Sun: mit «Jxta» gegen Microsoft

Sun hat an der O’Reilly-Konferenz in San Francisco seine Peer-to-Peer-Strategie «Jxta» vorgestellt und damit klar den Absichten von Microsoft entgegengestellt, Windows mittels .Net zur Basis für die Internet-Nutzung zu machen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/04

     

Spätestens seit dem Erfolg von Napster ist offenkundig, dass dem Peer-to-Peer (P2P)-Gedanken eine immer größere Bedeutung zukommt. Clay Shirky, Partner einer Venture-Kapital-Gruppe und einer der P2P-Propheten, ist überzeugt, dass sich der Trend zu P2P-Lösungen in Zukunft noch verstärken wird: «Die nur zeitweise betriebenen Clients am Netz entsprechen zusammen einer Rechenleistung von einer Milliarde MHz und mindesten 1000 TByte Festplattenkapazität. Das weckt Begehrlichkeiten.» P2P-Lösungen, im nicht-kommerziellen Bereich des Internets längst etabliert, würden sich auch in der Geschäftswelt immer stärker durchsetzen.
An der O’Reilly Peer-to-Peer-Konferenz in San Francisco ist jetzt Sun offiziell auf den Zug aufgesprungen. Chief Scientist Billy Joy hat dort sein Jxta-Konzept vorgestellt und an die anwesenden Entwickler appeliert, daran mitzuarbeiten

Open Source

Billy Joy rief dazu auf, bei der Standardisierung mitzuhelfen, damit Jxta die Basis für neue P2P-Anwendungen werden könne. Damit stellt sich Sun klar den Intentionen von Microsoft entgegen, Windows mittels .Net zur Basis für die Internet-Nutzung zu machen. Logisch, dass Sun in dieser Situation versucht, Microsofts grösste Gegner, die Open Source Gemeinde, in ihre Bemühungen einzubinden. Jxta soll als Open Source Software veröffentlicht werden, so dass es jedermann weiterentwickeln und verbreiten kann. Sun erhofft sich davon eine Peer-to-Peer-Infrastruktur, auf der dann kommerzielle Anwendungen aufbauen können.
Jxta soll Standards bieten, wie sich Geräte in einem P2P-Netz identifizieren und einordnen. Die Software wird innerhalb des Netzes Pipelines für die Verteilung von Aufgaben etablieren und Mechanismen für die Überwachung und Kontrolle der Aufgaben bereitstellen. Jxta enthält zudem Sicherheitsmechanismen, die sicher stellen sollen, dass verteilte Anwendungen dem Gerät, auf dem sie ablaufen, nicht schaden.
Jxtra soll in ONE (Open Net Environment), Suns Vision vom künftigen Internet, eingebettet werden. Joy: «Es wird voraussichtlich einer der einfachsten Teile werden. Wir wollen daraus auf keinen Fall etwas so kompliziertes wie .Net machen.»
Joy widersprach auch allen Verdächtigungen, dass Sun neu entstehenden P2P-Markt kontrollieren wolle. Jxtra solle vielmehr eine lingua franca werden, die unterschiedlichen P2P-Applikationen erlaube, zusammenzuarbeiten.
Der erste Release, der im April auf der CollabNet-Site veröffentlicht werden soll, wird jedoch allen Open Source-Beteuerungen zum Trotz vollständig von Joys Team bei Sun geschrieben. Da werden es andere auch bei einem Open Source-Projekt neben der Marketingmacht von Sun nicht leicht haben. Immerhin: Wenn der Code bereit ist, will Sun eine Online-Konferenz abhalten. Entwickler, die am Projekt teilnehmen möchten, können sich schon jetzt per mail bei jxta@sun.com melden.

Aus Fehlern gelernt

Sun hofft, mit Jxta die Open Source Gemeinde besser ansprechen zu können, als es mit den halboffenen Lizenzen für Java und Jini der Fall war. Doch die Mitarbeit der freien Programmierer ist für ein grosses Unternehmen nicht so einfach zu gewinnen. Das zeigen frühere Open Sorche-Versuche der Industrie. Joy ist sich dessen bewusst: «Wir wissen, dass es nicht einfach sein wird, die Leute zusammenzu bringen – schwieriger, als Code zu schreiben und wohl sogar schwieriger, als das P2P-Geschäft aufzubauen.»
Jxtra soll zwar mit Java-basierenden Geräten funktionieren, aber Java nicht als Basis benötigen. Man scheint, aus früheren Fehlern gelernt zu haben. Auch die neue Jini-Generation soll nicht mehr auf Java angewiesen sein.
Ambitionierte P2P-Entwickler träumen davon, ein komplexes P2P-Netzwerk aufzubauen, wo individuelle Computer, Mobiltelefone, grosse Server und Datenbanken zusammenarbeiten und ganz neue Web-Dienste ermöglichen, wo Software abgerufen oder wie bei Napster Programme getauscht werden können. Viele P2P-Dienste – Napster ist nur das bekannteste Beispiel – funktionieren einzeln sehr gut. Was benötigt wird, ist eine Brücke zwischen den einzelnen Projekten. Die junge P2P-Welt läuft sonst Gefahr, sich in verschiedene Kreise aufzulösen. Shirky sprach es in San Francisco an: «Worüber wir vor allem sprechen müssen, ist die Interoperabilität.»
Sun ist beim Versuch, Standards zu setzen, nicht allein. Intel hat dazu eine eigene P2P-Arbeitsgruppe eingesetzt. Trotz anfänglicher Auseinandersetzungen hat sich diese Gruppe unterdessen an die Arbeit gemacht. (fis)


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