Vertriebsflash: Die eierlegende Wollmilchsau


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2011/06

     

Sie hat den Kopf eines Schweins, das wollige Fell eines Schafs und das Euter einer Milchkuh! Die Rede ist von der eierlegenden Wollmilchsau.
Obwohl dieses Tier bis heute nur in den Köpfen einiger Wissenschafter herumgeistert, scheinen doch viele Firmen nach genau dieser vielseitig einsetzbaren Spezies Ausschau zu halten, wenn sie einen neuen IT-Verkäufer suchen: Da wird der 30 Jahre alte dynamische Verkäufer mit Hunter-Qualitäten gesucht, welcher gleichzeitig noch über ausgezeichnete technische Kenntnisse verfügt.
Zugegeben: Die Anforderungen, die an den Beruf eines IT-Verkäufers gestellt werden, sind hoch. Gerade spezifisches Fachwissen im IT-Bereich ist unerlässlich, um die Anforderungen des Kunden zu verstehen und ihm basierend darauf dann eine auf seine Bedürfnisse ausgerichtete Lösung präsen­tieren zu können. Nur so ist es möglich, dass man vom Kunden auch als kompetenter Gesprächspartner überhaupt ernst genommen wird.
Andererseits wird aber im fachlichen Umfeld teilweise die Messlatte so nach oben geschraubt, dass sich damit die Auswahl der in Frage kommenden Kandidaten drastisch reduziert.
Wenn ein ERP-Verkäufer gesucht wird, und es nicht genügt, dass dieser Erfahrung im Vertrieb von Unternehmens-Software-Lösungen mitbringt, sondern beispielsweise vorher genau im Zielmarkt der Fertigungsindustrie tätig gewesen sein musste oder als Storage-Verkäufer nur Kandidaten in Frage kommen, die aktuell Produkte eines bestimmten Herstellers vertreiben, dann wird es sehr schwierig, den richtigen Mitarbeiter zu finden.
Vor allem aber: Die Chance, am Ende doch die falsche Person einzustellen, ist durchaus gegeben. Noch nie habe ich es nämlich erlebt, dass ein Arbeitsverhältnis mit einem IT-Vertriebler wieder aufgelöst wurde, weil man diesem vorwarf, es mangle ihm am notwendigen technischen Verständnis. Wenn es zum Eklat zwischen Firma und Vertriebsmitarbeiter kommt, so sind es in erster Linie die sogenannten Softfaktoren, die dafür verantwortlich sind. Dazu gehören beispielsweise mangelnder Arbeitseinsatz, Desinteresse, zu wenig Biss, fehlende Abschlussstärke, schlechte Kommunikationsfähigkeiten oder schlicht zwischenmenschliche Probleme zwischen Verkäufer und Vorgesetzten.
Genau diese Aspekte gälte es darum im Rekrutierungsprozess kritisch zu begutachten. Doch im Gegensatz zum checklistenartigen Abfragen von technischem Know-how, sind solche Kompetenzen eben in einem Interview viel schwieriger zu ermitteln, bräuchte es dazu doch vor allem gute Menschenkenntnisse und mitunter auch den Mut, sich auf sein eigenes Bauchgefühl zu verlassen.
Als Personalberater stelle ich immer wieder fest, dass Kandidaten, welche weniger auf Grund ihrer fachlichen Qualifikationen sondern vielmehr wegen ihrer Persönlichkeit eingestellt wurden, häufig schon nach kürzester Zeit sehr erfolgreich sind und die ihnen von der Firma gebotene Chance für sich zu nutzen wissen. Es ist eben viel einfacher, sich im Eigenstudium fehlendes Know-how anzueignen, als einen technisch brillanten aber menschlich introvertierten Eigenbrötler ohne Biss und Eigenmotivation zur Verkaufsrakete mutieren zu wollen.

Markus Schefer

Markus Schefer ist selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel für das Fach
«Verkauf». markus@scheferpersonal.ch (ms)


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