neuen CRM-Tools direkt zu betreuen?
RS: Gar nicht. Wir werden eine Site aufbauen, aber auch dort nicht direkt verkaufen. Der Kunde kann sich dort seinen Lieferanten auswählen. Die CRM-Bewegung hat sich noch nicht bestätigt. Im Consumerbereich werden die Kunden von solchen Sachen begeistert sein, aber für die KMUs braucht es persönliche Beziehungen von Mensch zu Mensch. Wir profitieren von der Verunsicherung im Channel über die Direktverkaufsstrategien anderer Hersteller, zum Beispiel von Compaq. Die Händler rennen uns buchstäblich die Türen ein.
ITR: Welche Produktelinien wird Fujitsu Siemens weiterentwickeln, welche einstellen?
RS: Die Server-Linien werden zusammengeführt. Die Primergy-Server werden in Deutschland weiter entwickelt und auch in Asien und den USA vertrieben. Die Fujitsu-Notebooks werden mit Siemens-Features ausgebaut. Der Name wird Lifebooks sein. Die Notebooks werden in Zukunft von Fujitsu in Japan produziert. Wir haben den Vorteil, dass Fujitsu eigene TFT-Technologie besitzt und selbst Flachbildschirme herstellt. Die PCs werden alle in Europa entwickelt und produziert.

ITR: Was werdet Ihr im Retail-Kanal machen?


RS: Wir sind bereits heute die Nummer 1 im Consumermarkt in der Schweiz. Unsere Consumer-Produkte sind praktisch bei jedem Retailer erhältlich. (Interview: hc)


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