Intel: Weg von den Prozessoren

Wenn von Intel die Rede ist, so geht es meistens um Prozessoren. Wie ernst sind die Bestrebungen, die Company aus der Abhängigkeit vom PC-Geschäft zu lösen? Wir haben bei Günther Jünger, Geschäftsführer Intel GmbH, München nachgefragt.

Artikel erschienen in IT Reseller 2000/20

   

IT Reseller: Intel versucht sich seit längerem auch stark ausserhalb des Prozessoren-Geschäfts zu positionieren. Welchen Anteil hat das Nicht-Prozessor-Geschäft heute konkret?
Günther Jünger: Der gegenwärtige Anteil liegt bei 20 Prozent, wobei wir in dem Bereich überproportional stark wachsen. Wir sind schon im letzten Quartal (im Vergleich zu Q3’99) über 50 Prozent gewachsen. Das heisst, wir sind voll auf Kurs zu der Vision, uns als Internet-Company zu positionieren. Das heisst, die Building-Blocks zu liefern, die nötig sind, um eine Internet-Infrastruktur aufzubauen.
Dazu gehören auch die sogenannten Internet-Appliances, die gegenwärtig teilweise viel schneller wachsen als die PCs selbst. Denken wir an die Handys, wo Intel sehr stark mit Flash-Speichern vertreten ist.
Wir haben ja auch neulich die sogenannte XScale-Architektur angekündigt, die auf der StrongARM-Architektur aufbaut und wesentlich dazu beiträgt, die Betriebsdauer der Handys und die Prozessor-Leistung zu erhöhen – Also in Leistungsdimensionen vorzustossen, die Sie für die nächste Generation brauchen – UMTS.

ITR: Was gehört sonst noch dazu?

GJ: Dazu gehören die Internet-Appliances und die Infrastrukturprodukte. Also Komponenten wie Prozessoren, die benötigt werden um Hubs, Switches, Router und Netzwerkkarten zu bauen. Das sind aber auch Netzwerkkarten und Netzwerksysteme selbst. Und dann sind es noch die sogenannten NetStructure-Produkte, also auch Netzwerkkommunikations- und Server-Produkte, die wir als komplette Lösung für die Produktintegratoren, für den Mittelstand und für die Datacenter-Bereiche anbieten.

ITR: Und Sie bauen eigene Datencenter, zum Beispiel jenes in London.

GJ: Das Datencenter in London ist eröffnet und läuft voll auf Plan. Wir bieten eine komplette Server-Infrastruktur an für die Firmen, die ihre Informations- und Kommunikationstechnologie wollen oder Teile davon auslagern wollen. Wir planen noch mindestens zwei weitere solcher Datencenter in Europa. Die Standorte sind aber noch nicht festgelegt.

ITR: Intel wird somit zum ASP-Anbieter?

GJ: Klar, es gehen mehr und mehr Firmen, vor allem auch KMUs, dazu über, den IT-Bereich auszulagern. Hier kommen ja ganz neue Herausforderungen an die Unternehmen selbst heran. Informations- und Kommunikationstechnologien werden wieder mehr als Werkzeuge angesehen, um die unternehmerischen Kernkompetenzen im Markt zu verkaufen.
ITR: Bis wann wird sich Intel aus der Abhängigkeit von den Prozessoren befreit haben?
GJ: In drei bis fünf Jahren ist zu erwarten, dass wir eine ausgeglichenere Balance haben zwischen dem traditionellen Prozessorgeschäft und dem Nicht-Prozessorgeschäft. Wir wollen die vier neuen unternehmerischen Säulen entwickeln – Also Client, Netzwerkinfrastruktur, Server und Intel-Online-Services. Und wir wachsen ja gegenwärtig in dem Nicht-Prozessorgeschäft über 50 Prozent und sind im Plan.

ITR: Ist das schon der Abschied vom PC-Geschäft?

GJ: Die Herausforderung kommt aus einer ganz anderen Ecke. Das Prozessor-Geschäft wird langfristig noch erfolgversprechend sein. Nun, in der Hightech-Branche wird von Ihnen erwartet, dass Sie in einer Grössenordnung von 20 Prozent pro Jahr wachsen. Und wenn Sie nur in einem Segment sind, wo Intel schon sehr erfolgreich ist – in dem Prozessorgeschäft – dann sind Sie natürlich auch ziemlich stark gekoppelt an die Wachstumschancen und –perspektiven, die das einzelne Marktsegment bietet.
Und wenn Sie als Hightech-Unternehmen 20 Prozent wachsen wollen, müssen Sie ganz einfach auf der gesamten Bandbreite, die die Internet-Infrastruktur bietet, unternehmerisch erfolgreich sein. Und genau das ist, was wir erreichen wollen und müssen. Wachstum innerhalb der Internet-Infrastruktur.
ITR: Hat es auch mit der Angst zu tun, langfristig bei den Chipstrukturen an eine physikalische Grenze zu stossen?
GJ: Klar, irgendwann einmal wird man an die physikalischen Grenzen stossen – irgendwann kann man nicht mehr kleiner werden. Aber wir gehen jetzt schon die letzten 20 Jahre – glaub ich – nach dem sogenannten Moorschen Gesetz, gemäss dem sich alle 18 Monate die Leistung eines Prozessors verdoppelt.
Alle zwei Jahre bringen wir eine neue Produktionstechnologie in Massenproduktion und laut unseren Technologen wird es auch noch die nächsten 15 bis 17 Jahre im gleichen Rhythmus weiter gehen. Was danach ist, kann ich Ihnen jetzt noch nicht beantworten.
(Interview: Matthias Pfander, Redaktor InfoWeek.ch)


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