Daniel Waldvogels antizyklisches Credo

Mitten in der Absatzschwäche für Business-PCs stellt ein lokaler Assemblierer einen eigenfinanzierten Neubau hin. Wie geht das?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/14

     

Bei Jet in Ramsen ist man stolz. Während die US Multis unter den PC-Herstellern in den letzten Monaten eher mit Nachrichten von Massenentlassungen von sich reden machten, hat man in Ramsen einen Neubau hingestellt. Der Neubau sei eigenfinanziert, erzählt Jet-Chef Daniel Waldvogel.
Kann man mit dem Zusammenschrauben von günstigen PCs tatsächlich noch so viel Geld verdienen? Die Antwort ist eigentlich banal: Jet ist schon lange kein reiner Assemblierer mehr. Die Schaffhauser machen heute mehr als die Hälfte des Umsatzes mit Distribution respektive Brokering. «Reines PC-Assembling wird tatsächlich eine schwierige Sache. Man kommt stark unter Druck von Seiten der A-Brands», meint Marketing-Direktorin Simona Maier.
Doch ein Ausstieg aus der PC-Produktion komme nicht in Frage, obwohl man heute wesentlich mehr Notebooks herstellt als PCs, so Jet-Chef Daniel Waldvogel. «Wir wollen unseren Wiederverkäufern noch exklusivere Maschinen, z.B. solche mit einem GB RAM anbieten. So können wir uns von den A-Brands differenzieren», meint Waldvogel.
Ein solcher PC könnte mit RAM-Batterie-Pufferung ausgestattet werden, so dass trotz Abschalten ein Neustart nicht mehr nötig wäre. Dasselbe Konzept stand hinter der Lancierung des «Mini-PCs», der zwar kein gewaltiger Umsatzrenner wurde, aber Jet oder Jet-Kunden, die das PC-lein unter eigenem Label vertrieben, zur Differenzierung verhalfen.

«Hunderte von Barebones»

Waldvogel versucht seine Kunden dazu zu ermuntern, PCs auch selbst zu bauen. «Das PC-Geschäft wird lokalisierter. PCs sind so leicht verderblich geworden wie Früchte. Das ist eine Chance für unsere Händler.»
Auch Notebooks will man bei Jet nicht unbedingt selbst bauen. Für mittelgrosse PC-Händler werde es nun interessant, Barebones (Notebooks ohne HD, Speicher und Prozessoren) zu kaufen und selbst zu assemblieren. «Wir haben Kunden, die hunderte von Barebones ordern», so Waldvogel. Jet will durch den Verkauf der Komponenten und vor allem durch die eigene Service-Abteilung verdienen. Während einige grosse Hersteller Service-Zeiten von sechs Wochen für kaputte Notebooks haben, könne ein Jet-Kunde dem Kunden das Notebook innert fünf Tagen zurückgeben, so Simona Maiers Eigenwerbung.
Der Marktkenner mit besten Beziehungen nach Taiwan schätzt, dass die Preise bei den 14-Zoll-TFT-Bildschirmen nicht mehr gross sinken werden. Bei den 15-Zöllern sieht er aber noch Raum für Preissenkungen, respektive mehr Leistung für’s gleiche Geld.

Distributor / Broker

Warum verstärkt Waldvogel die Distributions-Aktivitäten ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo gleich reihenweise andere Komponenten-Distis in Probleme geraten sind oder fusionieren? Waldvogel teilt die Einschätzung, dass die Unruhe in der Komponenten-Distribution noch nicht vorbei ist. «Die Kombination ist entscheidend: Wir sind auch Assemblierer und auch Broker. Sozusagen eine ‘Einkaufsgenossenschaft’ für kleinere und mittlere Assemblierer», so der Self-Made-Man.
Tätsächlich ist Jet eher Broker denn Distributor, denn die Schaffhauser führen keine kompletten Paletten eines Herstellers, sondern kaufen jeweils ein, was günstig zu haben ist oder was der Markt verlangt. Dass sich trotzdem ein Lagerwert von über drei Mio. Franken angehäuft hat, zeigt das Gewicht, das die Distribution heute bei Jet hat. (hc)


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