Wachstum mit Highend- und Mobile-Computing

Fujitsu Siemens Computers kündete vergangenen Herbst einen Strategiewechsel an. Der Fokus solle in Zukunft auf «Mobility» und «Business Critical Computing» liegen. Wir befragten den CEO und Präsidenten Paul Stodden zur Gegenwart und Zukunft des deutsch-japanischen Konzerns.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/03

     

IT Reseller: Bei der Gründung von Fujitsu Siemens (FSC) setzte man sehr hohe Ziele. Man wollte in Europa die Nr. 1 im PC-Markt werden und weltweit Platz 3 erobern. Bis heute sieht es nicht so aus, als würden diese Ziele erreicht. Was ist falsch gelaufen?
Paul Stodden: Wir haben zur Zeit die Nr.2-Position in Europa und liegen auf Platz 5 weltweit. Sie haben dennoch Recht: Unser Ziel ist die führende Position auf dem europäischen Markt und hier müssen wir uns ganz klar sein, in der Definition, was dies für uns heisst: Wir wollen führend bei den Produkten und natürlich in der Kooperation mit unseren Partnern sein. Ich möchte, dass unsere Kunden uns als das führende Unternehmen für IT-Infrastruktur sehen. Ich bin überzeugt, dass wir dieses Ziel erreichen werden.
ITR: Wie verteilen sich heute die Geschäfte von FSC? Welche Anteile haben PCs, Mobile, Intel-Server, Solaris-Server und S/390-Systeme am Geschäft?
PS: Das hängt davon ab, welche Kategorien Sie dabei unterstellen. Wenn wir von unserem Umsatz sprechen, stellt sich die Situation folgendermassen dar: Gut die Hälfte unseres Geschäfts machen wir mit dem Personal Computing und zwar sowohl bei unseren Unternehmens- als auch bei den Privatkunden. In diesem Segment gewinnen die Notebooks zunehmend an Bedeutung. Unser Umsatz mit Notebooks ist in der Schweiz im Q4/2000 im Vergleich zum Vorjahr massiv gestiegen. Wir werden die Mobilität der Anwender sowohl durch stationäre als auch mobile Geräte unterstützen und das auf Basis einer hochverfügbaren und leistungsfähigen IT-Infrastruktur. Knapp die Hälfte unseres Geschäfts machen wir zur Zeit mit dem komplettesten Produktspektrum, das die IT-Industrie im Server- und Storagebereich zu bieten hat.

ITR: Wie wird dieses Verhältnis Ende 2001 aussehen?

PS: Ich gehe davon aus, dass wir mit unserer neuen Geschäftsstrategie in beiden Segmenten weiter wachsen werden. Wir legen unsere strategischen Schwerpunkte auf die Mobilität der Anwender und die wachsende Bedeutung des Business Critical Computing. Ich erwarte daher, dass insbesondere die Hochleistungsserver und die mobilen Lösungen in diesem Jahr hohe Zuwachsraten haben werden.
ITR: FSC will den Service-Anteil am Geschäft verdoppeln. Wie gehen Sie dabei mit allfälligen Channel-Konflikten um? Wie vermeiden Sie Konkurrenz zu Ihren Partnern, den VARs?
PS: Wir wollen unseren Umsatz mit Services von heute 5 Prozent auf rund 15 Prozent im Jahr 2003 steigern. Wir werden uns dabei allerdings auf produktnahe Services im Infrastrukturbereich konzentrieren. Das heisst, wir werden uns mit unseren Lösungspartnern hervorragend ergänzen. Wir arbeiten im Rahmen unserer Strategie an einer Ausweitung unserer Partnerbasis.
ITR: FSC ist traditionell im PC-Bereich im Consumer-Markt stark. Dort drängen aber eine Vielzahl von Nicht-PC-Geräten mit Internet-Anschluss auf den Markt. Wie reagiert FSC?
PS: Wir entwickeln natürlich unser Produktspektrum weiter und orientieren uns dabei an den Bedürfnissen der Kunden. Wir sind in der hervorragenden Lage, auch auf die Technologie- und Entwicklungsstärke unserer Shareholder zurückgreifen zu können. Sie dürfen sich überraschen lassen.
ITR: Wie wird ein Home-PC (oder sein Aequivalent) in zwei Jahren aussehen? Welches sind die Visionen von FSC?
PS: Die Welt wird hier mit Sicherheit bunter und vielfältiger mit neuen Geräten und Anwendungen. Durch das flächendeckende Vordringen der Breitbandtechnologie ergeben sich völlig neue Perspektiven für die Nutzung von Computertechnologie in privaten Haushalten. Unterhaltung, Kommunikation und Computing wachsen jetzt zusammen. Denken Sie nur an Video-on-Demand. Wir werden eine Vielzahl spezialisierter Endgeräte anbieten, die drahtlos mit einem Homeserver kommunizieren, der selbst die Verbindung zum Hochgeschwindigkeits-Internet darstellt und zwar always online!
ITR: Im Herbst 2000 hat FSC einen neuen Fokus angekündigt. Einerseits «Business Critical Computing» und andererseits «Mobility». Wir interpretierten diesen Schritt als «Flucht aus der PC-Falle».
PS: Unsere PCs sind integraler Bestandteil unserer neuen Strategie. Es wird in Zukunft sowohl mobile als auch stationäre Geräte geben, die alle der zunehmenden Mobilität der Menschen – in ihrem Privat- als auch ihrem Berufsleben – Rechnung tragen werden. Wir werden neue mobile Geräte entwickeln und Mobilitätslösungen anbieten. Sie haben sicher Verständnis, wenn ich heute nicht alle Karten offen lege.
ITR: Linux und Server-Appliances gewinnen an Gewicht. Was ist die Linux-Strategie von FSC und werden Sie vermehrt Server-Appliances bringen?
PS: Wir waren eines der ersten Unternehmen, das die Chancen von Linux im Serverbereich erkannt und genutzt hat. Wir haben mehrere ISV-Partner in ihren Bemühungen unterstützt, ihre Anwendungen auf Linux verfügbar zu machen, insbesondere im Umfeld der kommenden IA 64 Architektur. Linux hat sich inzwischen in einigen Anwendungsbereichen etabliert. Wir fragen uns allerdings, ob und wann Linux den Schritt zu einem im Markt akzeptierten Enterprise-Class-Betriebssystem machen wird.
In einigen Bereichen der Server-Appliances gehören wir anerkanntermassen zu den Pionieren. Wir haben uns allerdings auf den Highend-Bereich konzentriert. Denken Sie nur an die Oracle 8i-Appliance, mit der wir auf dem europäischen Markt als erstes Unternehmen angetreten sind. Wir sprechen zur Zeit mit Oracle über weitergehende Appliance-Aktivitäten, mit der die Komplexität von E-Business insbesondere für den Mittelstand deutlich reduziert wird.
ITR: Intel schätzt, dass sich der PC-Markt erst in der zweiten Hälfte 2001 erholen wird. Wie ist Ihre Einschätzung?
PS: Wir haben bereits im 2. Halbjahr des vergangenen Jahres deutlich höhere Verkaufszahlen gehabt, als in den ersten beiden Quartalen. Ich erwarte, dass der PC-Markt im Verlauf dieses Jahres weiter anziehen wird.
ITR: Dell hat harte Preiskämpfe auch im Storage- und Serverbereich angekündigt. Was ist Ihre Haltung dazu? Eher preiskriegerisch oder eher zurückhaltend?
PS: Für einen Preiskrieg sehe ich zur Zeit keinen Anlass. Wir sind im Vergleich zu unseren US-amerikanischen Konkurrenten in einer besseren Situation. Die Konjunktur in Europa ist zur Zeit deutlich stabiler als in den USA und ausserdem haben wir die Euroschwäche weniger gespürt als unsere Konkurrenten. Wir fakturieren 40 Prozent unserer Einkäufe in Euro.

ITR: Zum Schluss: Welchen Stellenwert hat der Schweizer Markt für FSC?


PS: Die Schweiz ist eines unserer Kernländer. Roger Semprini – unser Geschäftsführer in der Schweiz – macht einen hervorragenden Job und die Schweiz liegt im Zentrum unseres Heimatmarkts Europa. Aus diesem Grunde ist Roger Semprini auch Mitglied im «FSC Senior Management Board», wo die strategischen Unternehmensentscheide gefällt werden. In fast allen Produkt- und Kundensegmenten haben wir hohe Zuwachsraten. Wir werden unsere Anstrengungen insbesondere im Unternehmenssektor intensivieren. (Interview: hc)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Was für Schuhe trug der gestiefelte Kater?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER