Sun Ray Appliance: Der Nischen-Thin-Client

Mit ziemlich grossem Brimborium lancierte Sun im Herbst 99 die «Sun Ray»-Enterprise Appliance. Seitdem wurde es still um Suns Thin-Client-Konzept. Ein Gespräch mit Sun zeigt: Das Konzept ist nicht für jedermann.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/10

     

Unser Korrespondent kehrte im September 99 einigermassen begeistert von der erstmaligen Präsentation der «Sun Ray»-Appliances in New York zurück. Die Sun-Oberen seien bei der Präsentation auf der Bühne herumgerast, hätten sich laufend auf einer anderen Appliance eingeloggt und damit gezeigt, dass langweilige Start- und Anmeldeprozeduren auf Client-Computern der Vergangenheit angehören.
Tatsächlich liegt im sogenannten «Hot-Desk» der Hauptvorteil des Sun-Konzepts. Jeder User erhält eine Smartcard. Loggt er sich über eine «Sun Ray»-Appliance ein, wird auf dem Server die Session gestartet. Zieht man die Karte aus dem Gerätchen, besteht die Session auf dem Server weiterhin, so dass man von jedem anderen Arbeitsplatz aus ohne lange Prozeduren darauf zugreifen kann.

Wirklich schlanker Thin-Client

Suns Angebot besteht zur Zeit aus Software für Solaris-Server und drei verschiedenen Appliances. Die Applikationen laufen auf dem «Sun Ray Server» unter Solaris oder dann auf einem NT-Server (mit Windos Terminal Server und Citrix Metaframe), einem Mainframe (S/390), Mac oder Unix-System. Das Endgerät selber hat kein Betriebssystem und empfängt vom Server tatsächlich nur Pixel-Informationen. Der «dünne» Client hat je vier USB-Schnittstellen, Audio/Video-Ausgänge und eine Ethernet-Schnittstelle.
Unterdessen gibt es drei Versionen des Thin-Clients (Sun Ray 1, Sun Ray 100 und Sun Ray 150). Die beiden neueren Versionen sind im Bildschirm integriert.

Die Kunden:
Schulen, SW-Entwickler, CAD-Anwender

Auf unsere Rückfrage hin hat Sun Schweiz uns eine (fast) komplette Liste aller existierenden Implementationen mit Sun Ray-Appliances zur Verfügung gestellt. Auffallend ist, dass Sun Ray-Umgebungen nicht als Ersatz für bestehende Windows-C/S-Infrastrukturen ihren Platz finden, sondern entweder «auf der grünen Wiese» bei Neuprojekten oder in Sun-Umgebungen eingesetzt werden. Hier einige Beispiele:
So hat das Mathematische Institut der ETH Zürich 30 Arbeitsplätze mit Sun Ray-Appliances ausgerüstet und die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Verwaltung (ehemals Juventus) ersetzte 40 alte DEC-Workstations mit Sun Rays. Interessant ist das Projekt der Freien Evangelischen Schule in Lörrach. Dort werden gegen 100 komplett neue Arbeitsplätze mit Sun Rays ausgestattet. Der verantwortliche Mathematik-Lehrer wollte eine administrationsfreie Umgebung und robuste Clients, mit denen jedes Kind umgehen kann.
Zu den erwähnten Beispielen kommen weitere Bildungsinstitutionen. Als Applikationen werden neben dem Browser Staroffice oder auch Microsoft-Office eingesetzt, sowie natürlich spezifische Unix-Software.
Andere Installationen finden sich bei typischen Sun-Kunden. So setzt die Berner Bernaphone 11 Sun Rays für Chipdesign ein und Systor hat gegen 60 Sun Rays in Basel und Zürich im Einsatz. Dort setzt man die Thin-Clients vor allem an Arbeitsplätzen ein, wo bisher bis zu drei verschiedene Bildschirme standen.

Kein PC-Ersatz

Wolfgang Volkart, Data Center Consultant bei Sun, bestätigt, dass sich Sun Ray nicht für den Ersatz von klassischen Client/Server-Umgebungen eignet. Volkart: «In der Schweiz sind PC-Netze in Firmen extrem verbreitet. Auf den meisten PCs laufen Applikationen, die man nicht ersetzen kann. Deshalb haben wir keine Chance in reinen Windows-Umgebungen, sondern es muss eine Solaris-Applikation da sein, damit unser Konzept Sinn macht. Das Sun-Ray-Konzept bewährt sich als reines Gateway für Thin-Clients kostenmässig nicht, denn die Software-Lizenzen muss man sowieso zahlen.»
So gibt es bei grossen Firmen Projekte, Sun Ray in bestimmten Bereichen einzusetzen. Zum Beispiel in Umgebungen, wo die Mitarbeitenden mehrere Bildschirme bräuchten, wie dies bei Tradern oder Software-Entwicklern der Fall ist, oder dort, wo spezifische Applikationen (z.B. Java) gefahren werden.

Kleine Verbesserungen


Bei kommenden Releases sind keine grossen Würfe, sondern viele kleine Verbesserungen zu erwarten, so Volkart. So soll die Anbindung an ein WLAN mit Tools unterstützt werden und die Administration wird verbessert. Bisher war es nur möglich, für jeden Sun-Ray-Server je ein einheitliches Regelset aufzustellen. Dies soll sich ab Release 3 ändern. Ausserdem will Sun zusätzliche Peripherie-Geräte am Client, zum Beispiel CD-ROM-Laufwerke, unterstützen. (hc)


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