Revolution durch nutzenorientierte Lern-Software

«Datenbanken liefern nur ein Zerrbild der Wirklichkeit», sagt einer, der jahrelang im Datenbankgeschäft und Direktor bei Oracle war. Bobby Yazdani (Bild), CEO von Saba Software, sieht Wettbewerbsvorteile nicht in Information Mananagement, sondern in der Entwicklung von Ökosystemen in Form von Wissensnetzwerken.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/19

     

Jeder spricht heute von Wissensmanagement, aber die wenigsten Unternehmen praktizieren es. Eine der Firmen, die sich in diesem Sektor neu positioniert hat und den konsequenten Weg hin zu objektorientierten, modularen Wissensbausteinen geht, ist Saba Software.
Es zeichnet sich immer mehr ab, dass die intelligente Verknüpfung von Inhalten, das sogenannte Kontext-Management, zu einem Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg avancieren wird. Dies bedeutet, dass neben den systemorientierten Geschäftsprozessen zukünftig vor allem das gemeinsame interfaceorientierte Lernen vernetzter Wissensarbeiter und deren Kunden im Mittelpunkt der Weiterentwicklung der Software stehen wird.
Damit avancieren Faktoren wie die Umlaufgeschwindigkeit, die Interaktion, die Entlernungs-, sowie die Innovationsrate von Wissen, zu den entscheidenden Katalysatoren für die Wachstums- und Überlebensfähigkeit von Unternehmen. Artur P. Schmidt, Publizist und Experte für neue Medien, hat mit Bobby Yazdani, CEO von Saba Software, in Zürich ein Interview geführt.
Artur P. Schmidt: Das sogenannte «Mass Customization» für Wissen wird ein wichtiger Trend des elektronischen Lernens sein. Welche Entwicklungen sehen Sie voraus, um ein «Learning on Demand» zu ermöglichen?
Bobby Yazdani: Ich sehe vier Bereiche voraus, die sich in den Lern-Märkten entwickeln: Der erste Bereich wird der der Software-Plattformen sein, die eine Vielzahl von Dienstleistungen und Inhalten wie Video-On-Demand, Audio, selbständige Trainingskurse, Bücher oder CDs integrieren. Zu diesen Plattformen wird es komplementäre Technologien geben, die ein grosses technologisches Wissen und Know-how im Bereich des Wissensmanagements erfordern: Adaptive Testing Technologien, Video-On-Demand-Technologien sowie Technologien für das Zusammenarbeiten von Menschen.
Der dritte wichtige Bereich wird der der Inhalte sein. Es wird eine Vielzahl von Verkäufern für bestimmte Inhaltspakete, massgeschneiderten Content und beliebige Formen von Multimedia-Inhalten geben. Hinzu kommen auch noch Dienstleistungsanbieter für Change Management, System-Integration sowie die Implementierung von Lernprozessen.
APS: Welche Bedeutung hat für Sie der aktuelle Trend hin zum Aufbau von Business Ökosystemen?
BY: Eine exzellente Frage. Ich denke, der Aufbau von Ökosystemen in der Wirtschaft ist sowohl ein neues wie auch ein altes Paradigma. Globale Geschäftsbeziehungen gibt es in Unternehmen schon seit langem. Heute sind es vor allem die Technologiefirmen, die aussergewöhnliche Werte für Ihre Kunden schaffen müssen.
Um dies in sehr kurzer Zeit zu erreichen, ist es notwendig, mit einer Vielzahl von Partnern zusammenzuarbeiten, um schnellstmöglich Lösungen zu erarbeiten, die den Kunden zufriedenstellen. Hierbei liefert ein Ökosystem zwei wichtige Vorteile: Der erste ist «Time to market» für eine Kundenlösung und der zweite der Aufbau von Beziehungen, die durch Medienkanäle verstärkt werden können. Beides zusammen liefert einen höheren Wert für alle Geschäftspartner.

APS: Welches sind Ihre potentiellen Hauptmitbewerber?

BY: Wir sehen zwei Kategorien von Wettbewerbern. Eine Kategorie bilden die Anbieter von Inhalten, die auch Technologieplattformen liefern. Es gibt eine starke Strömung in diesem Bereich, die Kosten für bestimmte Inhalte oder Inhaltsbereiche zu senken. Darüber hinaus geht es darum, dass die Plattformen den Kunden vor einem Informations-Overflow schützen. Der Kunde entscheidet, welchen Inhalt und in welcher Form er in die Plattform integriert haben möchte. Der zweite Bereich sind typische ERP-Verkäufer, die versprechen «End-to-End»-Lösungen zu haben.
Hier gibt es jedoch einen völlig neuen Attraktor. Es geht darum, die Geschäftsmodelle in die Plattformen zu integrieren, wenn man für den Kunden Werte schaffen will. Es ist eben nicht trivial einige Leute in einen Raum zu bringen und eine Plattform aufzubauen. Wir haben alleine 120 Software-Entwickler, die Plattformen programmieren, warten und weiterdenken.
APS: Was sind somit Ihre Kernkompetenzen und der Wettbewerbsvorteil von Saba Software?
BY: Hier sind drei Gebiete zu nennen. Unser grösster Vermögenswert sind sicherlich unsere Kundenbeziehungen. Wir lernen zusammen mit unseren Kunden. Damit können wir verstehen, welche Werte für den Kunden geschaffen werden müssen und wo die grössten Herausforderungen liegen. Zweitens haben wir Menschen mit einem tiefgehenden Verständnis für Wissensmanagement. Wir erarbeiten heute nicht nur die Technologie, sondern auch die Methodologie, um Plattformen in Lernumgebungen zu integrieren. Drittens sind wir ein Unternehmen, dass sich sehr stark auf das Wissensmanagement spezialisiert hat. Wir wollen keinen Mehrwert anpreisen, der möglicherweise gar nicht existiert.
APS: Sie haben kürzlich zwei neue Produkte lanciert. Können Sie uns mehr darüber sagen?
BY: Mit unserer ersten Produktlinie, einen Ansatz für das Lernen in grossen Unternehmen, haben wir Saba im Markt positioniert. Sehr schnell haben uns unsere Kunden erzählt, das Lernen zwar grossartig ist, aber was sie wirklich benötigen ist eine Software, die den Nutzen von Lernen bewertet. Zwar wurde Lernen als ein Prozess und ein Geschäftswerkzeug benutzt, aber es gibt einen starken Bedarf an der Messung der Wirksamkeit des Lernens.
So haben wir Leistungsmessungssysteme als eine zweite Produktlinie eingeführt. Heute haben wir Leistungsmessungs- und Lernsysteme als integrierte Lösungen für die Strategieumsetzung unserer Kunden. Das dritte Gebiet, auf dem wir arbeiten, sind Inhalte und das Management dieser Inhalte. Wir wollen unseren Kunden einen systematischen Ansatz für die Gewinnung und die Weiterverarbeitung von Wissen in Form von Lernobjekten zur Verfügung stellen. Damit können die Kosten für die Generierung von Inhalten gesenkt und die Wiederverwertbarkeit und die Verteilung von Inhalten verbessert werden. Dieses Problem müssen wir als nächstes lösen.
APS: Sie kommen von Oracle und waren sehr lange Zeit im Datenbankgeschäft. Wieso haben Sie Oracle verlassen?
BY: Ich habe Oracle verlassen, weil ich nicht mehr daran glaube, dass Information Management einen Wettbewerbsvorteil liefert. Ich bin mit den Datenbanken aufgewachsen und glaube, dass diese uns nurmehr ein Zerrbild der Wirklichkeit liefern. Jeder hat heute Zugang zu derselben Art von Information, derselben Art und Weise zusätzliche Informationen zu gewinnen. Deshalb kommt es darauf an, eine Differenz zu schaffen und diese liegt in den Feldern der Entwicklung des menschlichen Kapitals und des Wissensmanagements.
Es reicht nicht aus, die richtigen Leute im Unternehmen zu haben, sondern es geht vor allem um die richtigen Leute im Ökosystem, den Lieferketten und den Nachfrageketten, wenn die Produktivität hoch sein soll. Die Überlebenden der heutigen Marktturbulenzen werden die Firmen sein, die schneller und wirksamer als bisher mit dem Wissen der Mitarbeiter und Kunden umgehen können.


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